Verfahrensgang

SG Suhl (Urteil vom 23.03.1995; Aktenzeichen S-2/An-581/93)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Sozialgerichts Suhl vom23. März 1995 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente nach dem Gesetz über Entschädigungen für Opfer des Nationalsozialismus im Beitrittsgebiet (im folgenden: Entschädigungsrentengesetz – EntschRG –).

Die 1925 geborene Klägerin ist die Witwe des im Jahre 1899 geborenen und im Oktober 1984 verstorbenen H. K. Dieser war 1931 mit seiner ersten Ehefrau nach M. gezogen. Dort wurden sie 1937 verhaftet und für die Dauer von etwa 20 Jahren getrennt. Nach Jahren der Inhaftierung und Verbannung erfolgte im Februar 1956 eine Rehabilitierung und Zusammenführung der Eheleute. Im Jahre 1957 siedelten sie zurück in die ehemalige Deutsche Demokratische Republik (DDR). Die erste Ehefrau des H. K. war zu diesem Zeitpunkt schon schwer erkrankt und nach einer Nierenoperation im Jahre 1960 wegen eines Krebsleidens pflegebedürftig. Sie wurde dann von der Klägerin betreut. Dazu führt die Klägerin in einem Schreiben an das Thüringer Ministerium für Soziales und Gesundheit wörtlich aus: „Ich, H. K. geboren am 29. April 1925 in S. arbeitete auch im Rahmen des Bezirkes in der Arbeitsgruppe Bodenschätzung von 1952 bis 1980. Da ich im DSF-Vorstand war, lernte ich H. schon kennen, als er noch Kreissekretär der DSF war. Als er dann selbst im Rat des Bezirkes tätig war, hatten wir unser Büro auf demselben Flur. So setzten wir unsere Bekanntschaft fort – aber nur in sehr moralischer Weise. Eines Tages bat mich H., daß seine Frau schwer erkrankt sei und er eine Hilfe benötigt. Das Krankenhaus hat sie als unheilbar entlassen – die zweite Niere hatte der Krebs auch befallen. Ich war damals allein und geschieden, meine Kinder waren außer Haus. So sagte ich zu, ihn in seiner Not zu unterstützen. Wir wohnten auch gar nicht weit voneinander entfernt, so war es für mich eine Selbstverständlichkeit, ihm unter die Arme zu greifen so gut es ging.”

Auch die Klägerin war früher schon einmal verheiratet. Diese erste Ehe wurde 1965 geschieden. Nach dem Tod seiner ersten Frau im Jahre 1969 heirateten die Klägerin und H. K. im Jahre 1970.

Mit Bescheid vom 14. November 1985 bewilligte der Kreisvorstand der Freien Deutschen Gewerkschaft – Verwaltung der Sozialversicherung – der Klägerin als Hinterbliebener eines Verfolgten des Faschismus eine Hinterbliebenenpension in Höhe von monatlich 900,00 M.

Die Zahlung der Hinterbliebenenpension wurde mit Ablauf des Monats September 1990 eingestellt. Ob über die Einstellung ein Bescheid erging, ist streitig.

Im Juli 1992 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Entschädigungsrente nach dem EntschRG, da ihr verstorbener Ehemann Opfer des stalinistischen Terrors in der damaligen UdSSR gewesen sei. Deshalb stehe ihr eine Entschädigungsrente von monatlich 800,00 DM zu.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1993 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigungsrente mit der Begründung ab, daß ihre Ehe mit dem verstorbenen Opfer des Faschismus erst nach dem 31. Dezember 1950 geschlossen worden sei. Die Eheschließung am 5. Dezember 1970 sei auch nicht innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach Rückkehr ihres verstorbenen Ehemannes aus der Emigration erfolgt.

Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 1993 zurückgewiesen.

Mit der vor dem Sozialgericht erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, daß sie einen Bescheid über die Einstellung der Hinterbliebenenrente nicht erhalten habe.

Mit Urteil vom 23. März 1995 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, daß ein Anspruch der Klägerin auf Rente nach dem EntschRG nicht gegeben sei. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, der Entzug der Leistung sei verfahrensfehlerhaft erfolgt. Für den Bereich des gesamten Sozialversicherungsrechts in der DDR sei ein differenziertes Verwaltungsverfahren nicht vorgesehen gewesen. Die erneute Bewilligung der Hinterbliebenenpension als Witwenentschädigungsrente scheitere an § 2 Abs. 6 EntschRG. Die Eheschließung der Klägerin mit dem verstorbenen H. K. sei nicht innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraumes nach dessen Rückkehr aus der UdSSR 1957 aus wichtigen Gründen gescheitert, die durch die Verfolgungssituation bedingt gewesen seien. Einer Eheschließung zwischen 1957 und 1963 habe als wichtiger Grund die Ehe der Klägerin mit ihrem ersten Ehemann im Wege gestanden, die erst 1965 geschieden worden sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Interessen weiter. Sie vertritt die Auffassung, daß nur die bestehende Ehe des H. K. entscheidende Ehehindernis gewesen sei. Sie habe mit dem zwischenzeitlich verstorbenen H. K. auch während dessen formal noch bestehender Ehe eine eheähnliche Gemeinschaft geführt. Ihre eigene Scheidung hätte sie bereits früher betrieben, wenn dem nicht die noch bestehe...

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