Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Leistungsausschluss von Caverject ® bei erektiler Dysfunktion. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Caverject ® ist ein Arzneimittel, das überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dient. Es ist unabhängig von den Gründen für die erektile Dysfunktion von Gesetzes wegen von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.

 

Orientierungssatz

Der Leistungsausschluss verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (vgl BSG vom 18.7.2006 - B 1 KR 10/05 R und vom 10.5.2005 - B 1 KR 25/03 R = SozR 4-2500 § 34 Nr 2 sowie BVerfG vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5).

 

Tenor

6KR12110KR50707UrteilDie Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Versorgung mit Caverject® wegen erektiler Dysfunktion streitig.

Der 1940 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger leidet an einer erektilen Dysfunktion, die nach einer Prostatektomie aufgrund eines Prostatakarzinoms, im Jahre 1999 aufgetreten ist. Die Beklagte gewährte ihm seit dem Jahr 2000 aufgrund einer Verordnung des Prof. Dr. L. vom 17. Februar 2000 bis zum Jahre 2003 eine Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie mit Caverject® (SKAT). Die mit Bescheid vom 19. April 2000 gewährte Übernahme der Kosten wurde jeweils auf Antrag des Klägers verlängert.

Am 12. Juli 2004 beantragte er bei der Beklagten die weitere Kostenübernahme. Bei dem Verlust der Prostata und der damit verbundene Zerstörung der Nervenstränge handele es sich um eine schwerwiegende Erkrankung, eine natürliche Erektion sei nicht mehr möglich. Die SKAT-Therapie diene nicht der Verbesserung seiner Lebensführung, sondern dazu, überhaupt am Leben teilnehmen zu können.

Mit Bescheid vom 30. August 2004 lehnte die Beklagte die Versorgung mit dem Präparat Caverjekt® ab, weil ab dem 1. Januar 2004 Arzneimittel nach § 34 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) von der Versorgung ausgeschlossen seien, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe. Dies gelte für Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie der Steigerung der sexuellen Potenz dienten. Eine Verordnung auf Kassenrezept sei ausgeschlossen. Eine Kostenerstattung privat verordneter Arzneimittel scheide generell aus. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung könne noch die Versorgung mit einer Vakuumpumpe zur Behandlung der erektilen Dysfunktion durch den Arzt geprüft werden. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2004 zurück.

Im Klageverfahren hat das Gericht einen Befundbericht des Dipl.-Med. H. vom 17. März 2005 sowie die Epikrisen des Universitätsklinikums Charité - Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu B. vom 14. Juli 1999 und vom 15. Mai 2000 beigezogen.

Mit Urteil vom 23. Januar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass Arzneimittel Caverject®, das überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion diene, sei nach der Neuregelung des § 34 Abs. 1 Satz 7 bis 9 SGB V durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Dies entspreche der Intention des Gesetzgebers. In der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 7 bis 9 SGB V werde auch nicht unterschieden, auf welcher Ursache die Erkrankung beruhe und ob die Arzneimittel möglicherweise bei Anspannung aller Willenskräfte nicht erforderlich seien. Ein Verstoß dieser Neuregelung gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) werde durch das Gericht nicht gesehen. Das Sozialgericht hat auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 19. Juli 2006 - Az.: B 1 KR 10/05 R Bezug genommen.

Hiergegen hat der Kläger am 10. Mai 2007 Berufung eingelegt und trägt vor, das Sozialgericht berücksichtige nicht hinreichend die besonderen Umstände des Einzelfalles, wenn es pauschal auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts verweise. Die Fehlfunktion sei nicht wie in dem dort entschiedenen Fall somatisch, sondern operativ bedingt. Bei ihm gehe es nicht um eine Erhöhung der Lebensqualität, sondern allein um deren Erhaltung. Soweit die Beklagte ihre Ablehnung auf § 34 SGB V stütze, sei diese Regelung offensichtlich verfassungswidrig, weil es der Gesetzgeber versäumt habe, Ausnahmen vorzusehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2004 zu verurteilen, ihm das Medikament Caverject® zukünftig als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils. Ergänzend verweist sie auf das Ur...

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