Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenübernahme für ein von der Leistungspflicht der Krankenversicherung ausgeschlossenes Arzneimittel

 

Orientierungssatz

1. Der Versicherte hat Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitten, soweit diese nicht nach § 34 SGB 5 oder durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ausgeschlossen sind. Durch diese sind die Arzneimittel Viridal und Caverject zur Behandlung der erektilen Dysfunktion von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.

2. Der Leistungsausschluss verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Der Gesetzgeber verletzt seinen Gestaltungsspielraum auch im Hinblick auf das Sozialstaatsgebot nicht, wenn er angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen aus dem Leistungskatalog herausnimmt, die in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 7. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten streitig, ob die Beklagte dem Kläger die ihm für die Beschaffung des Arzneimittels Viridal® seit dem Jahr 2005 entstandenen Kosten zu erstatten sowie ihn von künftig anfallenden Kosten freizustellen hat.

Der 1944 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger, leidet an einer erektilen Dysfunktion, die nach einer totalen Prostatektomie aufgrund eines Prostatakarzinoms im Jahre 2003 aufgetreten ist.

Die Gemeinschaftspraxis Dr. J. und Dipl.-Med. F. beantragte mit Kurzbrief vom 8. September 2003 die Übernahme der Kosten für eine Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT) mit Viridal® 10 µg. Die Therapien mit Viagra und anderen Medikamenten seien ohne Erfolg geblieben. Mit Schreiben vom 17. September 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach den Arzneimittelrichtlinien, Ziffer 17.1 Buchst. f könnten Mittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion nicht zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden. Ungeachtet dessen habe das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 30. September 1999 (Az.: B 8 KN 9/98 KR R) entschieden, dass die Kosten für die zur SKAT zugelassenen Arzneimittel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden müssen. Die Ärzte könnten unter Hinweis auf die derzeit geltenden Arzneimittelrichtlinien eine vertragsärztliche Verordnung ausstellen.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2005 informierte sie den Kläger darüber, dass mit der Einführung des Gesundheitmodernisierungsgesetzes (GMG), insbesondere der Neufassung des § 34 Abs. 1 Sätze 7 bis 9 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) der Gesetzgeber sogenannte Lifestyle-Arzneimittel seit dem 1. Januar 2004 von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen habe. Dies seien Präparate, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe. Ausgeschlossen seien Arzneimittel z. B. Viridal®, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz dienten. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2005 zurück. Mit Urteil vom 10. Mai 2005 - Az.: B 1 KR 25/03 R ≪Viagra≫ habe das BSG bestätigt, dass Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen seien, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte und sein behandelnder Arzt hätten versichert, dass bei Auftreten einer erektilen Dysfunktion nach der Operation die Verordnung von Arzneimitteln zur Behandlung gewährleistet sei. Das Medikament diene allein dem Ausgleich von Operationsfolgen. Ohne die Zusage medikamentöser Behandlung in der Folgezeit hätte er die Prostataoperation nicht durchführen lassen. Circa zwei Monate vor der Operation habe er bei der Beklagten vorgesprochen. Er habe auf die damalige Gesetzeslage vertraut. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vor. Erkranke eine Frau beispielsweise an Brustkrebs, so sei der Wiederaufbau der Brust heute fester Therapiebestandteil.

Mit Gerichtsbescheid vom 7. Dezember 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Im Berufungsverfahren vertritt der Kläger die Ansicht, die Regelungen in § 34 Abs. 1 Satz 7 und 8 SGB V entsprächen nicht dem Kontext des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung. Letztendlich diene jedes Arzneimittel der Erhöhung der Lebensqualität. Nach § 27 Abs. 1 SGB V schulde die gesetzliche Krankenversicherung ihren Versicherten schon dann eine Krankenbehandlung, wenn diese die Krankheitsbeschwerden lediglich mindere.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 17. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2005 zu verurteilen, ihm die entstandenen Kosten für die SKAT-Therapie mit Viridal® in Höh...

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