Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. erheblicher Umfang anwaltlicher Tätigkeit. erhöhter Vorbereitungsaufwand durch zwei Gerichtstermine. Verfahrensgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lange Schriftsätze belegen allein keinen erheblichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Zu berücksichtigen sind auch erhebliche Synergieeffekte durch wortidentische Schriftsätze wie in anderen Verfahren.

2. Der erhöhte Vorbereitungsaufwand durch zwei Gerichtstermine ist bei der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen (vgl LSG Erfurt vom 17.4.2014 - L 6 SF 209/14 B und vom 5.9.2013 - L 6 SF 406/13 B; LSG Chemnitz vom 19.6.2013 - L 8 AS 45/12 B KO = AGS 2013, 394).

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 23. Mai 2014 abgeändert und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für das Verfahren S 27 AS 227/11 auf 1.071,13 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nordhausen (SG) streitig (S 27 AS 227/11). Dort hatten die von dem Be-schwerdegegner vertretenen sieben Kläger eine Verweigerung der Akteneinsicht durch die Beklagte gerügt und höhere Kosten der Unterkunft sowie eine unrichtige Anrechnung von Einkommen geltend gemacht. Im Erörterungstermin am 7. September 2011 erläuterte die Kammervorsitzende detailliert ihre Ansicht zur Höhe der Ansprüche der Kläger (insgesamt 210,00 Euro) und gewährte ihnen mit Beschluss vom 4. Oktober 2011 Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Raten unter Beiordnung des Beschwerdeführers. In der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2012 erkannte die Beklagte einen Anspruch der Kläger in Höhe von 203,00 Euro an. Der Beschwerdeführer nahm dies für die Kläger an, erklärte den Rechtsstreit für erledigt und beantragte eine Kostenentscheidung durch das Gericht. Nach dem Beschluss vom 14. März 2012 hat die Beklagte ein Siebtel der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.

In seinem Antrag vom 24. Mai 2012 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 1.542,59 Euro:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

272,00 Euro

erhöht für sechs weitere Kläger nach Nr. 1008 VV-RVG

489,60 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

300,00 Euro

Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG

190,00 Euro

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld am 7.09.2011

 7,42 Euro

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld am 22.02.2012

 17,27 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

Zwischensumme

1.296,29 Euro

Umsatzsteuer

246,30 Euro

Gesamtbetrag

1.542,59 Euro

Nach Einholung einer Stellungnahme der Beklagten vom 24. Juli 2012, die die Festsetzung der jeweiligen Mindestgebühren beantragte, setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Beschluss vom 12. September 2012 die Vergütung auf 656,21 Euro fest. Die er-höhte Verfahrensgebühr sei auf 317,33 Euro und die Terminsgebühr auf 200,00 Euro festzusetzen. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, weil nur ein Anerkenntnis angenommen worden sei.

Mit seiner Erinnerung hat der Beschwerdegegner eine weit überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger und einen zumindest durchschnittlichen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit vorgetragen sowie angesichts der beiden Termine eine über der Mittelgebühr liegende Terminsgebühr von 300,00 Euro begehrt. Zudem sei eine Erledigungsgebühr zu erstatten.

Mit Beschluss vom 23. Mai 2014 hat das Sozialgericht die dem Beschwerdegegner aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 1.212,74 Euro festgesetzt und die weitergehende Erinnerung zurückgewiesen. Er habe angesichts einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger, einem durchschnittlichen Umfang und einer durchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit eine um ein Viertel erhöhte Mittelgebühr (= 212,50 Euro) verdient, die für fünf weitere Mitglieder um 382,50 Euro zu erhöhen sei. Die Terminsgebühr sei auf 200,00 Euro und die Erledigungsgebühr auf 190,00 Euro festzusetzen. Letztere sei angefallen, weil das Verfahren durch ein angenommenes Teilanerkenntnis und Erledigungserklärung des Beschwerdegegners erledigt worden sei. Die Fahrtkosten seien auf 14,11 Euro, die Auslagenpauschale auf 20,00 Euro und die Umsatzsteuer auf 193,63 Euro festzusetzen.

Gegen den am 6. Juni 2014 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 2. Juli 2014 bei SG Beschwerde eingelegt und eine fehlende Gewährung rechtlichen Gehörs gerügt, weil ihm die Akte des Verfahrens S 27 AS 227/11 im Erinnerungsverfahren trotz mehrfacher Anforderung nicht vorgelegt wurde. Der Beschwerdegegner habe nur einen Anspruch auf insgesamt 769,26 Euro. Angemessen seien Zwei Drittel der Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG. Dies ergebe sich aus dem unterdurchschnittlichen Umfangs der Tätigkeit (weitgehende Identität der Schriftsätze mit dem Verfahren S 27 AS 9413/10), einer leicht unterdurchschnitt...

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