Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Verfahrensgebühr. Anwendbarkeit des verminderten Gebührenrahmens der Nr 3103 RVG-VV. Erledigungsgebühr. qualifizierte anwaltliche Mitwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nr 3103 RVG-VV findet auch für die Gebühren eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes Anwendung (vgl LSG Erfurt vom 6.3.2008 - L 6 B 198/07 SF).

2. Die erforderliche anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung nach Nr 1002, 1006 RVG-VV liegt auch dann vor, wenn ein Rechtsanwalt auf seinen Mandanten eingewirkt hat, sich mit einem Teilanerkenntnis zufrieden zu geben (vgl LSG Erfurt vom 19.6.2007 - L 6 B 80/07 SF = ASR 2008, 52).

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 3. Juni 2010 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers auf 512,89 Euro festgesetzt.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Altenburg streitig (Az.: S 27 AS 2998/06 ER).

Die von dem Beschwerdeführer vertretenen Antragstellerinnen, eine Bedarfsgemeinschaft von zwei Personen, beziehen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 11. September 2006 hob die Antragsgegnerin (Stadt J.) ihren Bescheid vom 5. Juli 2006 (673,37 Euro) hinsichtlich der Höhe auf und setzte sie ab Oktober 2006 auf 570,17 Euro fest. Dagegen erhob die Antragstellerin G. R. am 19. September 2006 Widerspruch. Am 4. Oktober 2006 erhob der Beschwerdeführer für beide Antragstellerinnen nochmals Widerspruch und stellte am 30. Oktober 2006 beim Sozialgericht Altenburg einen "Antrag nach § 86b SGG" auf Zahlung von weiteren 123,30 Euro Fahrtkosten für sechs Monate und beantragte Prozesskostenhilfe (PKH). Am 6. November 2006 erkannte die Antragsgegnerin die Zahlung von weiteren 91,50 Euro für sechs Monate an. Nach weiterem Schriftverkehr erklärte der Beschwerdeführer am 7. Dezember 2006 für die Antragstellerinnen den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2006 bewilligte das Sozialgericht den Antragstellerinnen PKH ab 30. Oktober 2010 und ordnete den Beschwerdeführer bei. Unter dem 28. Dezember 2006 führte die Antragsgegnerin aus, sie übernehme die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu 74 v.H. Am 13. Februar 2007 nahm der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Kostenentscheidung zurück.

Am 27. Dezember 2006 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren:

Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG

325,00 Euro

Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1005 VV RVG

280,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

 20,00 Euro

USt 16 v.H.

100,00 Euro

Gesamtsumme

725,00 Euro

Am 29. Mai 2007 ging beim Sozialgericht folgende "Korrektur des Kostenfestsetzungsantrages" ein:

Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG

325,00 Euro

Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV RVG

190,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

 20,00 Euro

USt 19 v.H.

101,65 Euro

Gesamtsumme

636,65 Euro

Daraufhin wandte sich die Antragsgegnerin gegen die Festsetzung der Gebühr Nr. 3102 VV RVG und führte aus, nach dem Beschluss des Bayerischen LSG vom 18. Januar 2007 - Az.: L 15 B 224/06 AS komme nur die Gebühr Nr. 3103 VV RVG in Betracht, weil eine Tätigkeit in einem Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren vorausgegangen sei. Eine Erledigungsgebühr scheide aus, weil sich das Verfahren durch die Annahme des Anerkenntnisses erledigt habe. Insofern liege kein besonderes Zutun des Beschwerdeführers vor.

Mit Beschluss vom 4. Juli 2007 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die aus der Staatskasse zu erstattende Gebühr auf 321,30 Euro fest. Zur Begründung führte sie aus, die Gebühr Nr. 3102 VV RVG werde auf die Mittelgebühr in Höhe von 250,00 Euro gekürzt. Die Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV RVG komme nicht in Betracht, weil sich der Rechtsstreit durch das Anerkenntnis der Antragsgegnerin erledigt habe; eine besondere anwaltliche Tätigkeit bei der Erledigung des Rechtsstreits habe nicht vorgelegen. Unter dem 9. Juli 2007 hat die UKB die Antragsgegnerin in einer "Kostennachricht gem. § 59 RVG" zur Zahlung von 237,76 Euro aufgefordert.

Mit seiner Erinnerung hat der Beschwerdeführer vorgetragen, bei der Gebühr Nr. 3102 VV RVG habe die UKB die Erhöhung der Mittelgebühr um 30 v.H. nach Nr. 1008 VV RVG nicht beachtet. Ein Anerkenntnis habe nicht vorgelegen, weil die Antragsgegnerin nur einen Teil der Forderung akzeptiert habe. Ohne seine Mitwirkung hätte das Gericht über den Restbetrag entscheiden müssen.

Am 30. Juli 2007 hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 4. Juli 2007 Erinnerung eingelegt und die Anwendung der Nr. 3103 VV RVG gefordert. Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Erinnerung unzulässig sei, hat sie diese ...

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