Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der in einem Verfahren der Grundsicherung angefallenen Rechtsanwaltsgebühren

 

Orientierungssatz

1. Bei einem deutlich unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit der Streitsache, einer überdurchschnittlichen Bedeutung für den Kläger, dessen deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ist unter Berücksichtigung eines aus Parallelverfahren herrührenden Synergieeffektes die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr festzusetzen.

2. Bei einer Dauer von 15 Minuten für den vom Anwalt wahrgenommenen Gerichtstermin ist der Umfang seiner Tätigkeit deutlich unterdurchschnittlich. Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist danach in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr festzusetzen.

3. Die Erledigung des Rechtstreits unter Annahme eines Teilanerkenntnisses rechtfertigt den Ansatz einer Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006,1005 VV RVG in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr.

 

Normenkette

VV RVG Nr. 1005; VV RVG Nrn. 1006, 3103, 3106; VV RVG Nrn. 7002-7003, 7005, 7008; RVG § 2 Abs. 2 S. 1, § 3 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 1 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 3, § 45 Abs. 1, § 56 Abs. 2 Sätze 1-3, § 60 Abs. 1 S. 1; SGG § 183 S. 1, § 197a Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. August 2016 (S 13 SF 1302/13 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers für das Verfahren S 12 AS 2436/08 auf 443,26 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung für ein beim Sozialgericht Nordhausen (SG) anhängig gewesenes Verfahren (S 12 AS 2436/08) des von dem Beschwerdeführer vertretenen Klägers.

Am 15. August 2008 erhob der Beschwerdeführer für den Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 (Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2008) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2008. Am 3. Februar 2009 beantragte er Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung. Die Vorsitzende der 12. Kammer erklärte gegenüber dem Beschwerdeführer, PKH könne erst nach einer Begründung der Klage geprüft werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Februar 2009, der von 9:00 Uhr bis 11:13 Uhr dauerte und acht weitere Verfahren des Klägers umfasste, wurde R. K. als Zeugin vernommen. Die Beklagte erklärte sich bereit, den angefochtenen Bescheid und die dazu ergangenen Änderungsbescheide dahingehend abzuändern, dass dem Kläger in dem streitigen Zeitraum monatlich 15,62 Euro zusätzliche Kosten der Unterkunft gewährt und ¾ seiner außergerichtlichen Kosten getragen werden. Die Beteiligten erklärten den darüber hinausgehenden Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Mit Beschluss vom 20. Februar 2009 bewilligte das SG dem Kläger ab dem 19. Februar 2009 PKH ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Dieser begründete die Klage mit Schriftsatz vom 16. Februar 2009, der am 27. Februar 2009 beim SG einging.

Unter dem 2. Januar 2013 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG

200,00 €

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

200,00 €

Einigungsgebühr Nrn. 1006, 1005 VV RVG

190,00 €

Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG

32,40 €

Abwesenheitsgeld Vorb. Nr. 7 VV-RVG

35,00 €

Zwischensumme

677,40 €

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG

128,71€

Summe

806,11€

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 23. August 2013 die zu zahlende Vergütung auf 699,13 € (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 €, Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 €, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 200,00 €, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 €, Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 3,60 €, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 3,90 €, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG: 111,63 €) fest. Am 26. August 2013 veranlasste sie die Auszahlung der festgesetzten Gebühren.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer unter dem 23. September 2013 Erinnerung eingelegt. Eine Begründung erfolgte nicht. Unter dem 11. September 2014 hat der Beschwerdegegner ebenfalls Erinnerung eingelegt und ausgeführt, dass ein Anspruch auf Festsetzung und Auszahlung einer Vergütung nach § 45 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) nicht entstanden sei, weil PKH erst für die Zeit nach Beendigung des Verfahrens bewilligt - ab dem 19. Februar 2009 - wurde. Zu diesem Zeitpunkt sei das Verfahren jedoch bereits durch einen am 18. Februar 2009 geschlossenen Vergleich beendet gewesen, so dass die beantragten und festgesetzten Gebühren nicht von der Prozesskostenhilfebewilligung umfasst seien.

Mit Be...

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