Verfahrensgang

SG Nordhausen (Beschluss vom 22.08.2003; Aktenzeichen S 4 SF 853/02)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 22. August 2003 aufgehoben und die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 655,63 DM (= 335,21 €) festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Nordhausen (Az.: S 4 RJ 1099/98) streitig, in dem der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer anstatt der mit Bescheid vom 21. Juli 1998 gewährten Zeitrente (bis 31. Dezember 1998) begehrte.

Der Kläger beantragte die Dauerrente am 27. August 1997 (Ablehnung mit Bescheid vom 29. Januar 1998). Gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1998 erhob er am 22. Oktober 1998 Klage. Im Verlauf des Verfahrens zog das Sozialgericht u.a. mehrere Befundberichte und den ärztlichen Entlassungsbericht der K.… Klinik H.… vom 26. August 1999 bei, holte ein Gutachten des Prof. Dr. N.… vom 11. Mai 2000 ein und führte eine Sitzung am 22. März 2001 durch.

Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2001 erklärte sich die Beklagte vergleichsweise bereit, über den Wegfallzeitpunkt Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Am 21. August 2001 zeigte der Beschwerdeführer die Vertretung an und beantragte, dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und ihm Akteneinsicht zu ermöglichen und reichte am 30. August 2001 die vom Kläger unterzeichnete “Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” sowie diverse Unterlagen ein. Die Beklagtenakte wurde ihm aufgrund der richterlichen Verfügung vom 18. Oktober 2001 für eine Woche übersandt. Mit Beschluss vom gleichen Tage bewilligte das Sozialgericht dem Kläger PKH ohne Ratenzahlung und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2001 nahm dieser das Vergleichsangebot der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

In seinem Kostenerstattungsantrag vom 4. Januar 2002 begehrte der Beschwerdeführer die Erstattung folgender Gebühren:

Gebühr nach §§ 123, 116 Abs. 3 BRAGO

471,67 €

Post- und Telekommunikationsentgelte

20,45 €

Schreibauslagen (200 Fotokopien)

48,57 €

540,69 €

MWSt

86,51 €

Insgesamt

627,20 €

Auf Anfrage des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, weshalb die Fertigung der Kopien erforderlich gewesen sei, teilte der Beschwerdeführer mit, die Akten hätten kopiert werden müssen, weil sie ihm nur für eine Woche übersandt worden seien. Es sei eine Rücksprache mit dem Kläger erforderlich gewesen, was in dieser Woche wegen seines Besuchs einer Fachtagung und Urlaubs nicht möglich gewesen sei. Es sei auch nicht abzusehen gewesen, ob der Kläger das Vergleichsangebot annehme. Es habe sich erst später herausgestellt, dass ein Bescheid, den die Beklagte mit Schriftsatz vom 23. Juli 2001 angedeutet habe, nicht vorlag.

Die Beklagte, die sich vergleichsweise bereit erklärt hatte, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zur Hälfte zu übernehmen, beantragte, die Kosten auf insgesamt 288,86 € festzusetzen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Mai 2003 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die zu erstattende Gebühr auf 297,28 € fest (Gebühr nach § 116 Abs. 3 BRAGO 235,83 €, Auslagen nach § 26 BRAGO 20,45 €, MWSt 41,00 €). Die Fertigung der Kopien sei nicht erforderlich gewesen, weil der Beschwerdeführer anhand der vorliegenden Rentenakte das Vergleichsangebot hätte prüfen können.

Mit seiner Erinnerung hat der Beschwerdeführer u.a. vorgetragen, er könne die Kürzung der Mittelgebühr nicht nachvollziehen. Nach der Rechtsprechung zu § 27 BRAGO stünden dem Rechtsanwalt für fotokopierte Anlagen und die Fertigung notwendiger Unterlagen aus den Verwaltungsakten grundsätzlich besondere Gebühren zu. Die Schwierigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts werde dadurch erhöht, je später dieser in das Verfahren eintrete. Die Kürzung seiner Gebühr sei verfassungswidrig.

Der Beschwerdegegner hat beantragt, die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 148,64 € festzusetzen. Angesichts der Umstände sei eine halbe Mittelgebühr angemessen. Die Erstattung der Kopierkosten sei nicht erforderlich.

Mit Beschluss vom 22. August 2003 hat das Sozialgericht die aus der Staatskasse zu zahlende Gebühr auf “581,45 DM oder 297,28 €” festgesetzt und dabei eine Gebühr in Höhe der halben Mittelgebühr berücksichtigt. Eine Erstattung von Kopiergebühren sei nicht gerechtfertigt, weil eine Prüfung des Vergleichsangebots der Beklagten anhand der Originalakten möglich gewesen sei.

Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer “Einspruch” – ausdrücklich beschränkt auf die Nichterstattung der Kopiekosten – eingelegt und u.a. ausgeführt, die Rechtsprechung gehe längst davon aus, dass Akten vollständig kopiert und dies berechnet werden könnte. Der 400 Kilometer entfernt wohnende Kläger habe ihn als Anwalt vor Ort mit der Interessenwahrung beauftragt, um die Kost...

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