Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Betreibung von Gerichtskosten. Einwendungen gegen den beizutreibenden Anspruch. Geltendmachung nach den Vorschriften über Erinnerungen gegen den Kostenansatz

 

Orientierungssatz

1. Wendet sich der Antragsteller mit seinem gegen die Beitreibung einer Kostenrechnung gerichteten Rechtsbehelf nicht gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung sondern einerseits gegen die Kostenschuld dem Grunde nach und andererseits gegen die Zwangsvollstreckung als solche, richtet sich die Einwendung gegen den beizutreibenden Anspruch selbst und die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung. Dieser Fall wird von § 8 Abs 1 JBeitrO umfasst (vgl BFH vom 30.1.2009 - II B 181/08 und LSG Erfurt vom 12.12.2011 - L 6 SF 1047/11 E).

2. § 8 Abs 1 JBeitrO ist nicht eng auszulegen und betrifft nicht nur die klassischen Erlöschensgründe, sondern soll es ermöglichen, möglichst alle gegen den zu vollstreckenden Gerichtskostenanspruch vorgebrachten Einwendungen zu prüfen (vgl BFH vom 25.2.2003 - VII K 1/03 = BFH/NV 2003, 811).

 

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 13. Dezember 2012 verpflichtete der 11. Senat des Thüringer Landessozialgerichts den Kläger und Erinnerungsführer zur Tragung der Kosten des Verfahrens und setze den Streitwert auf 1.649,01 Euro fest.

Die UKB forderte unter dem 8. März 2016 vom Erinnerungsführer die Zahlung von 304,00 Euro nach dem Kostenverzeichnis (KV) Nrn. 7120 und 9003 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

Auf die Mahnungen der ausstehenden Zahlung durch die Thüringer Landesfinanzdirektion vom 9. und 24. Mai 2016 hat sich der Erinnerungsführer unter dem 11. Juni 2016 an diese gewandt und vorgetragen, als Schwerbehinderter sei er von Prozesskosten befreit. Gerichtlich sei im Übrigen festgestellt worden, dass Zwangsmaßnahmen bei ihm krankheitsbedingt unterbleiben müssten. Die Thüringer Landesfinanzdirektion hat das Schreiben dem Thüringer Landessozialgericht zur weiteren Veranlassung zugeleitet.

II.

Eine Prozessunfähigkeit des Erinnerungsführers liegt nicht vor (vgl. hierzu nur - unter Hinweis auch auf eine Entscheidungen des BVerfG betreffend die Prozessfähigkeit des Erinnerungsführers - Bundessozialgericht ≪BSG≫, Beschluss vom 26. Januar 2017 - B 6 KA 94/16 B, nach juris); er hat keinen Anspruch auf die Bestellung eines besonderen Vertreters (vgl. nur Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 29. April 2016 - L 6 R 247/16 B und BSG, Beschluss vom 14. August 2017 - B 12 KR 103/14 B, beide nach juris). Anhaltspunkte für eine Änderung der Sachlage diesbezüglich existieren nicht.

Welcher Rechtsbehelf im Rahmen der Kostenerstattung statthaft ist, richtet sich nach der Art der Einwendung. Solche, die den beizutreibenden Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen, richten sich nach § 8 Abs. 1 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung; mit Neubekanntmachung vom 30. Juni 2017 ≪BGBl. I S. 1926≫ gilt die Justizbeitreibungsordnung vom 1. Juli 2017 unter der neuen Überschrift Justizbeitreibungsgesetz), die in ihrer jeweiligen Fassung auch für den Freistaat Thüringen gilt (§ 2 des Thüringer Justizkostengesetzes). Wendet sich der Schuldner dagegen gegen die Art und Weise der Vollstreckung oder begehrt er einen besonderen Pfändungsschutz, geschieht dies im Wege der Vollstreckungserinnerung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO i.V.m. § 766 der Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). Beide Rechtsbehelfe schließen sich gegenseitig aus (vgl. Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 766 ZPO, Rn. 6).

Im vorliegenden Fall wendet sich der Antragsteller nicht gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung sondern einerseits gegen die Kostenschuld dem Grunde nach und andererseits gegen die Zwangsvollstreckung als solche. Damit richtet sich die Einwendung gegen den beizutreibenden Anspruch selbst und die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung. Dieser Fall wird von § 8 Abs. 1 JBeitrO umfasst (vgl. Bundesfinanzhof ≪BFH≫, Beschluss vom 30. Januar 2009 - II B 181/08 und Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 12. Dezember 2011 - L 6 SF 1047/11 E, beide nach juris), der nicht eng auszulegen ist und nicht nur die klassischen Erlöschensgründe betrifft, sondern es ermöglichen soll, möglichst alle gegen den zu vollstreckenden Gerichtskostenanspruch vorgebrachten Einwendungen zu prüfen (vgl. BFH, Beschluss vom 25. Februar 2003 - Az.: VII K 1/03, nach juris).

Die Erklärung des Erinnerungsführers auf die Mahnung der Thüringer Landesfinanzdirektion ist hier auch als Einwendung im Rahmen der Forderungsbeibringung zu verstehen und nicht als Erinnerung gegen den Kostenansatz (§§ 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO, 66 Abs. 1 Satz 1 GKG) auszulegen (so bspw. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 17. März 2014 - L 6 SF 333/14 E, nach juris). Denn eine entsprechende a...

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