Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Rahmengebühren. Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt. Bindung an das einmal ausgeübte Ermessen

 

Orientierungssatz

1. An das einmal ausgeübte Ermessen bei der Bestimmung der angefallenen Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens nach § 14 Abs 1 RVG ist der Rechtsanwalt gebunden. Denn die Ausübung des Ermessens ist Bestimmung der Leistung durch eine Vertragspartei und erfolgt nach § 315 Abs 2 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

2. Da das Gestaltungsrecht durch seine Ausübung verbraucht ist, kann die Bestimmung, sobald die Erklärung wirksam geworden ist (§ 130 Abs 1 BGB) nicht mehr geändert oder widerrufen werden. Damit ist es auch für den Rechtsanwalt als Bestimmenden bindend, es sei denn, dieser hat sich eine Erhöhung ausdrücklich und erkennbar vorbehalten oder er ist über Bemessungsfaktoren getäuscht worden oder er hat einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Februar 2017 (S 38 SF 337/15 E) wird wie folgt neu gefasst:

Auf die Erinnerung des Beschwerdegegners wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27. August 2015 aufgehoben. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung einer weiteren Vergütung für das Klageverfahren S 38 AS 3602/09 wird als unzulässig abgelehnt. Die Erinnerung des Beschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Februar 2017 (S 38 SF 337/15 E) wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Altenburg anhängig gewesene Verfahren (S 38 AS 3602/09) der vom Beschwerdeführer vertretenen Klägerinnen zu 1. und 4. und des Klägers zu 2. und 3.

Die Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt O., begehrten mit der am 5. Oktober 2009 beim SG erhobenen Klage unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. November 2008 (Ablehnung der Gewährung einer Umzugskostenbeihilfe auf Basis der eingereichten Angebote in Höhe von ca. 3.700,00 € nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2009 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der eingereichten Angebote. Mit Schriftsatz vom 16. September 2010 beantragte der im März 2010 durch die Kläger beauftragte Beschwerdeführer Einsicht in die Gerichtsakte und Verwaltungsakte der Beklagten. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2010 begründete er die Klage und bezifferte die Umzugskosten auf 3.041,65 €. Diese Kosten seien nicht unangemessen, weil die Klägerin zu 1. mit ihren minderjährigen Kindern nur geringe Möglichkeiten zur Mithilfe beim Umzug gehabt habe. Dennoch hätten ihr jetziger Ehemann und sie beim Umzug geholfen. Dies ergebe sich auch aus der Rechnung der Umzugsfirma. Mit Beschluss vom 12. Februar 2011 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Nach weiteren kurzen Schriftsätzen nahm er mit Schriftsatz vom 30. Mai 2011 zu dem Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2011 Stellung, mit dem der Antrag auf Übernahme der Umzugskosten erneut abgelehnt worden war. Es erfolgte weiterer Schriftverkehr zwischen den Beteiligten. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2012 wies das SG die Klage ab. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Berufung ein. Im Erörterungstermin am 27. Februar 2015 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin 1.500 € zahlt und die Kosten gegeneinander aufgehoben werden.

Mit „Kostenaufstellung Prozesskostenhilfe Rechnungs-Nr.: 114 - 12" vom 26. Juli 2012 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG

475,00 €

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

200,00 €

Entgelte für Post- und Telekommunikation Nr. 7008 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

695,00 €

Umsatzsteuer Nr. 1008 VV RVG

132,05 €

Gesamtbetrag

827,05 €

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) veranlasste am 28. August 2012 die Auszahlung des Betrages an den Beschwerdeführer.

Unter dem 8. Februar 2013 reichte der Beschwerdeführer eine „korrigierte Kostenaufstellung mit der Bitte um Festsetzung und Auszahlung der weiter geltend gemachten Gebühren“ ein.

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG

699,20 €

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

304,00 €

Entgelte für Post und Telekommunikation Nr. 7008 VV RVG 7008

20,00 €

Zwischensumme

1.023,20 €

abzüglich bereits gezahlt

-695,00 €

Summe

328,20 €

Umsatzsteuernummer Nr. 1008 VV RVG

62,34 €

Gesamtbetrag

390,54 €

Die jetzt geltend gemachten Gebühren in Höhe von 80 v.H. der Höchstgebühren seien angemessen und billig i.S.d. § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Insbesondere aufgrund des Umfangs sowie aber auch der besonderen Schwierigkeit der Sa...

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