Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. rückwirkende Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Auswirkungen auf bereits entstandenen Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts

 

Orientierungssatz

Die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf den bereits erwachsenen Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwaltes gegen die Staatskasse. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Rechtsanwalt die ungerechtfertigte Bewilligung der Prozesskostenhilfe selbst durch bewusst unrichtige Sachdarstellung herbeigeführt hat.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. Februar 2016 (S 21 SF 1289/13 E), berichtigt durch Beschluss vom 8. Juli 2016, wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein beim Sozialgericht (SG) Nordhausen anhängig gewesenes Verfahren (Az.: S 21 AS 2494/09) des vom Beschwerdegegner vertretenen Klägers.

Der Kläger hatte sich mit der am 6. Juli 2009 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2009 gewandt, mit dem sein Überprüfungsantrag auf Aufhebung des Bescheides vom 25. Juli 2007 (teilweise Aufhebung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 2007 - Erstattungsforderung 291,30 Euro) abgelehnt wurde. Des Weiteren begehrte er die Kosten der Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren sowie eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten. Zur Begründung führte der Beschwerdegegner aus, die berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen, die nachgewiesenen KdU seien der Höhe nach angemessen und mit Ausnahme der Kosten für die Warmwasserversorgung auch vollständig als Bedarf anzuerkennen. Es sei weder eine abstrakte, noch eine konkrete Angemessenheitsprüfung erfolgt. Nach mittlerweile gesicherter Rechtsprechung sei auf die Festsetzungen im Mietvertrag oder auf die Vorauszahlungsfestsetzungen der Energieversorgungsunternehmen abzustellen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für ein wirtschaftliches und damit unangemessenes Verhalten vorlägen. Das Einkommen des Klägers sei zudem im maßgeblichen Zeitraum falsch berechnet worden, weil der Feiertagszuschlag mit in die Einkommensberechnung eingeflossen sei. Darüber hinaus sei die Rundungsregelung des § 41 Abs. 2 SGB II zulasten des Klägers im Änderungsbescheid vom 25. Juli 2007 nicht berücksichtigt worden. Mit Schriftsatz vom 23. September 2009 machte er weiter geltend, der pauschale Abzug für die Warmwasseraufbereitung in Höhe von 18 v.H. sei unzulässig. Mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 bewilligte das SG dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Beschwerdegegners ohne Ratenzahlungsbestimmung.

Mit Schriftsatz vom 2. August 2012 zeigte die D. R. GmbH unter Vorlage einer Vollmacht des Klägers dessen Prozessvertretung an. Mit Schriftsatz vom 3. August 2012 teilte der Beschwerdegegner mit, dass der Kläger das Mandat gekündigt habe. Das SG übersandte ihm den Schriftsatz der D. R. GmbH vom 2. August 2012. Mit Schriftsatz vom 24. September 2012 teilte der Beschwerdegegner mit, der Kläger habe ihn wieder beauftragt. Am 26. September 2012 erörterte die zuständige Kammer insgesamt sieben anhängige Rechtsstreitigkeiten des Klägers in einem Termin, der von 8:30 Uhr bis 12:03 Uhr dauerte. In dem Erörterungstermin am 12. Oktober 2012, der von 9:08 Uhr bis 11:00 Uhr dauerte, verhandelte das SG insgesamt zehn anhängige Rechtsstreitigkeiten des Klägers. Die Beteiligten schlossen in den Rechtsstreitigkeiten - Az.: S 21 AS 615/08 und S 21 AS 2494/09 einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte bereit erklärte, dem Kläger in beiden Verfahren insgesamt 180,00 € nachzuzahlen, wobei der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25. Juli 2007 bestehen bleibe. Sie erklärte sich ferner bereit, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Verfahren je zur Hälfte zu tragen. Der Kläger erklärte daraufhin den Rechtsstreit für erledigt.

Unter dem 29. Januar 2013 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG

170,00 €

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

300,00 €

Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV RVG

190,00 €

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld (26. September 2012)

9,54 €

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld (12. Oktober 2012)

6,68 €

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

696,22 €

Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG

132,28 €

Summe

828,50 €

Mit Beschluss vom 30. April 2013 hob das SG die Bewilligung von PKH nach Anhörung des Klägers mit der Begründung auf, der Kläger habe - entgegen seinen Angaben im PKH-Antrag - Anspruch auf kostenlose Rechtsschutzgewährung durch die Gewerksc...

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