Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde gem § 172 Abs 3 Nr 2 SGG. Verneinung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen. Aufhebung der PKH-Bewilligung wegen nicht rechtzeitiger Offenlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. teleologische Auslegung. Vergleichbarkeit mit Ablehnung einer beantragten PKH unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten

 

Orientierungssatz

1. Mit dem Sächsischen LSG (vgl LSG Sachsen vom 31.8.2011 - L 7 AS 553/11 B PKH) ist der Senat der Ansicht, dass der Fall der nachträglichen Entziehung der Prozesskostenhilfe nicht anders zu behandeln ist als eine anfängliche Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe. In beiden Fällen wird die Prozesskostenhilfe abgelehnt, ohne dass die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung geprüft wird.

2. Soweit die gegenteilige Ansicht auf die fehlende Vergleichbarkeit von PKH-Ablehnung und PKH-Aufhebung, durch die dem Betroffenen eine Rechtsposition wieder entzogen werde, hinweist (entgegen LSG Stuttgart vom 9.6.2011 - L 13 AS 120/11 B = NZS 2011, 880) oder auf weitergehende Auswirkungen der PKH-Aufhebung abstellt (entgegen LSG Stuttgart vom 4.7.2011 - L 7 AS 5381/09 B = Justiz 2011, 349), stellt dies die hier vertretene Ansicht nicht in Frage. Denn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die PKH-Ablehnung für den Betroffenen in der Regel nicht weniger bedeutsam als die PKH-Aufhebung.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 7. Mai 2012 wird als unzulässig verworfen.

Die erneute Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren (S 24 AS 2921/08) wird abgelehnt.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerinnen begehren die Aufhebung des die bewilligte Prozesskostenhilfe (PKH) aufhebenden Beschlusses für ein zwischenzeitlich erledigtes erstinstanzliches Klageverfahren.

Mit Beschluss vom 29. Januar 2009 wurde den Beschwerdeführerinnen im zugrundeliegenden Verfahren S 24 AS 2921/08 beim Sozialgericht Nordhausen Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt M. beigeordnet. Am 28. September 2009 endete der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich.

Mit Verfügung vom 26. März 2012 wurde der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerinnen durch das erstinstanzliche Gericht gebeten bis zum 28. April 2012 mitzuteilen, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer seit der PKH - Bewilligung geändert haben. Das Schreiben ist ihm ausweislich des am 4. April 2012 wieder zum Gericht gelangten Empfangsbekenntnisses zugegangen. Weder die Beschwerdeführerinnen noch deren Prozessbevollmächtigter haben darauf reagiert.

Mit Beschluss vom 7. Mai 2012 hob das Sozialgericht die PKH-Bewilligung vom 29. Januar 2009 auf. Der Beschluss ist am 10. Mai 2012 beim Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerinnen eingegangen.

Mit ihrer am 24. Mai 2012 eingelegten Beschwerde begehren die Beschwerdeführerinnen die Aufhebung des Beschlusses vom 7. Mai 2012, hilfsweise die erneute Bewilligung von PKH für das Klageverfahren. Außerdem beantragen sie, ihnen für das vorliegende Beschwerdeverfahren PKH zu bewilligen.

Der Beschwerdegegner hat sich nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht statthaft und damit unzulässig.

Gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde zum Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine solche Bestimmung trifft § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Danach ist die Beschwerde gegen Prozesskostenhilfeentscheidungen ausgeschlossen, wenn nur persönliche oder wirtschaftliche Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint werden. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO). Dies ergibt sich aus § 73a SGG.

Im vorliegenden Fall hat der Vorsitzende die Bewilligung von PKH aufgehoben, weil die Beschwerdeführerinnen ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht offengelegt haben. Die Entscheidung beruht deshalb nur auf den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerinnen und unterfällt damit § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG.

Zwar könnte der Gesetzeswortlaut dagegen sprechen, wenn in der Norm allein von der "Ablehnung" von PKH die Rede ist. Allerdings ist auch die Aufhebung der Sache nach nichts anderes als eine (wenn auch nachträgliche) Ablehnung.

Mit dem Sächsischen LSG (Beschluss vom 31. August 2011 - L 7 AS 553/11 B PKH -) ist der Senat der Ansicht, dass der Fall der nachträglichen Entziehung der Prozesskostenhilfe nicht anders zu behandeln ist als eine anfängliche Verneinung der persönlichen ode...

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