Leitsatz (amtlich)

Fehlende Unterschrift – hier unter dem Kündigungsschreiben – ist bei gewillkürter Schriftform dann kein zur Nichtigkeit führender Formmangel, wenn durch die Gesamtumstände Urheber und Inhalt der Erklärung hinreichend klargestellt sind (wie BAG vom 20.08.98, DB 99, 101). Problem ist durch § 623 BGB obsolet geworden.

 

Normenkette

BGB §§ 127, 125

 

Verfahrensgang

ArbG Eisenach (Urteil vom 04.11.1999; Aktenzeichen 5 Ca 172/99)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach, Außenkammern Mühlhausen, vom 04.11.1999, Az.: 5 Ca 172/99, soweit es der Klage stattgegeben hat, abgeändert.

Die Klage wird vollen Umfangs abgewiesen.

2) Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist im Berufungsrechtszug streitig geblieben, ob eine von der Beklagten mit Schreiben vom 15.02.1999 ausgesprochene Kündigung wegen Formmangels nichtig ist.

Der zwischen den Parteien unter dem 15.11.1992 geschlossene Arbeitsvertrag lautet, soweit einschlägig:

§ 13

Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen.

Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.1999 zum 30.04.1999 betriebsbedingt gekündigt. Das Schreiben trägt in der Unterschriftszeile in Maschinenschrift den Namen des Geschäftsführers der Beklagten. Es trägt jedoch keine eigenhändige und handschriftliche Unterschrift des Geschäftsführers. Das Schreiben wurde am 15.02.1999 dem Kläger durch den Geschäftsführer übergeben. Der Kläger hat den Erhalt des Schreibens auf dem Schreiben selbst unterschriftlich bestätigt.

Mit seiner Klage vom 03.03.1999, der Beklagten zugestellt am 15.03.1999, hat der Kläger u. a. geltend gemacht, daß die Kündigung vom 15.02.1999 wegen Formmangels nichtig sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie sich gegen die Kündigung vom 15.02.1999 gerichtet hat, stattgegeben. Die Klage gegen eine von der Beklagten mit Schreiben vom 20.04.1999 zum 30.06.1999 ausgesprochene Kündigung hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

Gegen die klagestattgebende Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht der gegen die Kündigung vom 15.02.1999 gerichteten Klage stattgegeben. Die Klage ist vollen Umfangs abzuweisen.

Die Kündigung vom 15.02.1999 ist nicht gem. § 127 i. V. mit § 125 S. 2 BGB unwirksam. Die fehlende Unterschrift stellt keinen zur Nichtigkeit führenden Formmangel dar.

Die Parteien haben vertraglich für die Kündigungserklärung die Schriftform vereinbart. Für die gewillkürte Schriftform gelten die strengen Formvorschriften des § 126 BGB, die für die gesetzliche Schriftform zu beachten sind, nur eingeschränkt. § 127 S. 2 BGB ist zu entnehmen, daß die Anforderungen an die gewillkürte Schriftform weit auszulegen sind. Sind Urheber und Inhalt der Erklärung in anderer Weise hinreichend klargestellt, so kann je nach den Umständen auch vom Unterschriftserfordernis abgesehen werden (BGH vom 21.02.1996, NJW-RR 1996, 641; BAG vom 20.08.1998, DB 99, 101).

Das Bundesarbeitsgericht hat in der zitierten Entscheidung die gewillkürte Schriftform bei einem Sachverhalt als erfüllt angesehen, bei dem in einem Gerichtstermin dem Erklärungsempfänger in Anwesenheit des Erklärenden eine nicht beglaubigte Fotokopie der bei der Gerichtsakte befindlichen, die Schriftform erfüllende, Originalurkunde überreicht wurde. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts war durch eine solche Form der Erklärung der von der vereinbarten Schriftform bezweckte Schutz des Erklärungsempfängers voll verwirklicht. Der Erklärungsempfänger habe die Authentizität der schriftlichen Erklärung sofort nachprüfen können. Auch der Schutzgedanke der Vollständigkeit der Erklärung und der Übereilungsschutz seien gewahrt.

Diesen Schutzfunktionen wurde auch für die hier zu beurteilende Sachverhaltskonstellation genüge getan. Die Abweichungen im Sachverhalt zu dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Rechtsstreit sind unerheblich. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht auch darauf abgestellt, daß die unterschriebene Originalurkunde bei den Gerichtsakten greifbar war und daher die Übereinstimmung zwischen Original und übergebener Fotokopie jederzeit hätte überprüft werden können. Diese Überprüfung wäre insbesondere leicht zu bewerkstelligen gewesen, weil die Übergabe des Schriftstückes in Anwesenheit des Erklärenden stattfand.

Auch vorliegend konnten an der Authentizität der Kündigungserklärung keinerlei Zweifel bestehen. Anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall erfolgte die Übergabe des Kündigungsschreibens nicht nur in Anwesenheit des Erklärenden, sondern durch den Erklärenden, nämlich den Geschäftsführer der Beklagten, selbst. Dem Kläger wurde auch keine Kopie, sondern das Originalschreiben übergeben. Das Schreiben trug ferner den Namen des Erklärenden, nämlich den Namen des Geschäftsführers. Inhalt und Urheber der ...

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