Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablösung transformierter Tarifansprüche. Bezugnahmeklausel. Gleichstellungsabrede

 

Leitsatz (amtlich)

Anwendbarkeit des TV Zuwendung Ang.-O bzw. Arb.-O im Betrieb des Rehazentrums S.

Fallgestaltung: Tarifbindung kraft Mitgliedschaft in der Tarifvertragspartei bis zum Betriebsübergang. Kein neuer Vertrag nach dem Betriebsübergang.

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 613a Abs. 1 S. 3 BGB können nur durch positive Normsetzung die über Satz 2 weitergeltenden Rechte abgelöst werden. Eine Nichtregelung ist nicht ausreichend.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Nordhausen (Entscheidung vom 19.10.2000; Aktenzeichen 3 Ca 171/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.01.2003; Aktenzeichen 10 AZR 227/02)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Klägerin wird, unter Zurückweisung der Berufung im übrigen, das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 19.10.2000, Az.: 3 Ca 171/00, abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 939,01 EUR brutto nebst 4 % Zinsen hieraus für die Zeit vom 19.04.2000 bis 30.04.2000 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontüberleitungsgesetz vom 09.06.1998 seit 01.05.2000 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2) Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sonderzuwendung für das Jahr 1998.

Die Klägerin war seit 01.09.1974 in den Gesundheitseinrichtungen S. als Raumpflegerin beschäftigt. Die Gesundheitseinrichtungen gingen auf das Land Thüringen über. Zwischen dem Land Thüringen und der Klägerin wurde unter dem 31.07.1991 ein Arbeitsvertrag geschlossen, dessen § 3 wie folgt lautet:

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem MTArb-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung sowie nach den für Arbeiter des Arbeitgebers im Gebiet nach Artikel 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen.

Die in § 3 des Arbeitsvertrages genannten Tarifvorschriften fanden auch kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

Der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin ging – nach einem Durchgangserwerb – mit Wirkung ab 01.10.1994 durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte über.

Zwischen der Gewerkschaft ÖTV und den Unternehmen der K.-Gruppe, darunter der Beklagten (handelnd unter der früheren Firmenbezeichnung K. Rehabilitationszentrum S. GmbH), wurde am 17.12.1997 ein Tarifvertrag geschlossen (MTV Nr. 1), der mit Wirkung ab 01.01.1998 in Kraft trat. Der MTV enthält keine Regelung über eine jährlich zu zahlende Zuwendung. Die Tarifvertragsparteien einigten sich unter dem 06.03.1998 auf eine gemeinsame Erklärung, die u. a. wie folgt lautet:

Die tarifvertragsschließenden Parteien stimmen darüber überein, bei Unklarheiten oder unterschiedlicher Auslegung dieses Tarifvertrages jederzeit, auch im ungekündigten Tarifzustand, die Verhandlungen aufzunehmen.

Die tarifvertragsschließenden Parteien erklären:

Nach Abschluß des Manteltarifvertrages werden unverzüglich Tarifverhandlungen zu folgenden Tarifobjekten aufgenommen:

Vergütungsordnung, d. h. Tätigkeitsmerkmale und Vergütung

Urlaubsgeld

Weihnachtsgeld (Zuwendungen gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Einzelunternehmen, dabei jeweils gesondert).

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21.12.1998, bei der Beklagten eingegangen am gleichen Tage, unter Bezugnahme auf den Arbeitsvertrag und den MTArb-O eine Zuwendung für das Jahr 1998 in Höhe von 1.985,87 DM brutto geltend gemacht und am 30.03.2000 Klage erhoben.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 46 – 55 d. A.) verwiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin hält die Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts für unzutreffend und ist der Meinung, ihr Anspruch auf die Zuwendung in der geltend gemachten Höhe ergebe sich aus der in § 3 des Arbeitsvertrages geregelten Bezugnahme auf die im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Tarifverträge. Das Arbeitsgericht sehe in der Bezugnahmeklausel zu Unrecht eine unbeachtliche Gleichstellungsabrede.

Der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Arbeiter des Bundes und der Länder (TV Zuwendung Arb-O) sei aber zumindest kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.10.1994 Inhalt ihres Arbeitsvertrages geworden. Die so entstandenen vertraglichen Rechte könnten nur durch eine andere tarifliche Regelung mit dem gleichen Regelungsgegenstand abgeändert werden. Der MTV Nr. 1 vom 17.12.1997 enthalte gerade keine Regelung zur Sonderzuwendung und habe daher die in den Arbeitsvertrag transformierten tariflichen Rechte nicht verdrä...

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