Entscheidungsstichwort (Thema)

Formnichtiger Aufhebungsvertrag und Annahmeverzug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Annahmeverzug des Arbeitgebers setzt die Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers voraus. Diese fehlt, wenn der Arbeitnehmer durch Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag dokumentiert, ab einem darin bestimmten Zeitpunkt nicht mehr Arbeitsleistung erbringen zu wollen, auch dann, wenn der Aufhebungsvertrag mangels Schriftform formnichtig ist.

2. Unentschieden bleibt, wer die Beweislast für fehlende bzw. vorhandene Leistungsbereitschaft trägt.

 

Normenkette

BGB §§ 615, 623

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Urteil vom 05.10.2001; Aktenzeichen 5 Ca 3968/00)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 05.10.2001 – 5 Ca 3968/00 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 766,94 EUR festgesetzt.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum 18. bis 30.06.2000.

Der Kläger war vom 06.05. bis 31.07.2000 beim Beklagten beschäftigt zu einem monatlichen Bruttolohn von 2.500,00 DM = 1.278,23 EUR.

Der Kläger erbrachte nach dem 17.06.2000 keinerlei Arbeitsleistung mehr für den Beklagten.

Der Kläger hat behauptet, er sei am Montag, dem 19.06.2000 vom Beklagten in den Betrieb einbestellt worden. Dort habe dieser zu ihm gesagt: „Geh, du kannst zu Hause bleiben, ich brauche dich nicht mehr. Geh zum Arbeitsamt, du brauchst nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen.”

Der Kläger hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger noch ausstehenden Lohn für den Zeitraum vom 18.06.2000 bis 30.06.2000 in Höhe von 1.500,00 DM brutto zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.08.2000.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe sich mit dem Kläger am Samstag, den 17.06.2000 getroffen und mit diesem eine Aussprache geführt. Diese habe damit geendet, dass sie sich einig gewesen wären, das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 18.06.2000 einvernehmlich aufzuheben. Dieses Gespräch habe in seinem, des Beklagten Betriebsbüro stattgefunden (Beweis für alles: Zeugnis der Frau B. K.). Es sei vereinbart worden, dass er, der Beklagte, diese mündliche Vereinbarung schriftlich fassen und dem Kläger zusenden solle. Das habe er auch getan. Der Kläger habe diese nicht gegengezeichnet und zurückgeschickt.

Mit Urteil vom 05.10.2001 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass dahingestellt sein könne, ob die Parteien am 17.06.2000 einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten, weil die Grundsätze, welche das Bundesarbeitsgericht zur Begründung des Annahmeverzuges nach einer Kündigung wegen fehlender Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers (Nichtzurverfügungstellung eines eingerichteten Arbeitsplatzes) auch auf die Situation des Aufhebungsvertrages anwendbar sei. Abgesehen davon bestehe der Zahlungsanspruch, weil der Beklagte nicht hinreichend substantiiert bestritten habe, dass der Kläger am 19.06.2000 im Betrieb erschienen und vom Beklagten zurückgeschickt worden sei.

Gegen dieses ihm am 11.02.2002 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 11.03.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 11.04.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er wendet sich aus Rechtsgründen gegen die Auffassung des Arbeitsgerichtes, auf einen Aufhebungsvertrag seien hinsichtlich der Begründung des Annahmeverzuges dieselben Grundsätze anzuwenden wie bei einer arbeitgeberseitig veranlassten Kündigung und rügt, dass Arbeitsgericht habe seinen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 06.04.2001, mit welchem die Behauptung des Klägers über Montag, den 19.06.2000 ausdrücklich bestritten habe, nicht unberücksichtigt sein lassen dürfen.

Er beantragt:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Erfurt vom 05.10.2001 zu Az.: 5 Ca 3968/00 wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird abgewiesen.
  3. Der Kläger und Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil im Wesentlichen unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Aufgrund der vor dem 01.01.2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung ist diesbezüglich das Recht in der Fassung bis zum 31.12.2001 anzuwenden. Mit Zustellung des Urteils am 11.02.2002 sowie Berufungseingang einen Monat später und Begründungseingang einen weiteren Monat später, sind die Fristen gewahrt.

Die Berufung ist begründet, denn die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum 18. bis 30.06.2000, denn er ist hinsichtlich der Voraussetzungen dieses Anspruchs beweisfällig geblieben.

Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist der § 611 i. V. mit dem Arbeits...

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