Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung bei mutterschutzrechtlichem Beschäftigungsverbot

 

Leitsatz (redaktionell)

Mit der gesetzlichen Neuregelung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Mutterschutzrechts vom 16.06.2002 wird die Arbeitgeberin bei einem nachträglichen Eintritt eines Beschäftigungsverbotes während des festgelegten Urlaubszeitraumes von ihrer Leistungspflicht gemäß § 17 Satz 2 MuSchG nicht mehr frei. Demnach trägt die Arbeitgeberin das Risiko der Leistungsstörung und damit auch eines in den festgelegten Urlaubszeitraum fallenden Beschäftigungsverbots.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4; BGB § 243 Abs. 1, § 275 Abs. 1; MuSchG § 3 S. 1, §§ 4, 17 S. 2; MuSchVO § 1 Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 1-3

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Entscheidung vom 05.03.2014; Aktenzeichen 4 Ca 1834/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.08.2016; Aktenzeichen 9 AZR 575/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 05.03.2014 - Az.: 4 Ca 1834/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.400,80 Euro brutto zu zahlen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten an die Klägerin 1.400,80 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für 17 Urlaubstage zu zahlen.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.07.2008 als Operator zu einem Bruttomonatsgehalt von 1.790,00 Euro beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat im Laufe des Rechtsstreites sein Ende gefunden.

Zu Beginn des Jahres 2013 hatte die Klägerin zur Erstellung der betrieblichen Jahres-urlaubsplanung ihre Urlaubswünsche für das Jahr 2013 mitgeteilt, wobei ihr u. a. am 11. und 12.07.2013, vom 19. - 30.08.2013 und vom 21. - 25.10.2013 Urlaub gewährt werden sollte. Aufgrund des tätigkeitsbedingt verbundenen Umgangs mit potentiell infektiösem Blut und Plasma und der fehlenden Möglichkeit zur Umgestaltung ihres Arbeitsplatzes erteilte die Beklagte wegen des erhöhten Gesundheitsrisikos für sie und ihr ungeborenes Kind der zu diesem Zeitpunkt schwangeren Klägerin auf der Grundlage von § 4 der Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz i. V. m. § 4 MuSchG ein Beschäftigungsverbot ab dem 05.06.2013 bis zum Beginn der Mutterschutzfrist und nach § 3A bs. 2 MuSchG teilte ihr zugleich mit, dass das Beschäftigungsverbot unter Anrechnung auf die bewilligten Urlaubstage vom 11. bis 12.07.2013, vom 19.08.2013 - 30.08.2013, vom 21.10. 2013- 25.10.2013 und am 24.12.2013 erfolge.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die für das Jahr 2013 noch ausstehenden Urlaubstage seien nicht auf das Beschäftigungsverbot anzurechnen. Nach § 17 MSchG könne nicht in Anspruch genommener Resturlaub nach der Beschäftigungszeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beansprucht werden, zudem habe die Beklagte die Urlaubstage auch noch nicht definitiv bewilligt gehabt. Die Beklagte hat behauptet, in ihrem Blutspendezentrum in Erfurt, sei der Urlaubsplan für das Jahr 2013 durch die zuständige Zentrumsmanagerin am 13.02.2013 im Wege eines Freigabevermerks mit Unterschrift freigegeben worden. Am 20.02.2013 sei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der fertig gestellte Urlaubsplan bekannt gegeben sowie dessen verbindliche Freigabe mitgeteilt worden. Damit habe sie den Urlaub festgelegt und erteilt. Mit der Festlegung der Arbeitsbefreiung für den Urlaub habe sie auch die ihr gem. § 243 Abs. 2 BGB als Schuldnerin des Urlaubsanspruchs obliegende Leistungshandlung vorgenommen. Der hiermit bezweckte Leistungserfolg sei trotz des ab dem 15.06.2013 ausgesprochenen mutterschutzrechtlich gebotenen tätigkeits- bzw. arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsverbotes auch eingetreten. Die dem zu Grunde liegenden Beschränkungen hätten die Klägerin nicht gehindert, ihren Erholungsurlaub selbst zu gestalten und in Anspruch zu nehmen.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Übrigen, der vom Arbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 116 f d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 15.03.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem per Telefax am 11.04.2014 beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach - rechtzeitiger beantragter - Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.06.2014 mit einem am 13.06.2014 per Telefax eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten begründet.

Hierin macht die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, der Urlaubsplan 2013 sei als verbindliche Urlaubserteilung anzusehen gewesen. Sei der Urlaubsanspruch der Klägerin aber durch die verbindliche Genehmigung bereits erfüllt oder allein wegen des Beschäftigungsverbotes nicht mehr erfüllbar gewesen, bleibe für die Anwendung von § 17 S. 2 MSchG kein Platz. Im Übr...

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