Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert der Anfechtung einer Betriebsratswahl

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl ist der Gegenstandswert nach einer Staffelung je nach der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder festzusetzen.

2. Bei der Wahl eines Betriebsobmanns ist der Ausgangswert des § 8 BRAGO um ½, auf DM 12.000,00 zu erhöhen.

Für jedes weitere zu wählende Betriebsratsmitglied ist ½ des Regelwertes, also DM 2.000,00 anzusetzen.

3. Darüber hinaus ist aber auch ein von dem in § 8 BRAGO vorausgesetzten Normalfall abweichender Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen.

Bei sehr einfach gelagerten Anfechtungsverfahren mit einem eng umgrenzten Anfechtungsgrund und ohne jede rechtliche Problematik, bei der sich die Tätigkeit des Rechtsanwalt auf eine Vertretungsanzeige beschränkt, kann deshalb eine Halbierung des nach Ziff. 1 und 2 errechneten Staffelwertes angezeigt sein.

 

Normenkette

BetrVG § 19; BRAGO §§ 8, 10

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Beschluss vom 01.09.1998; Aktenzeichen 5 BV 02/98)

 

Tenor

wird die Beschwerde gegen den Wertfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Suhl vom 01.09.1998 als unbegründet zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I

Beschwerdeführer und Beschwerdegegner des vorliegenden Wertfestsetzungsverfahrens streiten um die Höhe des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit für das vorausgegangene erstinstanzliche betriebsverfassungsrechtliche Beschlußverfahren.

In diesem Verfahren ging es um die Anfechtung der am 13. und 14. Mai 1998 im Betrieb des Beschwerdegegners durchgeführten Betriebsratswahl. Bei einer Betriebsgröße von 74 Arbeitnehmern waren entsprechend der Staffel zu § 9 BetrVG 5 Betriebsratsmitglieder zu wählen.

Der Beschwerdegegner hat die Wahl mit Antragsschrift vom 02.06.1998 „vorsorglich fristwahrend” angefochten, weil Bedenken gegen die Richtigkeit der Bekanntmachung der abgegebenen Stimmen bestünden.

Nachdem der Beschwerdeführer die Vertretung des Betriebsrats angezeigt hatte, nahm der Beschwerdegegner mit Schriftsatz vom 24.06.1998 den Antrag zurück.

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des LAG Brandenburg, wonach in Fällen dieser Art wegen der notwendigen typisierenden Betrachtungsweise – jedenfalls bis zu 5. Staffel des § 9 BetrVG – pro Betriebsratsmitglied jeweils der Auffangwert von DM 8.000,00 anzusetzen sei, begehrte der Beschwerdeführer die Festsetzung des Gegenstandswertes auf einen Betrag von DM 40.000,00.

Der Beschwerdegegner begehrte demgegenüber unter Berufung auf Entscheidungen des LAG Hamm und des LAG Niedersachsen eine Festsetzung auf DM 10.000,00.

Mit dem angefochtenen Beschluß setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert nach § 10 BRAGO auf DM 10.000,00 fest und führte zur Begründung aus:

Die Bedeutung des vorliegenden Verfahrens ergebe sich nicht daraus, daß es um die Legitimation des Betriebsrates und letztlich um die Geltung aller jemals von ihm gefaßten Beschlüsse und die Wirksamkeit aller jemals abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen gehe. Gegenstand des Beschlußverfahrens sei die Anfechtung einer vor kurzem erfolgten Betriebsratswahl, um deren ordnungsgemäßen Ablauf zu überprüfen. Hinzukomme, daß weder ein Anhörungstermin stattgefunden noch sich mit dem Verfahrensgegenstand befassende Schriftsätze zwischen den Parteien gewechselt worden sein.

Gegen diesen ihn am 03.09.1998 zugestellten Beschluß hat der Beschwerdeführer mit dem am 17.09.1998 beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt.

Er weist insbesondere darauf hin, daß es bei der Festsetzung des Wertes in Verfahren dieser Art nicht darauf ankäme, ob sich das Verfahren im üblichen halte oder welche Schwierigkeiten das Mandat in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beinhaltet habe. Der Berücksichtigung dieser Umstände stehe die gebotene typisierende Betrachtungsweise entgegen.

Der Beschwerdegegner ist der Beschwerde mit Rechtsausführungen entgegengetreten.

Im undatierten Nichtabhilfebeschluß hat sich das Arbeitsgericht mit der Argumentation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und an seiner Wertfestsetzung festgehalten.

 

Entscheidungsgründe

II

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO statthafte und form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil das Arbeitsgericht den Gegenstandswert des zugrundeliegenden Beschlußverfahrens zutreffend mit DM 10.000,00 angesetzt hat.

1.

Bei der Bemessung des Wertes ist das Arbeitsgericht zutreffend von § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO ausgegangen.

Da für die Gerichtsgebühren kein Wert vorhanden ist und da die in § 8 Abs. 2 S. 1 BRAGO genannten Vorschriften der Kostenordnung für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im betriebsverfassungsrechtlichen Beschlußverfahren nicht sinngemäß angewendet werden können, bleibt als Grundlage für die Wertfestsetzung nur die Regelung in § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO.

Soweit sich der Wert nicht aus den Vorschriften der Kostenordnung ergibt und soweit er auch sonst nicht feststeh...

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