1 Leitsatz

Ein bestehendes Erbbaurecht steht dem Vollzug einer Teilungserklärung entgegen, da ein aufgrund eines Erbbaurechts errichtetes Bauwerk als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts gilt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) und nicht Gegenstand von Sondereigentum werden kann (§ 93 BGB).

2 Normenkette

§ 8 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

A gibt gegenüber dem Grundbuchamt eine Teilungserklärung ab. Das in seinem Eigentum stehende Grundstück ist derzeit mit einem in Ausübung eines Erbbaurechts errichteten Einfamilienhaus nebst Doppelgarage bebaut. Das Wohnhaus soll in ein 5-Familienhaus mit 4 PKW-Garagen und 2 Carport-Stellplätzen sowie weiteren Außenstellplätzen umgebaut werden. A hat das Erbbaurecht erworben. Dieses ist mit einer Briefgrundschuld in Höhe von 7.413,73 EUR mit 10 % Jahreszinsen belastet. Das Erbbaurecht soll nach dem Vollzug des Eigentumswechsels aufgehoben und im Grundbuch gelöscht werden. Dieser Antrag wird aber zurückgenommen, da die Grundschuld verloren gegangen ist. Die Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum soll vor Vollzug der Löschung des Erbbaurechts umgesetzt werden. Das Grundbuchamt weigert sich. Es meint, der Fortbestand des Erbbaurechts hindere den Vollzug der Teilung. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Ein Erbbaurecht hindere den Vollzug eines Teilungsantrags. Da das aufgrund des Erbbaurechts errichtete Bauwerk als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (§ 12 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) gelte, könne es nicht Gegenstand des Sondereigentums werden (§ 93 BGB). Es sei deshalb ausgeschlossen, dass mit einem Miteigentumsanteil an dem Grundstück das Sondereigentum an einer Wohnung verbunden werde, die sich in einem Gebäude befinde, das aufgrund eines Erbbaurechts erstellt worden sei. Denn im Hinblick auf § 10 ErbbauRG, wonach das Erbbaurecht nur zur ausschließlich ersten Rangstelle bestellt werden könne, dürfe an der Grundstücksfläche, auf die sich die Ausübung des Erbbaurechts erstrecke, kein Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht eines Wohnungseigentümers bestehen.

Es sei zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, Wohnungseigentum an einem mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück zu begründen. Das setze jedoch voraus, dass das auf Grund des Erbbaurechts errichtete Bauwerk und das in Wohnungseigentum aufgeteilte Bauwerk unterschiedliche Gebäude seien (Hinweis auf OLG Hamm, Beschluss v. 27.3.1998, 15 W 332/97). Dies sei hier nicht der Fall.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Umsetzung einer Teilungserklärung. Das Grundbuchamt und ihm folgend das OLG meinen, das (künftige) Sondereigentum könne nicht in einem Gebäude liegen, welches aufgrund eines Erbbaurechts errichtet worden ist.

Gegenansicht

Eine Gegenansicht stellt darauf ab, es obliege dem aufteilenden Eigentümer, ob er das Grundstück entsprechend der Aufteilung bebaue oder dies unterlasse. Während bei der Aufteilung eines unbebauten Grundstücks die Entstehung von Sondereigentum ein zukünftiges ungewisses Ereignis sei, bewirke das Erbbaurecht bei einem bebauten Grundstück lediglich eine Befristung der Substanzlosigkeit des Sondereigentums. Es sei kein sachenrechtlicher Grund ersichtlich, die Substanzlosigkeit aus rechtlichen Gründen anders zu behandeln als die Substanzlosigkeit aus tatsächlichen Gründen (DNotI-Report, 2022, S. 129, 131; a. A. DNotI-Report 1998, 13).

Hiergegen spricht, dass die beiden Fälle sachenrechtlich nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar sind. Denn im Fall einer "Vorratsteilung" nach § 8 WEG und dadurch entstehendes substanzloses Sondereigentum trifft der Eigentümer eine Verfügung über sein eigenes Grundstück. Er ist in seiner Verfügungsbefugnis nicht beschränkt. Im Fall ist der Eigentümer des Grundstücks bei (noch) bestehendem Erbbaurecht indes nicht befugt, über das Bauwerk zu verfügen, das nach § 12 Abs. 1 ErbbauRG Teil des Erbbaurechts ist. Damit fehlt dem Grundstückseigentümer zudem die Antragsbefugnis nach § 13 Abs. 1 GBO. Hinzu kommt die sich aus § 10 Abs. 1 ErbbauRG ergebende Beschränkung. Dass der Antragsteller sowohl Grundstückseigentümer als auch Erbbauberechtigter ist, sollte zu einer anderen Beurteilung führen, da es nicht zu einer Löschung des Erbbaurechts kommen soll.

6 Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss v. 22.12.2022, 14 W 75/22 (Wx)

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