Leitsatz

  1. Grundsätzlich Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung
  2. Vom Verwalter hinzugezogener Dritter besitzt ein Teilnahmerecht nur dann, wenn seine Anhörung oder Beratung im Interesse der Gesamtheit der Eigentümer liegt
  3. Nicht berechtigte Anwesenheit eines Dritten muss sich auf angefochtene Beschlussfassung ausgewirkt haben können
  4. Im Verwaltervertrag vereinbarte Sonderhonorare müssen in einer Abrechnung erkennbar zusammenfassend ausgewiesen werden
  5. Berechtigung zur Untervollmachtserteilung ist durch Auslegung zu ermitteln
 

Normenkette

§§ 24, 28 WEG

 

Kommentar

  1. Der Nichtöffentlichkeitsgrundsatz dient dem Zweck, die Eigentümerversammlung von fremden Einflüssen freizuhalten. Außenstehende Dritte sollen damit nicht auf den Ablauf einer Versammlung und dadurch womöglich auf die Meinungsbildung der Eigentümer Einfluss nehmen können (h.M.). Soweit es sich nicht um einen Berater bzw. Beistand eines Eigentümers handelt, setzt das Teilnahmerecht eines Dritten voraus, dass er im Interesse der Gesamtheit der Eigentümer zur Eigentümerversammlung hinzugezogen wurde. Mitarbeiter einer Verwaltungsfirma sind demgegenüber nicht auszuschließende Dritte, da sie zur Erfüllung der vom Verwalter konkret wahrzunehmenden Aufgaben eingesetzt sind und auch aufgrund ihrer vertraglichen Beziehungen zum Verwalter zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.
  2. Im Streitfall hatte allerdings der Verwalter "seinen"Steuerberater mitgebracht, der die Richtigkeit seiner Abrechnung bestätigen sollte und dies auch tat. Er ist jedenfalls nicht privilegierter Dritter im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer. Eigentümer hatten hier keinen entsprechenden Auftrag erteilt. Eine unabhängige Beurteilung der Tätigkeit des Verwalters kann durch einen von diesem selbst beauftragten und bezahlten Fachmann schlechterdings nicht geleistet werden.

    Ob die Anwesenheit eines Dritten in der Versammlung mehrheitlicher Beschlussfassung zugänglich sei, wird in der Fachliteratur vereinzelt angezweifelt. Es wird darauf abgestellt, dass ein Anspruch auf Einhaltung der Nichtöffentlichkeit jedem einzelnen Wohnungseigentümer zustehe und aus diesem Grund bereits auch nur der Widerspruch eines einzelnen Eigentümers genüge, um den Dritten von der weiteren Anwesenheit auszuschließen. Mit der Gegenansicht ist die Kammer demgegenüber der Auffassung, dass die Gemeinschaft hierüber auch durch einen nicht selbstständig anfechtbaren (Geschäftsordnungs-)Mehrheitsbeschluss entscheiden könne. Ein solcher Beschluss unterliege hinsichtlich seines Zustandekommens und seiner Dokumentation auch geringeren Anforderungen, sodass er insbesondere keiner ausdrücklichen Feststellung und Verkündung bedürfe, sodass auch die vorliegend vom Versammlungsleiter getroffene Feststellung, dass "mehrheitlich keine Einwendungen erhoben seien", insoweit genüge.

    Ein fehlerhafter Geschäftsordnungsbeschluss kann allerdings zur Anfechtung sonstiger in der Versammlung gefasster (Sach-)Beschlüsse führen, wenn sich der Fehler auf Beschlussfassungen ausgewirkt hat (h.M.). Im vorliegenden Fall lasse sich jedoch nicht feststellen, dass sich die Anwesenheit des Steuerberaters nicht auf die Beschlussfassung ausgewirkt habe; zu einem anderen Ergebnis käme man nur, wenn sich die Ursächlichkeit des Verstoßes gegen den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz auf die Beschlussfassung ausschließen ließe.

  3. Es entspricht auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, ohne entsprechende Vorbereitung und Ankündigung die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung mit einem mündlich erstatteten Gutachten eines "neutralen Prüfers" zu komplexen Fragen zu konfrontieren. Sieht der Verwalter hierzu eine Notwendigkeit, so hat er die Eigentümer rechtzeitig über sein Vorhaben zu unterrichten und ihnen insbesondere die Ausführungen des Prüfers vorab in schriftlicher Form zukommen zu lassen.
  4. Zur Vollständigkeit, Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit einer Jahresabrechnung gehört auch eine geordnete Zusammenstellung der einzelnen Ausgabenpositionen, ohne einen Buchprüfer hinzuziehen zu müssen (h.M.). Im hier entschiedenen Fall waren die Sonderhonorare des Verwalters nicht erkennbar ausgewiesen. Solche Sonderhonorare durften auch nicht dem Rücklagevermögen entnommen werden.
  5. Was die Rüge verspäteten Vorbringens betrifft, ergibt sich aus dem Zweck des Zivilprozesses und der Auslegung der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 ZPO, dass unter "neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln" im Sinne des § 531 ZPO lediglich streitiges und damit beweisbedürftiges Vorbringen fällt. Nicht beweisbedürftiges Vorbringen hat ein Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung ohne Weiteres zugrunde zu legen (BGHZ 161, 138/142; 177, 212/213 – Großer Senat). Eine bloße Rüge als verspätet stellt ein Bestreiten des Tatsachenvortrags jedoch nicht dar.
  6. Hat eine Jahresabrechnung noch keinen Bestand, muss auch der Beschluss auf Entlastung des Verwalters auf Anfechtung hin für ungültig erklärt werden. Auch hier verstößt der Beschluss im Übrigen gegen den Grundsatz der Nichtöffentl...

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