Das Wichtigste in Kürze:

1. Im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 464b StPO ist die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts (gesetzliche Gebühren und Auslagen nach dem RVG) erstattungsfähig.
2. Für die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts muss grds. zwischen drei verschiedenen Fallkonstellationen unterschieden werden.
3. Werden anwaltliche Reisekosten nicht als erstattungsfähig anerkannt, sind diese stets in Höhe fiktiver Informationsreisekosten des Angeklagten zu einem Verteidiger am Ort des Prozessgerichts bzw. zu einem im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Verteidiger erstattungsfähig.
4. Ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem reicht allein nicht aus, um die Erstattungsfähigkeit von anwaltlichen Reisekosten zu rechtfertigen.
5. Die Kosten mehrerer Verteidiger werden außer bei einem notwendigen Verteidigerwechsel nur insoweit erstattet, als sie die Kosten eines Verteidigers nicht überschreiten oder in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.
6. Werden mehrere Pflichtverteidiger bestellt, kann jeder dieser Pflichtverteidiger vom Beschuldigten im Falle seines Freispruchs gem. § 52 Abs. 1 RVG aus der Staatskasse die Zahlung der Wahlverteidigergebühren fordern.
7. Auch beim Zusammentreffen von Pflicht- und Wahlverteidigung sind grds. insgesamt nur die Kosten für einen Verteidiger zu erstatten.
8. Verteidigt sich ein Rechtsanwalt in einer Strafsache selbst, besteht nach h.M. im Falle des Freispruchs kein Anspruch auf Erstattung notwendiger Auslagen aus der Staatskasse.
9. Der Anspruch auf Erstattung notwendiger Auslagen umfasst auch die Entschädigung eines Beteiligten für eine notwendige Zeitversäumnis (zB. Verdienstausfall) und der Fahrtkosten für notwendige Reisen.
10. Als notwendige Auslagen können auch weitere Auslagen wie Dolmetscher- oder Übersetzerkosten oder Kosten für ein Privatgutachten erstattungsfähig sein.
 

Rdn 201

 

Literaturhinweise:

Chemnitz, Ersatz und Erstattung von Anwaltsgebühren in eigener Sache, AGS 2000, 103

Jakubetz, Die Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein Privatgutachten im Prozess, JurBüro 1999, 564

Madert, Zur Erstattung der Kosten eines Wahlverteidigers und eines Pflichtverteidigers nach Freispruch, AGS 2003, 419

Magold, Die Kostentragungspflicht des verurteilten Angeklagten, LIT Verlag, Berlin 2009

Meyer, Zum Auslagenerstattungsanspruch des Verurteilten im Falle eines unechten Teilfreispruchs – Marginalien zur Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO, JurBüro 1994, 518

ders., Zur Tragweite des Kosten- und Auslagenausspruchs einer strafprozessualen Zwischenbeschwerde, JurBüro 1990, 9

ders., Keine Erstattung von Kosten des Verteidigers für Privatgutachten, durch das er sich sachkundig macht, nach § 464a StPO, JurBüro 1990, 1385

Mümmler, Erstattungsfähigkeit von Reisekosten bei Freispruch in Strafsachen DJB 1997, 240

ders., Erstattung der notwendigen Auslagen des Nebenklägers bei endgültiger Einstellung nach § 153a Abs. 1 S. 4 StPO, JurBüro 1996, 124

Neumann, Die Kostentragungspflicht des verurteilten Angeklagten hinsichtlich der Gebühren und Auslagen des "Zwangsverteidigers", NJW 1991, 261

N. Schneider, Reisekosten des auswärtigen Anwalts, AnwBl. 2010, 512

Volpert, Wahlanwaltsgebühren für gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwälte nach §§ 5253 RVG, RVGreport 2004, 133

ders., Abrechnung der Wahlanwaltsgebühren durch den Pflichtverteidiger bei Freispruch des Mandanten – § 52 RVG, RVGreport 2004, 214

ders., Das Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 464b StPO gegen die Staatskasse (Teile 1 bis 3), StRR 2008, 412

StRR 2009, 16 und 52

ders., Pflichtverteidiger und Freispruch – Worauf ist bei der Geltendmachung von Wahlverteidigergebühren zu achten?, RVGreport 2012, 162

ders., Die Erstattung von Reisekosten an den Freigesprochenen im Rahmen der notwendigen Auslagen/Höhe von Reisekosten, StRR 2013, 210

s. i.Ü. die Hinw. bei den u.a. Stichwörtern und bei → Kostenfestsetzung gem. § 464b StPO, Allgemeines, Teil J Rdn 169.

 

Rdn 202

1. Hinsichtlich der im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 464b StPO zu berücksichtigenden Kosten eines Rechtsanwalts (§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO) gilt insbesondere Folgendes:

 

Rdn 203

a) Im Kostenfestsetzungsverfahren wird gem. § 464b StPO insbesondere über die Erstattung der Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts entschieden, den der jeweilige Beteiligte mit seiner Verteidigung bzw. Vertretung beauftragt hat. Nach § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO, § 91 Abs. 2 ZPO wird nur die gesetzliche Vergütung bestehend aus den gesetzlichen Gebühren und Auslagen erstattet, also die im RVG geregelten Gebühren und Auslagen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 464a Rn 11). Eine aufgrund einer Vergütungsvereinbarung (vgl. § 3a RVG) geschuldete Vergütung kann nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens sein (BVerfG NJW 1985, 727; BGH Rpfleger 1979, 412; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV Vorb. 4 Rn 122). Auch wenn das Verfahren besonders umfangreich oder schwierig war, besteht keine Ausnahme (Meyer-Goßner/Schmitt, ...

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