Das Wichtigste in Kürze:

1. Entschädigungspflichtig können über die in § 1 StrEG enthaltenen Urteilsfolgen hinaus die in § 2 StrEG abschließend aufgeführte weiteren Strafverfolgungsmaßnahmen sein.
2. Bei den in § 2 StrEG aufgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen hängt die Entschädigungspflicht in erster Linie von der endgültigen Verfahrensbeendigung ab.
3. Die Entschädigungsfrage tritt nur auf, wenn der Angeklagte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Angeschuldigten abgelehnt oder das Verfahren gegen den Beschuldigten, Angeschuldigten oder Angeklagten eingestellt wurde.
4. U-Haft umfasst vor allem Freiheitsentziehungen aufgrund eines Haftbefehls nach §§ 112, 112a, 230 Abs. 2 StPO.
5. Die in §§ 126a, 81 StPO sowie §§ 73, 109 Abs. 1 JGG geregelten Maßnahmen der einstweilige Unterbringung/Unterbringung zur Beobachtung können ebenfalls eine Entschädigungspflicht auslösen.
6. Nur die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 StPO durch eine Strafverfolgungsbehörde kann einen Entschädigungsanspruch auslösen, nicht dagegen die Festnahme des auf frischer Tat betroffenen Verdächtigen durch jedermann.
7. Bei Maßnahmen nach § 116 StPO können alle richterlichen Maßnahmen schadensauflösend sein.
8. § 2 Abs. 2 Nr. StrEG erfasst Beschlagnahme, Sicherstellung, Arrest, Vermögensbeschlagnahme und Durchsuchung.
9. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO stellt zusammen mit der ihr i.d.R. vorausgehenden Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins neben der U-Haft und der vorläufigen Festnahme die für den Beschuldigten wirtschaftlich einschneidendste und für den Fiskus teuerste Strafverfolgungsmaßnahme dar.
10. Ebenfalls entschädigungsfähig ist das in § 132a StPO geregelte vorläufige Berufsverbot.
11. Da sich die Auswirkungen von Strafverfolgungsmaßnahmen auf den Verfahrensbetroffenen im Ausland von denen im Inland nicht unterscheiden, können schließlich die von deutschen Behörden dort veranlassten Maßnahmen ebenfalls eine Entschädigungspflicht auslösen.
 

Rdn 574

 

Literaturhinweise:

S. a. die Hinw. bei → StrEG-Entschädigung, Allgemeines, Teil I Rdn 281.

 

Rdn 575

1.a) Entschädigungspflichtig können über die in § 1 StrEG enthaltenen Urteilsfolgen hinaus die in § 2 StrEG abschließend aufgeführte weiteren Strafverfolgungsmaßnahmen sein.

 

Rdn 576

b) Nach dem Katalog des § 2 Abs. 2 StrEG fallen unter die anderen Maßnahmen

Unterbringung/Unterbringung zur Beobachtung,
vorläufige Festnahme,
gerichtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Außervollzugsetzung eines Haftbefehls,
Beschlagnahme/Sicherstellung,
Arrest nach den §§ 111d und 111o der StPO
Vermögensbeschlagnahme nach § 111p StPO,
vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis,
vorläufiges Berufsverbot.
 

☆ Keine Maßnahme der Strafverfolgung ist der Freiheitsentzug aufgrund eines Sicherungshaftbefehls (§ 453c StPO), da es sich hierbei um eine Maßnahme der Strafvollstreckung handelt (KG, Beschl. v. 25.2.2005 – 1 AR 139/05, 5 Ws 67/05; JR 1981, 87; OLG Düsseldorf MDR 1982, 958; OLG Schleswig SchlHA 2004, 272). ist der Freiheitsentzug aufgrund eines Sicherungshaftbefehls (§ 453c StPO), da es sich hierbei um eine Maßnahme der Strafvollstreckung handelt (KG, Beschl. v. 25.2.2005 – 1 AR 139/05, 5 Ws 67/05; JR 1981, 87; OLG Düsseldorf MDR 1982, 958; OLG Schleswig SchlHA 2004, 272).

 

Rdn 577

b) Von besonderer Bedeutung ist i.Ü. die U-Haft(§ 2 Abs. 1 StrEG) (vgl. a. Rdn 587 ff.). Wie alle Maßnahmen muss auch die U-Haft vollzogen worden sein. Allein der Erlass eines Haftbefehls reicht nicht aus (KG StRR 2009, 123 [Ls.]; OLG Bamberg NStZ 1989, 668). Vollzogen wird ein Haftbefehl, der im Zeitpunkt der Festnahme des Beschuldigten besteht, nicht erst von dessen Eröffnung nach §§ 114a, 115, 155a StPO an, sondern bereits mit der Ergreifung des Beschuldigten, da Rechtsgrundlage für die Festnahme des Beschuldigten in einem solchen Fall der erlassene Haftbefehl und nicht etwa § 127 Abs. 2 StPO ist. Vollzugsfolgen sind nur dann nach StrEG zu entschädigen, wenn Anordnung und Vollzug rechtmäßig erfolgt sind (OLG Düsseldorf StraFo 2000, 429; a.A. bei einem rechtswidrigen Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO offenbar KG, Beschl. v. 3.7.2000 – 4 Ws 123/00; 1 AR 746/00).

 

☆ Andernfalls sind Ansprüche nach Art 5 Abs. 5 EMRK oder nach § 839 BGB, Art. 34 GG geltend zu machen.Art 5 Abs. 5 EMRK oder nach § 839 BGB, Art. 34 GG geltend zu machen.

 

Rdn 578

c) § 2 Abs. 3 StrEG enthält Maßnahmen mit Auslandsbezug und zwar

(vorläufige) Auslieferungshaft,
Sicherstellung, Beschlagnahme und Durchsuchung im Ausland.
 

Rdn 579

2. Bei den in § 2 StrEG aufgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen hängt die Entschädigungspflicht in erster Linie von der endgültigen Verfahrensbeendigung ab (BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – 3 StR 280/11; OLG Frankfurt NStZ-RR 2006, 159). Solange der Ausgang des Verfahrens nicht feststeht, können die Fragen nach Ausschlussgründen und Billigkeitserwägungen nicht endgültig beantwortet werden.

 

Rdn 580

3. Die Entschädigungsfrage tritt nur auf, wenn der Angeklagte freige...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge