Das Wichtigste in Kürze:

1. § 5 StrEG regelt die Voraussetzungen für den Ausschluss einer Entschädigung.
2. Bei den in Betracht kommenden Maßnahmen betreffend einen Entschädigungsausschluss bei Freiheitsentzug (§ 5 Abs. 1 Nrn. 1, 2 StrEG). handelt es sich um U-Haft, Unterbringung/Unterbringung zur Beobachtung und vorläufige Festnahme.
3. Für den Entschädigungsausschluss bei Entziehung der Fahrerlaubnis und Berufsverbot gilt § 5 Abs. 1 Nr. 3 StrEG.
4. Für den Entschädigungsausschluss bei endgültiger Arrest- oder Einziehungsanordnung bzw. des Unterbleibens aufgrund des Opferschutzes ist auf § 5 Abs. 1 Nr. 4 StrEG zu verweisen.
 

Rdn 323

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → StrEG-Entschädigung, Allgemeines, Teil I Rdn 281.

 

Rdn 324

1. § 5 StrEG regelt die Voraussetzungen für den Ausschluss einer Entschädigung wie folgt:

Abs. 1 enthält Ausschlussgründe im Hinblick auf Verfahrensausgang bzw. -zweck,
Abs. 2 verhaltensbedingte Ausschlussgründe im Ermittlungs- und Hauptverfahren (→ StrEG-Entschädigung, Ausschluss, Verhalten, Teil I Rdn 335) und
Abs. 3 solche im Zusammenhang mit richterlichen Maßnahmen bei Außervollzugsetzung eines Haftbefehls (→ StrEG-Entschädigung, Ausschluss, Obliegenheitsverletzung, Teil I Rdn 314).
 

Rdn 325

2.a) Bei den in Betracht kommenden Maßnahmen betreffend einen Entschädigungsausschluss bei Freiheitsentzug (§ 5 Abs. 1 Nrn. 1, 2 StrEG). handelt es sich um

U-Haft,
Unterbringung/Unterbringung zur Beobachtung und
vorläufige Festnahme.
 

Rdn 326

a) Nach §§ 51 Abs. 1 S. 1 StGB, 52a Abs. 1 S. 1 JGG sind Freiheitsentziehungen auf die ausgeurteilte Freiheits- oder Geldstrafe grds. anzurechnen (OLG Köln, Beschl. v. 27.7.2011 – 2 Ws 400/11). Hatte der Verfahrensbetroffene neben U-Haft auch von deutschen Verfolgungsbehörden veranlasste Auslandshaft erlitten, ist zunächst die im Inland erlittene Untersuchungshaft und erst danach die im Ausland verbüßte Strafhaft anzurechnen (BGH NJW 1990, 1428). Maßgeblich ist bei Auslandshaft allein deren tatsächliche Dauer nach Kalendertagen; der vom Tatrichter bestimmte Anrechnungsmaßstab (§ 51 Abs. 4 S. 2 StGB) bleibt außer Betracht (OLG Düsseldorf NStZ 1988, 371; Kunz, StrEG, § 3 Rn 71).

 

Rdn 327

b) Die Verfolgungsmaßnahme ist auch anzurechnen, wenn der Tatvorwurf, dessentwegen sie vollzogen wurde, nicht zur Verurteilung führt, es im selben Verfahren aber wegen eines anderen angeklagten Delikts zur Verurteilung kommt (Grundsatz der Verfahrenseinheit). Von der zum Anrechnungsvorrang führenden Verfahrenseinheit soll auch dann auszugehen sein, wenn die Aburteilung zwar in getrennten Verfahren erfolgte, beide Verfahren jedoch zur gemeinsamen Entscheidung hätten verbunden werden können (OLG Schleswig MDR 1980, 70).

 

Rdn 328

 

Beispiel:

V ist angeklagt, im Januar einen Diebstahl und im März einen Einbruchsdiebstahl, derentwegen eine dreimonatige Untersuchungshaft vollzogen wird, begangen zu haben. Wegen der des Einbruchsdiebstahls wird er freigesprochen, während er wegen des Diebstahls zur Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung verurteilt wird.

Der Grundsatz der Verfahrenseinheit führt hier zu einem Entschädigungsausschluss nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 StrEG, da die im Verfahren erlittene U-Haft anzurechnen ist. Dies gilt auch im umgekehrten Fall, wenn der Vollzug der Verfolgungsmaßnahme bereits beendet war als die zweite Straftat, derentwegen die Verurteilung erfolgt, begangen wurde (KG, Beschl. v. 28.3.2000 – 4 Ws 62/00; OLG Hamm StV 2008, 365).

 

Rdn 329

Die Verfahrenseinheit wird auch durch Bildung einer Gesamtstrafe (§ 54 StGB) hergestellt, wenn in diese – etwa im Berufungsrechtszug – weitere Verurteilungen einbezogen werden (OLG Schleswig NJW 1978, 115). Schließlich gilt das auch für die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (OLG Rostock, Beschl. v. 23.8.2012 – I Ws 155/12), weil die Rspr. seit Mitte der 1990er Jahre anerkennt, dass auch verfahrensfremde U-Haft angerechnet werden muss (vgl. BVerfG NStZ 1994, 607; 2000, 277; 2001, 501; BGHSt 43, 112, 116 m. Anm. Stree NStZ 1998, 134).

 

Rdn 330

Einen Anrechnungsvorrang normiert auch § 453c Abs. 2 S. 1 StPO mit der Folge, dass im Fall eines zunächst vollzogenen Sicherungshaftbefehls, der später aufgehoben wird, weil es im Beschwerdeverfahren nicht zum Widerruf der Strafaussetzung kam, der Verurteilte wegen der erlittenen Haft, die gemäß auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird, keine Entschädigung aus der Staatskasse verlangen kann (OLG Karlsruhe MDR 1977, 600).

 

☆ Künftig wird auch der Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung auf die Strafe in anderer Sache angerechnet werden müssen, wenn ein Härtefall vorliegt, da das BVerfG § 67 Abs. 4 StGB mit Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG insoweit für unvereinbar erklärt hat, als die Vorschrift es ausnahmslos – ohne eine Möglichkeit der Berücksichtigung von Härtefällen – ausschließt, die Zeit des Vollzugs einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung auf Freiheitsstrafen aus einem anderen Urteil als demjenigen, in welchem dies...

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