Das Wichtigste in Kürze:

1. Nach einer strafrechtlichen Verurteilung kann eine Gewerbeuntersagung gem. § 35 GewO oder eine Rücknahme bzw. ein Widerruf (§ 15 Abs. 2 GewO i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG) einer erteilten Erlaubnis oder die Nichterteilung einer beantragten Erlaubnis erfolgen.
2. § 35 Abs. 3 GewO umschreibt die Bindungswirkung einer strafrechtlichen/bußgeldrechtlichen Verurteilung für das Untersagungsverfahren.
3. Die Behörde erfährt von Tatsachen, die ggf. eine gewerberechtliche Maßnahme rechtfertigen, i.d.R. also Verurteilungen, über das FAER), das BZR und das Gewerbezentralregister (GZR).
4. Bei der Untersagung handelt es sich um einen Verwaltungsakt.
5. Materiell-rechtlich ist der zentrale Begriff die Zuverlässigkeit.
 

Rdn 862

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Gewerbetreibende, Allgemeines, Teil H Rdn 844.

 

Rdn 863

1. Nach strafrechtlicher Verurteilung kann eine Gewerbeuntersagung gem. § 35 GewO (keine vorherige Erlaubnis, nur Anzeige; vgl. Rdn 865) oder eine Rücknahme bzw. ein Widerruf (§ 15 Abs. 2 GewO i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG) einer erteilten Erlaubnis oder die Nichterteilung einer beantragten Erlaubnis erfolgen. Für das Markt- und Reisegewerbe gelten die §§ 59, 70a GewO, für andere Gewerbe finden sich Spezialgesetze z.B. in § 15 GastG, § 25 PBefG, § 41 WaffG und § 20 BImSchG.

 

Rdn 864

Die Behörde hat Ermessen. Es gelten das jeweilige VwVfG und dann der Verwaltungsrechtsweg.

 

☆ Es ist immer darauf zu achten, dass eine Widerrufsverfügung auch den wirklich Verantwortlichen trifft (z.B. bei Eheleuten, Personenmehrheiten usw.). immer darauf zu achten, dass eine Widerrufsverfügung auch den "wirklich" Verantwortlichen trifft (z.B. bei Eheleuten, Personenmehrheiten usw.).

 

Rdn 865

2. § 35 Abs. 3 GewO umschreibt die Bindungswirkung einer strafrechtlichen/bußgeldrechtlichen Verurteilung für das Untersagungsverfahren, hingegen nicht für das Erlaubnisverfahren. Danach darf die Behörde zuungunsten des Gewerbetreibenden nicht von den Feststellungen des Strafgerichts abweichen, insofern dieses den Sachverhalt feststellt, die Schuldfrage beurteilt und zur Frage Stellung nimmt, ob wegen Wiederholungsgefahr ein Berufsverbot gem. § 70 StGB angebracht ist. Dies gilt auch für ein vorläufiges Berufsverbot gem. § 132a StPO, einen Strafbefehl und eine die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnende Gerichtsentscheidung.

 

Rdn 866

Die Bindungswirkung greift mit Erlass der Entscheidung. Auf die Rechtskraft kommt es nicht an. Die Behörde kann vorher selbst entscheiden (d.h. sie muss das Strafverfahren nicht abwarten). Sollte erst nachträglich, also nach Erlass der Untersagungsverfügung, eine der o.a. Entscheidungen ergehen, die dazu führt, dass die Verfügung nicht hätte ergehen dürfen, stehen dem Gewerbetreibenden bei Bestandkraft des Bescheides eine Wiederaufgreifen (§ 51 VwVfG) und ansonsten Widerspruch zu.

 

☆ Im Erkenntnisverfahren sollte der Verteidiger versuchen, das Strafgericht zu Ausführungen vom Absehen eines Berufsverbotes zu veranlassen, da das fast einer Sperrwirkung für die Behörde gleichkommt. Bei der Behörde sollte später ggf. mit Beweisanträgen auf ein Abweichen zugunsten des Gewerbetreibenden gedrängt werden.Erkenntnisverfahren sollte der Verteidiger versuchen, das Strafgericht zu Ausführungen vom Absehen eines Berufsverbotes zu veranlassen, da das fast einer Sperrwirkung für die Behörde gleichkommt. Bei der Behörde sollte später ggf. mit Beweisanträgen auf ein Abweichen zugunsten des Gewerbetreibenden gedrängt werden.

Bei schlechter Ausgangslage im Strafverfahren Strafbefehlsverfahren vorschlagen, weil dort kein Berufsverbot verhängt werden darf und damit auch keine Aussage dazu im Strafverfahren getroffen wird.

 

Rdn 867

3. Die Behörde erfährt von Tatsachen, die ggf. eine gewerberechtliche Maßnahme rechtfertigen, i.d.R. also Verurteilungen, über das FAER), das BZR und das Gewerbezentralregister (GZR). Eintragungen im FAER werden nicht in das GZR eingetragen. Eintragungen im GZR (s. §§ 149, 151 GewO) werden nicht ins BZR eingetragen. Es besteht ein Verwertungsverbot für vorherige Eintragungen in den Registern, wenn sie nach dem jeweiligen Registergesetz gelöscht sind bzw. zu löschen gewesen wären. Das Finanzamt darf gem. § 30 Abs. 4 AO den Gewerbeaufsichtsbehörden Mitteilung machen.

 

Rdn 868

4. Bei der Untersagung handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Es wird für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung angenommen (BVerwG NZI 2015, 776 m.w.N.). Gem. § 35 Abs. 6 GewO kann dem Gewerbetreibenden die persönliche Ausübung auf Antrag wieder gestattet werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen. In der Regel ist dies erst ein Jahr nach Durchführung der Untersagungsverfügung möglich, vorher nur wenn besondere Gründe vorliegen.

 

☆ Bei Gefahr der Untersagung kann der Gewerbetreibende gem. § 35 Abs. 2 GewO einen zuverlässigen Stellvertreter benennen und die Fortführung durch ihn beantragen. Wenn die Voraussetzungen für die Zuverlässigkeit wieder hergestellt werden können, empfiehlt es sich dies...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge