Das Wichtigste in Kürze:

1. Die KV hat bei der schuldhaften Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Möglichkeit entweder ein Verfahren auf Entziehung der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung oder ein Disziplinarverfahren einzuleiten.
2. Die Entscheidung welches Verfahren gewählt/eingeleitet wird, kann u.a. davon abhängen, welcher Vorwurf dem Arzt gemacht wird.
3. Für einen Entzug der Kassenzulassung müssen grobe Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten vorliegen.
4. Der Arzt kann auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung auch von sich aus verzichten.
5. Wird während eines strafrechtlichen EV der KV die Verletzung vertragsärztlicher Pflichten bekannt, kann die KV ein Disziplinarverfahren gem. § 81 Abs. 5 SGB V i.V.m. der je nach Bundesland einschlägigen Disziplinarordnung oder Satzung der einleiten.
 

Rdn 57

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Akademischen Heilberufe, Allgemeines, Teil H Rdn 2.

 

Rdn 58

1. Die KV hat bei der schuldhaften Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Möglichkeit entweder ein Verfahren auf Entziehung der Teilnahme (vgl. Rdn 62) an der vertragsärztlichen Versorgung oder ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Die Entziehung setzt grobe Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten voraus, das Disziplinarverfahren schuldhafte Verletzung vertragsärztlicher Pflichten.

 

Rdn 59

Die KV wird i.d.R. von der Ärztekammer, Patienten und/oder Kollegen informiert. Praktisch einschlägig sind die Verletzungen der Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung, der Mitwirkungs- sowie Dokumentationspflichten. In der Praxis werden allerdings nur wenige Verfahren wenige Verfahren eingeleitet.

 

Rdn 60

2.a) Die Entscheidung, welches Verfahren gewählt/eingeleitet wird, kann u.a. davon abhängen (s. hierzu: Krauskopf/Sproll, § 81 SGB V Rn 45 m.w.N.), was vorgeworfen wird und ob man den Eindruck hat, dass das Verhalten des Arztes besserbar sein wird. Ist Letzteres der Fall, wird "nur" Disziplinarverfahren eingeleitet, anderenfalls das Entziehungsverfahren. Ist Nachbesserung bereits eingetreten, kann ggf. von jeglichem Verfahren abgesehen werden.

 

☆ D.h., dass der Verteidiger dem Mandanten raten sollte, die Zwischenzeit zu nutzen (Kurse, Therapien etc.), um die tatsächlichen Umstände zu ändern, indem z.B. Abläufe, die zu dem schuldhaften Verhalten geändert werden.Zwischenzeit zu nutzen (Kurse, Therapien etc.), um die tatsächlichen Umstände zu ändern, indem z.B. Abläufe, die zu dem schuldhaften Verhalten geändert werden.

 

Rdn 61

b) Eine Bindungswirkung zwischen Disziplinar-/Entziehungsverfahren und Strafverfahren gibt es nicht. Manche KV warten ein Strafverfahren ab, andere nicht. Oft benötigt die KV jedoch die Informationen der StA und wartet deshalb ab. Der Verteidiger sollte daher die jeweilige Vorgehensweise der KV erfragen und sich insoweit in der einschlägigen Satzung kundig machen.

 

☆ Es sollte bei einer Einstellung gem. § 153a StPO im Strafverfahren im Hinblick auf etwaige Folgen kein Schuldeingeständnis formuliert werden (vgl. zur Einstellung nach § 153a StPO Burhoff , EV, Rn 1722 ff.).Strafverfahren im Hinblick auf etwaige Folgen kein Schuldeingeständnis formuliert werden (vgl. zur Einstellung nach § 153a StPO Burhoff, EV, Rn 1722 ff.).

 

Rdn 62

3.a) Für einen Entzug der Kassenzulassung müssen grobe Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten vorliegen (zur Rechtsprechung hierzu s.: Spickhoff/Jaeger, § 95 SGB V Rn 47 ff; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 20 Rn 108 und Krauskopf/Gerlach, § 95 SGB V Rn 133). Grundlage für einen Entzug sind häufig

Abrechnungsverstöße,
Verstöße gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung,
fortgesetzte Verstöße gegen administrative Pflichten und
gegen das Gebot wirtschaftlicher Behandlungs- und Verordnungsweise
sowie die pflichtwidrige Weigerung einer Behandlung im Sachleistungssystem.
 

☆ Auch hier steht das Verfahren neben dem Strafverfahren. Es gibt keine Bindungswirkung . Die Zulassungsentziehung ist keine disziplinare Maßnahme.keine Bindungswirkung. Die Zulassungsentziehung ist keine disziplinare Maßnahme.

 

Rdn 63

b) Die Rechtsgrundlage für den dauerhaften Entzug der kassenärztlichen Zulassung ergibt sich aus § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 ÄrzteZV. Insoweit gilt:

Es werden Ausschüsse (Zulassungsausschuss, bestehend aus drei ärztlichen Vertretern der KV und drei Vertretern der Krankenkassen, § 34 ÄrzteZV) gebildet, die dann die Entziehung der Zulassung anordnen können, und zwar u.U. auch mit sofortiger Vollziehbarkeit).
Gegen diese Maßnahme gibt es i.d.R. einen Widerspruchsausschuss (= Berufungsausschuss, bestehend aus einem Vorsitzenden mit Befähigung zum Richteramt und drei ärztlichen Vertretern der KV sowie drei Vertretern der Krankenkassen, § 35 ÄrzteZV) und
dagegen die Anfechtungsklage zum SG.
 

☆ Die Anordnung des sofortigen Vollzugs stellt die Ausnahme dar und wird von den Gerichten oftmals als unverhältnismäßig angesehen (s. z.B. Entscheidung des BVerfG v. 8.11.2010 – 1 BvR 722/10). Entscheidend für den gerichtlichen Prüfungszeitraum ist die le...

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