Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Anforderungen des BVerfG an die Sicherungsverwahrung finden ihre verfahrensrechtliche Umsetzung insbesondere in § 119a StVollzG.
2. Die Regelung des § 119a StVollzG wirkt wie ein Fremdkörper innerhalb der Vorschriften der §§ 109 ff. StVollzG. Abweichend von den sonstigen verfahrensrechtlichen Regelungen ist z.B. ein Antrag des Strafgefangenen nicht erforderlich. Dem Strafgefangenen ist auf jeden Fall von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen.
3. Gegen die Entscheidung der StVK stehen allein dem Strafgefangenen und der Vollzugsbehörde, nicht aber der StA das Rechtsmittel der Beschwerde offen.
 

Rdn 271

 

Literaturhinweise:

Baier, Neue gerichtliche Aufgaben auf dem Gebiet der Sicherungsverwahrung, DRiZ 2014, 138

ders., Probleme bei Vollstreckung und Vollzug der Sicherungsverwahrung, StraFo 2014, 397

Lesting/Feest, Die Neuregelungen des StVollzG durch das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung, StV 2013, 278

Renzikowski, Abstand halten! – Die Neuregelung der Sicherungsverwahrung, NJW 2013, 1638

Schäfersküpper/Grote, Vollzug der Sicherungsverwahrung, NStZ 2013, 447

Wolf, Sicherungsverwahrung – neue Regelungen für Rechtspfleger, Rpfleger 2013, 365

s.a. die Hinweise bei → Sicherungsverwahrung, Allgemeines, Teil A Rdn 538

→ Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil C Rdn 179 m.w.N.

 

Rdn 272

1.b) Mit Einführung des § 66c StGB durch das Gesetz zur bundesrechtlichen Absicherung des Abstandsgebots in der Sicherungsverwahrung vom 5.12.2012 (BGBl I, S. 2425) sind in Umsetzung der Anforderungen des BVerfG (NJW 2011, 1931) ausdrückliche Regelungen zur Festschreibung des Trennungs- und Abstandsgebots des Vollzugs der Sicherungsverwahrung zum Strafvollzug, aber auch gleichzeitig ausdrückliche Anordnungen zum therapieorientierten Vollzug getroffen worden, welche sämtlich dem vorrangigen Ziel dienen, die "Gefährlichkeit" des Sicherungsverwahrten "für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann" (§ 66c Abs. 1 Nr. 1b StGB). An diesem vorrangigen Ziel soll gem. § 66c Abs. 2 StGB auch bereits die der Sicherungsverwahrung vorangehende Strafvollstreckung in besonderem Maße orientiert sein mit der Folge, dass hinsichtlich zu gewährender Behandlungsangebote eine Privilegierung der Strafgefangenen mit anschließender Sicherungsverwahrung gegenüber den "normalen" Strafgefangenen ausdrücklich normiert worden ist (OLG Celle Nds.Rpfl. 2015, 25; OLG Hamm, Beschl. v. 28.4.2014 – 1 Vollz [Ws] 28/14; vgl. a. → Sicherungsverwahrung, Allgemeines, Teil A Rdn 537 m.w.N.).

 

Rdn 273

b) Diese Regelung findet ihre verfahrensrechtliche Umsetzung insbesondere in § 119a StVollzG. Dieser führt ein System periodischer gerichtlicher Kontrolle ein, um zu überprüfen, ob dem Strafgefangenen eine den Leitlinien des § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB entsprechende Behandlung zur Reduzierung seiner Gefährlichkeit angeboten worden ist. Unliebsame Überraschungen am Ende des Strafvollzugs sollen somit vermieden werden (BT-Drucks 17/9874, S. 28). Die Prüfung ist dabei zweigeteilt: Das Gericht hat zunächst festzustellen, ob im zurückliegenden Zeitraum die erforderliche Betreuung angeboten worden ist. Im verneinenden Fall hat das Gericht sodann festzuschreiben, welche Maßnahmen die Vollzugsbehörde dem Strafgefangenen künftig anzubieten hat (§ 119a Abs. 1 StVollzG).

 

§ 66c Abs. 2 StGB verweist lediglich auf § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB! Für das Verfahren nach § 119a StVollzG bedeutet dies, dass etwa die Verpflichtung zur Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen im Sinne des § 66c Abs. 3 Buchst. a StGB keinen Gegenstand der gerichtlichen Prüfung bildet ( Baier DRiZ 2014, 138, 142; Baier , StraFo 2014, 397, 402; Wolf Rpfleger 2014, 365, 366).verweist lediglich auf § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB! Für das Verfahren nach § 119a StVollzG bedeutet dies, dass etwa die Verpflichtung zur Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen im Sinne des § 66c Abs. 3 Buchst. a StGB keinen Gegenstand der gerichtlichen Prüfung bildet (Baier DRiZ 2014, 138, 142; Baier, StraFo 2014, 397, 402; Wolf Rpfleger 2014, 365, 366).

 

Rdn 274

2.a) Die Regelung des § 119a StVollzG wirkt dabei wie ein Fremdkörper innerhalb der Vorschriften der §§ 109 ff. StVollzG. Sie orientiert sich zwar formell durch den Verweis in § 119a Abs. 6 S. 3 StVollzG auf mehrere dieser Normen am strafvollzuglichen Verfahrensrecht, weist aber abweichend davon erhebliche Besonderheiten auf. Zudem ist der vom Gesetzgeber angeordnete Rückgriff auf die §§ 109 ff. StVollzG in manchen Punkten schwer nachvollziehbar. Die teilweise inhaltsgleiche Prüfung kurz vor Beginn (§ 67c Abs. 1 Nr. 2 StGB) und während des Vollzugs der Sicherungsverwahrung (§ 67d Abs. 2 StGB) erfolgt prozessual nach den Vorschriften der StPO, was insbesondere Unterschiede bei der Zuständigkeit des Gerichts und der Beteiligung der StA zur Folge hat.

 

Rdn 275

b) Abweichend von den ...

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