Das Wichtigste in Kürze:

1. Die in §§ 109 ff. StVollzG vorgesehenen Hauptsacheantragsarten orientieren sich in Konzeption und Inhalt an denen, die die §§ 42 ff. VwGO im Bereich öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten vorsehen (Anfechtungs-, Verpflichtungs-, Vornahmeantrag). Die Möglichkeit eines allgemeinen Leistungsantrags oder Feststellungsantrags ist in den §§ 109 ff. StVollzG zwar nicht vorgesehen, wird aber von der h.M. bei Vorliegen eines qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses angenommen.
2. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit durch das Gericht richtet sich der maßgebliche Zeitpunkt nach der Struktur der Vollzugsmaßnahme.
3. Ein Nachschieben von Gründen ist nach h.M. unzulässig.
 

Rdn 254

 

Literaturhinweise:

Helmken, Vornahmeantrag oder Feststellungsantrag?, ZfStrVo 1984, 270

s. a. die Hinw. bei → Strafvollzug, Erwachsene, Gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil C Rdn 2.

 

Rdn 255

1. Die in §§ 109 ff. EGVG vorgesehenen Hauptsacheantragsarten orientieren sich in Konzeption und Inhalt an den Klagearten, die die §§ 42 ff. VwGO im Bereich öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten vorsehen (Peglau NJW 2014, 2012).

 

Rdn 256

a) Der Anfechtungsantrag (§ 109 Abs. 1 S. 1 StVollzG) ist darauf gerichtet, eine rechtswidrige Maßnahme aufzuheben, durch die der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist (§ 115 Abs. 2 S. 1 StVollzG). Ist die Maßnahme bereits vollzogen worden, wirkt aber noch fort, kommt zusätzlich ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht (§ 115 Abs. 2 S. 2 StVollzG).

 

Rdn 257

 

Beispiel:

Die Ablösung eines Strafgefangenen aus der Sozialtherapie stellt eine belastende Maßnahme dar, die mit dem Anfechtungsantrag angegriffen werden kann. Ist der Strafgefangene bereits in den normalen Justizvollzug zurückverlegt worden, besteht bei erfolgreichem Antrag ein Folgenbeseitigungsanspruch auf Rückverlegung. Eines Verpflichtungsantrages bedarf es insoweit nicht (OLG Celle, Beschl. v. 27.8.2015 – 1 Ws 352/15 (StrVollz).

Hat sich die Maßnahme durch Wegfall der unmittelbaren Rechtsbetroffenheit des Antragstellers erledigt, sieht § 115 Abs. 3 StVollzG die Möglichkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags vor (→Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Erledigung, Teil C Rdn 324 ff.).

 

Rdn 258

b) Mit dem Verpflichtungsantrag (§ 109 Abs. 1 S. 2 StVollzG) wird der Erlass einer beantragten und von der Behörde abgelehnten Maßnahme begehrt.

 

☆ Ist bei der zuständigen Behörde noch gar kein Antrag auf Erlass einer konkreten Maßnahme gestellt , ist ein Verpflichtungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (OLG Celle, Beschl. v. 3. 2. 2015 – 1 Ws 543/14 [StrVollz]; s.a. OLG München FS 2015, 64 [StVK darf nicht mehr zusprechen, als ursprünglich bei der JVA beantragt]). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt! Ein Antragsteller kann etwa gegen die im Vollzugsplan festgeschriebene fehlende Eignung zur Gewährung von Vollzugslockerungen mit einem Verpflichtungsantrag auch vorgehen, wenn er noch keine Lockerungen beantragt hat (BVerfG StraFo 2006, 429, 430).noch gar kein Antrag auf Erlass einer konkreten Maßnahme gestellt, ist ein Verpflichtungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (OLG Celle, Beschl. v. 3. 2. 2015 – 1 Ws 543/14 [StrVollz]; s.a. OLG München FS 2015, 64 [StVK darf nicht mehr zusprechen, als ursprünglich bei der JVA beantragt]). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt! Ein Antragsteller kann etwa gegen die im Vollzugsplan festgeschriebene fehlende Eignung zur Gewährung von Vollzugslockerungen mit einem Verpflichtungsantrag auch vorgehen, wenn er noch keine Lockerungen beantragt hat (BVerfG StraFo 2006, 429, 430).

 

Rdn 259

Handelt es sich um eine Maßnahme, deren Erlass in das Ermessen der Vollzugsbehörde gestellt ist, kann ein Verpflichtungsantrag regelmäßig nur dann vollumfänglichen Erfolg haben, wenn er mit dem Ziel gestellt wird, die Vollzugsbehörde zu verpflichten, nach Aufhebung des erlassenen ablehnenden Bescheides den Antrag des Antragstellers neu zu bescheiden (§ 115 Abs. 4 S. 2 StVollzG). Nur im Fall von Spruchreife (also einer gebundenen Entscheidung oder einer Ermessensreduzierung auf Null) kann das Gericht die Behörde zur Vornahme der begehrten Maßnahme verpflichten (§ 115 Abs. 4 S. 1 StVollzG).

 

☆ Der Verfahrensbevollmächtigte ist daher gut beraten, das Ziel des Verpflichtungsantrages deutlich herauszuarbeiten , um eine ggf. zum NachTeil des Antragstellers ergehende Kostenentscheidung (§ 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO) zu vermeiden ( Arloth , § 83 Rn 11).Ziel des Verpflichtungsantrages deutlich herauszuarbeiten, um eine ggf. zum NachTeil des Antragstellers ergehende Kostenentscheidung (§ 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO) zu vermeiden (Arloth, § 83 Rn 11).

 

Rdn 260

Ob bei Wegfall der unmittelbaren Rechtsbetroffenheit des Antragstellers im Fall eines Verpflichtungsbegehrens ebenfalls ein Fortsetzungsfeststellungsantrag möglich ist, ist umstritten (→Strafvollzug, Erwachsene, gerichtliche Entscheidung, Erledigung, Teil C Rdn 324).

 

Rdn ...

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