Rdn 34

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Menschenrechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 2.

 

Rdn 35

1. Die Partei- und Prozessfähigkeit ist in Art. 34 S. 1 EMRK geregelt. Für die Parteifähigkeit (vgl. Rdn 37 ff.) wird ausschließlich verlangt, dass der Beschwerdeführer Träger der in der EMRK oder ihren Zusatzprotokollen gewährleisteten Rechte sein kann.

 

☆ Eine besondere Prozessfähigkeit ist in der Konvention nicht ausdrücklich geregelt. Allgemein wird hierunter die Fähigkeit verstanden, Prozesshandlungen selbst oder durch einen Vertreter wirksam vorzunehmen (vgl. Rdn  36 ).besondere Prozessfähigkeit ist in der Konvention nicht ausdrücklich geregelt. Allgemein wird hierunter die Fähigkeit verstanden, Prozesshandlungen selbst oder durch einen Vertreter wirksam vorzunehmen (vgl. Rdn 36).

 

Rdn 36

2. Die Prozessfähigkeit wird vor dem Hintergrund des durch die Konvention zu gewährleistenden Menschenrechtsschutzes grds. unterstellt (Frowein/Peukert/Peukert, Art. 34 EMRK Rn 20 f.). Auch geschäfts- und schuldunfähige, unter Betreuung stehende, untergebrachte oder minderjährige Personen sind mithin in der Lage, ein Konventionsrecht prozessual (selbst) geltend zu machen (vgl. z.B. EGMR, Urt. v. 6.12.2001 – 31178/96 [Petersen/Deutschland], NJW 2003, 1921).

 

Rdn 37

3.a) Für die Parteifähigkeit i.S.d. Art. 34 S. 1 EMRK gilt dies für natürliche Personen mehr oder weniger entsprechend. Diese sind grds. uneingeschränkt parteifähig. Der Beschwerdeführer muss nicht Staatsangehöriger der beschwerdegegnerischen Vertragspartei sein, auch Ausländer oder Staatenlose sind parteifähig. Ebenso wenig spielt das Alter, die Schuld- oder Geschäftsfähigkeit oder persönliche Verfehlungen (Ausnahme: Art. 17 EMRK [Missbrauch der Rechte]) eine Rolle (s. aber → Menschenrechtsbeschwerde, Opfereigenschaft, Teil C Rdn 227). Auch Strafgefangene sind daher parteifähig (EGMR [GK], Urt. v. 6.10.2005 – 74025/01 [Hirst/Vereinigtes Königreich Nr. 2] – Wahlrecht für Strafgefangene).

 

Rdn 38

b) Im Hinblick auf nicht staatliche Organisationen und Personengruppen ist stets die Fähigkeit und das Ziel der Geltendmachung eigener Rechte und nicht lediglich solcher der Mitglieder maßgeblich (Frowein/Peukert/Peukert, Art. 34 EMRK Rn 18). Bei der Abgrenzung einer nicht staatlichen von einer staatlichen Organisation kann der Grad der Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme entscheidend sein. Nicht parteifähig sind Gebietskörperschaften und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit diese an der Ausübung von Hoheitsgewalt teilnehmen oder unter staatlicher Kontrolle öffentliche Versorgungsaufgaben erfüllen.

 

Rdn 39

Bei der Bezeichnung "Personengruppen" handelt es sich im Ergebnis um eine Klarstellung der Zulässigkeit von Sammelklagen (vgl. auch Karpenstein/Mayer/Schäfer, Art. 34 EMRK Rn 48 m.w.N.). Verschiedene Opfer einer einheitlichen Konventionsverletzung können gemeinsam Beschwerde einlegen (→ Menschenrechtsbeschwerde, Vollmacht, Teil C Rdn 405). Jedes Mitglied dieser Personengruppe muss sich dabei auf die Verletzung eigener Rechte berufen können. Hierdurch wird die Abgrenzung einer Sammelklage von einer (unzulässigen) Popularklage gewährleistet.

Siehe auch: → Menschenrechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 1, m.w.N.

[Autor] Hagmann/Oerder

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