Rdn 994

 

Literaturhinweise:

S. die Hinweise bei → Maßregeln, Erwachsene, Allgemeines, Teil B Rdn 959 m.w.N.

 

Rdn 995

1. In der Behandlung von Untergebrachten kommt der Nachsorge im Anschluss an die stationäre Behandlungsphase eine zentrale rückfallpräventive Bedeutung zu. Strafrechtlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist die mit der (bedingten) Entlassung aus der Unterbringung eintretende Führungsaufsicht (→ Führungsaufsicht, Allgemeines, Teil B Rdn 482). Die Führungsaufsicht soll eine nachsorgende Betreuung von Täterinnen und Tätern gewährleisten, deren gesellschaftliche Wiedereingliederung nach ihrer Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug gefährdet erscheint und die daher im Besserungs- und im Sicherungsinteresse in besonderem Maße kontrollierender Begleitung und Unterstützung bedürfen (vgl. BT-Drucks 16/1993). Sie hat also eine Doppelfunktion: Gefährliche oder gefährdete Täter sollen einerseits bei der Gestaltung ihres Lebens in der Freiheit über gewisse kritische Zeiträume unterstützt und betreut ("Resozialisierungshilfe") und andererseits zum Schutz der Allgemeinheit überwacht werden, um sie von künftigen Straftaten abzuhalten (Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 68 Rn 3).

 

Rdn 996

2. Ziel der Nachsorge ist mithin eine positive wie negative Spezialprävention: Durch Maßnahmen der Betreuung und Überwachung soll eine erneute Straffälligkeit der verurteilten Person nach ihrer Entlassung vermieden werden (BT-Drucks 17/3403, S. 13).

 

Rdn 997

In dieser Phase sind zahlreiche Personen und Institutionen tätig:

Maßregelvollzugseinrichtung,
ggf. Justizvollzugsanstalt,
StA (als Vollstreckungsbehörde und ggf. als Strafverfolgungsbehörde),
Gericht (insbesondere StVK),
Führungsaufsichtsstelle (§ 68a StGB, § 463a StPO),
Bewährungshelferin/Bewährungshelfer (§ 68a StGB, § 463a StPO),
forensische Ambulanz (§ 68a Abs. 7 und Abs. 8 StGB),
Therapieeinrichtung,
Polizei/Ordnungsbehörde,
Betreuer
 

Rdn 998

3.a) Dem (rechtlich vorgesehenen – zu vgl. § 68a Abs. 2, 8 StGB) Informationsaustausch kommt erhebliche Bedeutung für die nachsorgende Betreuung zu (vgl. Kamann, Rn 128; → Führungsaufsicht, Allgemeines, Teil B Rdn 482 m.w.N.

 

☆ Die Begleitung und Koordinierung der Resozialisierungshilfe ist zwar nicht originäre Aufgabe eines Verteidigers, steht jedoch im Interesse des Verurteilten , damit es nicht wieder zu einem Verteidigungsfall kommt.Koordinierung der Resozialisierungshilfe ist zwar nicht originäre Aufgabe eines Verteidigers, steht jedoch im Interesse des Verurteilten, damit es nicht wieder zu einem "Verteidigungsfall" kommt.

b) Die beteiligten Institutionen haben im Wesentlichen folgende Aufgaben:

 

Rdn 999

 

Führungsaufsichtsstelle

Nach Eintritt der Führungsaufsicht betreut die Führungsaufsichtsstelle den Verurteilten im Einvernehmen mit der Bewährungshilfe, wobei die eigentliche Betreuungsarbeit die Bewährungshilfe leistet. Der Führungsaufsichtsstelle obliegt primär die Aufsicht über die Probanden und die Überwachung der Weisungen. Die Befugnisse der Führungsaufsichtsstelle ergeben sich aus § 463a StPO.
 

Rdn 1000

 

Bewährungshilfe

Die Unterstellung des Verurteilten unter die Leitung und Aufsicht eines Bewährungshelfers ist in § 68a Abs. 1 StGB vorgesehen; der Bewährungshelfer ist für die Betreuung des Verurteilten erster Ansprechpartner. Dass der Verurteilte seiner Pflicht nachkommt, Kontakt zur Bewährungshilfe zu halten, ist Grundlage der Resozialisierungshilfe.
 

Rdn 1001

 

Forensische Ambulanz:

Für die Überleitung von der stationären Unterbringung in Nachsorgemaßnahmen ist in erster Linie die bisher behandelnde Maßregelvollzugseinrichtung zuständig. Danach ist die Forensische Nachsorge-Ambulanz das Bindeglied zwischen der Maßregelvollzugseinrichtung und den an der Nachsorge beteiligten Personen und Einrichtungen.
Die Forensische Ambulanz hat die Aufgabe, deliktfördernde, personelle, situative bzw. soziale Veränderungen bei dem Verurteilten – ggf. durch Kontrollen, aufsuchende Kontakte und durch wiederkehrende Risikoeinschätzungen – zu erkennen. Sofern konkrete Anhaltspunkte für einen drohenden Deliktrückfall vorliegen, wird die Forensische Ambulanz die zuständigen Stellen der Justiz informieren. Die Hauptaufgaben der forensischen Nachsorge bestehen darin, die Entlassenen bei ihrer weiteren Verselbstständigung zu unterstützen, krisenhafte Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um der Gefahr erneuter Straftaten entgegenzuwirken (zu vgl. https://www.lwl.org/LWL/Gesundheit/Massregelvollzug/Kliniken/LWL_Therapiezentrum_Bilstein/Konzepte/Forensische_Nachsorge_Ambulanz/). Im Rahmen von Helferkonferenzen werden alle relevanten Informationen zusammengetragen, notwendige Interventionen veranlasst und verbindliche Absprachen auch mit den Verurteilten getroffen. Ggf. wird die Betreuung von einem Fallkoordinator "Case-Management" koordiniert.
Die Grundlagen und rechtlichen Voraussetzungen für Nachsorgekonzepte ergeben sich aus den Maßregelvollzugsgesetzen der Länder (z.B. § 1 Abs. 3 MRV...

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