Das Wichtigste in Kürze:

1. War das Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich, hat der Antragsteller also den Wegfall oder die Milderung einer früheren Verurteilung erreicht, können ihm Entschädigungsansprüche nach dem StrEG zustehen.
2. Das Gericht muss von Amts wegen und i.d.R. sogleich über den Entschädigungsanspruch entscheiden.
3. Im Grundverfahren wird nur über den Anspruch dem Grunde nach entschieden.
4. Im Betragsverfahren wird anschließend die Höhe der zu zahlenden Entschädigung ermittelt.
5. Im Betragsverfahren ist der Anspruch auf Entschädigung bei derjenigen StA geltend zu machen, die zuletzt die Ermittlungen im ersten Rechtszug geführt hat Der Antrag ist binnen sechs Monaten ab Belehrung über die Möglichkeit der Antragstellung zu stellen.
6. Die StA prüft und entscheidet sodann über den Antrag.
7. Gegen die Entscheidung der StA steht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen.
 

Rdn 1262

 

Literaturhinweise:

Forkert-Hasser, Die Entschädigung des Verurteilten nach erfolgreicher Wiederaufnahme, in: Miebach/Hohmann, Wiederaufnahme in Strafsachen, 2016, Kap. L

Kotz, Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 1, StRR 2010, 164

ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 2, StRR 2010, 204

ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 3, StRR 2010, 244

Kunz, Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen: StrEG, 4. Aufl. 2010

D. Meyer, StrEG. Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, 9. Aufl. 2014 (zitiert: D. Meyer, Paragraf und Rn)

Seier, Bilanz und Analyse der neueren Rechtsprechung zum strafprozessualen formellen Kostenrecht NStZ 1982, 270

s.a. die Hinw. bei → Wiederaufnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 1054, und bei Burhoff/Kotz/Kotz, Nachsorge, Teil I Rn 281.

 

Rdn 1263

1. Das auch für das Wiederaufnahmeverfahren geltende Entschädigungsverfahren ist im Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG), geregelt. Nach § 1 StrEG wird derjenige, der durch eine strafgerichtliche Verurteilung einen Schaden erlitten hat, aus der Staatskasse entschädigt, soweit die Verurteilung im Wiederaufnahmeverfahren oder sonst, nachdem sie rechtskräftig geworden ist, in einem Strafverfahren fortfällt oder gemildert wird. Dies gilt auch für die Wiederaufnahme in Bußgeldverfahren (§ 4 Abs. 2 StrEG; § 110 OWiG) und nach § 1 Abs. 2 StrEG zudem für Maßregeln der Besserung und Sicherung bzw. für Nebenfolgen. Das StrEG-Verfahren teilt sich in das Grundverfahren und das Betragsverfahren auf (wegen der Einzelh. s. Kotz StRR 2012, 164 ff.; Burhoff/Kotz/Kotz, Nachsorge, Teil I Rn 281 ff.).

 

Rdn 1264

2. War die Wiederaufnahme erfolgreich, muss das Gericht von Amts wegen und i.d.R. sogleich über den Entschädigungsanspruch entscheiden (§ 8 Abs. 1 S. 1 StrEG). Ein nachträgliches Beschlussverfahren ist von Gesetzes wegen nur dann gestattet, wenn gem. § 371 ohne HV über die Wiederaufnahme entschieden wurde (§ 8 Abs. 1 S. 2 StrEG) Gleichwohl macht die Praxis hiervon regelmäßig Gebrauch (vgl. krit. dazu D. Meyer, § 8 Rn 18), obwohl es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt und durch Zeitablauf und Besetzungsänderungen bedeutsame Gesichtspunkte aus der HV verloren gehen können (Marxen/Tiemann, Rn 580).

 

☆ Aus diesem Grund ist es für den Verteidiger ratsam , vorsorglich gleichzeitig mit dem Wiederaufnahmeantrag auch einen Antrag nach dem StrEG zu stellen. In diesem Fall ist auf eine präzise Formulierung und auf Nachweise bzw. die Benennung von Beweismitteln zu achten ( Marxen/Tiemann , Rn 580, 583). Gegen die Entscheidung im Grundverfahren besteht nach § 8 Abs. 3 StrEG die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde, wobei hier zu beachten ist, dass zwar das Beschwerdegericht an die tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, das Verbot der reformatio in peius hier jedoch nicht gilt (vertiefend Marxen/Tiemann , Rn 581; vgl. a. Kotz StRR 2012, 164 ff., 204 ff., 244 ff.; Burhoff/Kotz/ Kotz , Nachsorge, Teil I Rn 500 ff.).ratsam, vorsorglich gleichzeitig mit dem Wiederaufnahmeantrag auch einen Antrag nach dem StrEG zu stellen. In diesem Fall ist auf eine präzise Formulierung und auf Nachweise bzw. die Benennung von Beweismitteln zu achten (Marxen/Tiemann, Rn 580, 583). Gegen die Entscheidung im Grundverfahren besteht nach § 8 Abs. 3 StrEG die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde, wobei hier zu beachten ist, dass zwar das Beschwerdegericht an die tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, das Verbot der reformatio in peius hier jedoch nicht gilt (vertiefend Marxen/Tiemann, Rn 581; vgl. a. Kotz StRR 2012, 164 ff., 204 ff., 244 ff.; Burhoff/Kotz/Kotz, Nachsorge, Teil I Rn 500 ff.).

 

Rdn 1265

3.a) Im sog. Grundverfahren wird nur über den Anspruch dem Grunde nach entschieden. Dabei ist entscheidungserheblich, ob der Betroffene überhaupt einen Anspruch auf eine Entschädigung hat und keine Ausschluss- oder Versagungsgründe gem. §§ 5, 6 StrEG bestehen (wegen der Einzelh. Burhoff/Kotz/Kotz, Nachs...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge