Das Wichtigste in Kürze:

1. Kann die HV zeitnah (vorübergehend) nicht durchgeführt werden kann, kann nach § 408a vorgegangen werden.
2. Aufgrund des Wechsels vom Haupt- ins Strafbefehlsverfahren sind die Vorschriften der §§ 407 ff. anzuwenden.
3. Korrespondierend mit dem Wechsel der Verfahrensart ist auch ein Wechsel in der Bewertung des Verfahrensgegenstands durch die StA erforderlich.
4. Die Durchführung der HV braucht nicht generell unmöglich zu sein. Auf das Verfahren nach § 408a können StA und Gericht bereits dann zurückgreifen, wenn eine HV auf absehbare Zeit nicht durchgeführt werden kann.
5. Wie jeder Strafbefehl setzt auch der nach § 408a einen Antrag der StA voraus.
6. Der Strafrichter hat über den Strafbefehlsantrag zu befinden und ist damit in gleicher Situation und Position wie bei jedem (schriftlichen) Strafbefehlsantrag der StA.
 

Rdn 771

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Strafbefehl, Allgemeines, Teil B Rdn 700.

 

Rdn 772

1.a) Kann die HV zeitnah (vorübergehend) nicht durchgeführt werden(vgl. Rdn 779), kann nach § 408a vorgegangen werden. Diese Vorschrift dient der Beschleunigung.

 

☆ § 408a kann nicht angewendet im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff.), dieses Verfahren wäre vom Gericht bereits abgelehnt worden (§ 419 Abs. 3 Hs. 1) und in Verfahren nach Überleitung eines Bußgeldverfahrens (§ 81 OWiG).nicht angewendet im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff.), dieses Verfahren wäre vom Gericht bereits abgelehnt worden (§ 419 Abs. 3 Hs. 1) und in Verfahren nach Überleitung eines Bußgeldverfahrens (§ 81 OWiG).

 

Rdn 773

Der Strafbefehlserlass nach § 408a führt zu einem Wechsel der Verfahrensart. Das zeigt das

 

Rdn 774

 

Schaubild: Strafbefehl nach § 408a

 

Rdn 775

b) Der Angeklagte kann den Übergang vom Regel- in das Strafbefehlsverfahren nicht verhindern; dasselbe gilt für den Nebenkläger. Von dem sich gegen den Verfahrenswechsel sträubenden Angeklagten dürfte jedoch die Einlegung eines Einspruchs zu erwarten sein, weshalb sich vor dem Hintergrund der Verfahrensökonomie die Frage stellen wird, ob diese Verfahrensgestaltung im Ergebnis dann tatsächlich der Beschleunigung dient (vgl. KMR-Metzger, § 408a Rn 12).

 

Rdn 776

2. Aufgrund des Wechsels vom Haupt- ins Strafbefehlsverfahren sind die Vorschriften der §§ 407 ff. anzuwenden. Erforderlich ist ein Antrag der StA (→ Rdn 783 ff.) und ein vom Gericht erlassener (wirksamer) Strafbefehl (→ Strafbefehl, Inhalt, Teil B Rdn 789 ff.).

 

☆ Deshalb darf im Verfahren nach Erlass eines Strafbefehls gem. § 408a Abs. 3 S. 1 der Einspruch jedenfalls dann nicht nach §§ 412 S. 1, 329 Abs. 1 verworfen werden, wenn der Strafbefehl weder Tatbezeichnung noch Tatort oder Tatzeit enthält (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.4.2012 – III-1 RVs 6/12) oder die zugestellte Ausfertigung des Strafbefehls keinen Strafausspruch enthält (KG, Beschl. v. 12.7.2002 – [5] 1 Ss 136/02 [22/02]).keinen Strafausspruch enthält (KG, Beschl. v. 12.7.2002 – [5] 1 Ss 136/02 [22/02]).

 

Rdn 777

In Zweifel gezogen wird, ob in den Fällen des § 408a die Wirksamkeit des Strafbefehls von seiner ordnungsgemäßen Zustellung abhängt, nachdem die gerichtliche Informationspflicht bereits durch Zustellung von Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss erfüllt wurde und die Ladung zu der dem Erlass des Strafbefehls nach § 408a vorausgegangenen HV wirksam erfolgte (s. dazu OLG Köln StraFo 2001, 200).

 

Rdn 778

3. Korrespondierend mit dem Wechsel der Verfahrensart ist auch ein Wechsel in der Bewertung des Verfahrensgegenstands durch die StA erforderlich, da sie zunächst von der Durchführung eines Strafbefehlsverfahren abgesehen und Anklage erhoben und dadurch zum Ausdruck gebracht hatte, dass sich die Aburteilung im Wege eines Strafbefehls nicht eignet (Nr. 175 Abs. 3 RiStBV).

 

Rdn 779

4.a) Die Durchführung der HV muss nicht generell unmöglich sein. Auf das Verfahren nach § 408a können StA und Gericht bereits dann zurückgreifen, wenn eine HV auf absehbare Zeit (KMR-Metzger, § 408a Rn 13 [mehrere Monate]) nicht durchgeführt werden kann.

 

Rdn 780

b) Anwendungsvoraussetzung des § 408a ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes, wofür das Gesetz beispielhaft des Ausbleiben oder die Abwesenheit des Angeklagten nennt (vgl. Rdn 781 f.). Er kann z.B. aber auch in einer mehrmonatigen Abordnung des Referatsrichters liegen. Auch der beschleunigte Verfahrensabschluss, auf den sich Gericht, StA und Verteidiger sich verständigt (§ 257c) haben, kann einen wichtigen Grund darstellen. Auch die Unerreichbarkeit eines für die Durchführung der Beweisaufnahme unverzichtbaren Zeugen (Nichtverlesbarkeit der polizeilichen Aussage, Auftauchen neuer bisher nicht gestellter Fragen) kann ein Anwendungsfall sein (Nr. 175a Buchst. d RiStBV; Meyer-Goßner/Schmitt, § 408a Rn 4).

 

Rdn 781

c)aa) § 408a kann auch beim Ausbleiben des Angeklagten angewendet werden. Dieser gesetzliche Anknüpfungspunkt verwundert zunächst deshalb, weil der Angeklagte, war er wirksam zur HV geladen, zum Erscheinen in der HV verpflichtet ist, sodass er im Fall des unentschuldigten Ausbleibens vorge...

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