Das Wichtigste in Kürze:

1. Die StA hat die Möglichkeit, im EV zur Straffung und Beschleunigung des Verfahrens Ordnungsstrafverfügungen gegen Zeugen und SV zu erlassen.
2. Gegen solche Entscheidungen der StA kann der Betroffene nach § 161a Abs. 3 S. 1 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen.
3. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch zulässig gegen in Zusammenhang mit der Bestellung eines Vernehmungsbeistandes von StA getroffene, den Zeugen belastende Maßnahmen.
4. Über den Antrag entscheidet das nach § 162 zuständige Gericht. Antragsberechtigt ist der betroffene Zeuge oder SV, aber auch der Beschuldigte: Der Antrag ist schriftlich zu stellen.
5. Die Entscheidung des Gerichts, die auf den Antrag hin ergangen ist, ist nicht anfechtbar.
6. Wird der Beschuldigte von der StA zur Vernehmung mit Androhung der Vorführung geladen, kann der Beschuldigte den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen.
 

Rdn 230

 

Literaturhinweise:

Amelung, Probleme des Rechtsschutzes gegen strafprozessuale Grundrechtseingriffe, NJW 1979, 1687

Erb, Kritische Bemerkungen zur geplanten Einführung einer strafprozessualen Erscheinens- und Aussagepflicht des Zeugen vor der Polizei, StV 2010, 655

Hilger, Über den "Richtervorbehalt" im Ermittlungsverfahren, JR 1990, 485

Matt/Dierlamm/Schmidt, Das (neue) Recht vom Zeugenbeistand und seine verfassungswidrigen Einschränkungen, StV 2009, 715

Meyer, Die Fortsetzungsfeststellungsklage im Strafprozessrecht, in: HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer, 2008, S. 131

Schenke, Rechtsschutz bei strafprozessualen Eingriffen von Staatsanwaltschaft und Polizei, NJW 1976, 1816

s.a. die Hinw. bei → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil B Rdn 93.

 

Rdn 231

1. Die in § 161a normierten Maßnahmen zur Konzentration des Ermittlungsverfahrens in der Hand der StA sollen zu dessen Straffung und Beschleunigung und damit auch zu einer bestmöglichen Aufklärung des Sachverhalts führen (KK-Griesbaum, § 161a Rn 1). Hierzu sind der StA gegenüber Zeugen und SV Zwangsmittel eingeräumt worden, mit deren Hilfe sie ihr Erscheinen und die Aussage zur Sache bzw. die Erstattung des Gutachtens verlangen kann. So kann die StA bei unberechtigtem Ausbleiben eines ordnungsgemäß geladenen Zeugen nach § 161a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 51 Abs. 1 S. 1 und 2 durch eine sog. Ordnungsstrafverfügung diesem die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegen und ein Ordnungsgeld gegen ihn festsetzen. Überdies ist die StA befugt, die zwangsweise Vorführung des Zeugen gem. § 51 Abs. 1 S. 3 anzuordnen, wenn die ordnungsgemäße Ladung einen Hinweis auf diese Folge enthalten hat. Bei unberechtigter Zeugnisverweigerung kann die StA nach § 70 Abs. 1 dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegen und gegen ihn ein Ordnungsgeld festsetzen (s. Burhoff, EV, Rn 4022). Entsprechendes gilt auch für den SV: Weigert sich ein SV unter Verletzung seiner Gutachterpflicht (§§ 75, 76), das verlangte Gutachten zu erstatten, oder erscheint ein solcher SV trotz ordnungsgemäßer Ladung unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens ohne genügende Entschuldigung nicht zum Termin, sind ihm in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 1 die dadurch verursachten Kosten und ein Ordnungsgeld aufzuerlegen.

 

Rdn 232

2. Gegen die vorerwähnten Entscheidungen der StA kann der Betroffene nach § 161a Abs. 3 S. 1 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Im Einzelnen gilt folgende

 

Rdn 233

 

Übersicht:

Der Antrag ist zunächst gegen die Ordnungsstrafverfügungen zulässig, in denen einem Zeugen oder SV die durch sein Nichterscheinen bzw. seine Weigerung verursachten Kosten auferlegt oder gegen ihn Ordnungsgelder festgesetzt wurden (statt vieler Burhoff, EV, Rn 491; HK-Zöller, § 161a Rn 14; KK-Griesbaum, § 161a Rn 18).
Anfechtbar sind insoweit auch die Entscheidungen der StA gegenüber dem (erschienenen) Zeugen bzw. SV, ein geltend gemachtes Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht nicht anzuerkennen bzw. die Beanstandung einer Frage zurückzuweisen (HK-Zöller, § 161a Rn 14; SK-StPO/Wohlers, § 161a Rn 49).
Die Anordnung der zwangsweisen Vorführung berechtigt den betroffenen Zeugen ebenfalls zu einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung (HK-Zöller, § 161a Rn 14; Radtke/Hohmann/Kretschmer, § 161a Rn 14; KK-Griesbaum, § 161a Rn 19; KMR-Plöd, § 161a Rn 16; SK-StPO/Wohlers, § 161a Rn 49). Da diese indes grds. ohne vorherige Anhörung erlassen und dem Zeugen auch nicht gesondert mitgeteilt wird, erhält er von ihr regelmäßig erst durch deren Vollzug Kenntnis (KK-Griesbaum, a.a.O.). Der folglich erst nach Beginn der Vorführung gestellte Antrag ist aber mit der Beendigung der Vorführung prozessual überholt (Burhoff, EV, Rn 491; Meyer-Goßner/Schmitt, § 161a Rn 20a; Graf/Patzak, § 161a Rn 14). Gleichwohl ist auch bei einer solchen, bereits erledigten Vorführung das Rechtsschutzinteresse an einem Antrag auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit zu bejahen (HK-Zöller, a.a.O.; KK-Griesbaum, a.a.O.; KMR-Plöd, a.a.O.; LR-Erb, § 161a Rn 53 [j...

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