Das Wichtigste in Kürze:

1. Für die Wahl des Rechtsmittels gegen erkennungsdienstliche Maßnahmen ist es zunächst von Bedeutung, ob es sich um Maßnahmen im Strafverfahren (§ 81 1. Alt.) oder um präventiv-polizeiliche Maßnahmen (§ 81b 2. Alt.) handelt.
2. Für die Anfechtung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach Polizeirecht gem. § 81b 2. Alt. kann die Anordnung der Maßnahme nur im Verwaltungsstreitverfahren angefochten werden.
3. Wenn im Rahmen des Strafverfahrens der Mandant gem. § 81b 1. Alt. aufgefordert wird, einer erkennungsdienstlichen Behandlung Folge zu leisten, ist für die Anfechtung dieser Maßnahmen danach zu unterscheiden, ob die Anordnung durch einen Richter oder durch die StA bzw. Polizei erfolgt.
4. Ein erst nach Durchführung der Maßnahme eingelegtes Rechtsmittel ist wegen prozessualer Überholung grds. ausgeschlossen.
 

Rdn 176

 

Literaturhinweise:

Amelung, Probleme des Rechtsschutzes gegen strafprozessuale Grundrechtseingriffe, NJW 1979, 1687

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Fugmann, Erkennungsdienstliche Maßnahmen zu präventivpolizeilichen Zwecken, NJW 1981, 2227

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Glaser, Der Rechtsschutz nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO, 2008

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Meyer, Die Fortsetzungsfeststellungsklage im Strafprozessrecht, in: HRRS-Festgabe für Gerhard Fezer, 2008, S. 131

Park, Der Anspruch auf rechtliches Gehör im Rechtsschutzverfahren gegen strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, StV 2009, 276

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s.a. die Hinw. bei → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Allgemeines, Teil B Rdn 93, m.w.N.

 

Rdn 177

1. Nach § 81b können auch gegen den Willen des Beschuldigten erkennungsdienstliche Maßnahmen und zwar sowohl für strafverfahrensrechtliche Ermittlungshandlungen als auch für polizeiliche Zwecke angeordnet werden (wegen der Einzelh. s.a. Burhoff, EV, Rn 1921 ff.). Für die Wahl des Rechtsmittels gegen erkennungsdienstliche Maßnahmen ist es also zunächst von Bedeutung, ob es sich um Maßnahmen im Strafverfahren (§ 81b 1. Alt.) oder um präventiv-polizeiliche Maßnahmen (§ 81b 2. Alt.) handelt. Soweit nämlich die angeordnete erkennungsdienstliche Maßnahme der Identifizierung des Beschuldigten und damit der Durchführung eines Strafverfahrens dient, liegt die Verfahrenshandlung einer Strafverfolgungsbehörde vor, mit der Folge, dass die strafprozessualen Rechtsbehelfe einschlägig sind. Dient die Maßnahme dagegen nicht der Erforschung und Aufklärung von Straftaten, sondern vielmehr vorbeugend dem erkennungsdienstlichen Zweck, der Polizei zukünftig die Identifizierung tatverdächtiger Personen zu erleichtern, handelt es sich um in die StPO aufgenommenes materielles Polizeirecht (a.A. mit beachtlichen Argumenten Mayer Krim 2015, 520), sodass insoweit allein der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (Dreier JZ 1987, 1009, 1012; Meyer-Goßner/Schmitt, § 81b Rn 3).

 

☆ Wegen der unterschiedlichen Rechtswege muss der Verteidiger sorgfältig überprüfen , ob eine gegen den Beschuldigten angeordnete Maßnahme auf polizeirechtlichen oder strafprozessualen Erwägungen beruht. Für die Abgrenzung dürfte hierbei insbesondere entscheidend sein, ob gegen den Betroffenen lediglich einer vager Tatverdacht besteht, oder ob bereits zureichend tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die nach pflichtgemäßer Beurteilung der Strafverfolgungsbehörde Anlass zu dem Verdacht geben, dass der Betroffene eine Straftat begangen hat (BGHSt 10, 8, 12). Denn nur im letztgenannten Fall ist der Betroffene als Beschuldigter anzusehen und die (strafprozes...

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