Das Wichtigste in Kürze:

1. Die revisionsrechtliche Überprüfung der tatrichterlichen Strafzumessung ist unter dem Gesichtspunkt möglich, dass bereits die Strafzumessungstatsachen fehlerhaft festgestellt worden sind oder dass Fehler in den Strafzumessungserwägungen vorliegen.
2. Die Fälle rechtsfehlerhafter Strafzumessungserwägungen können vielfältig sein.
3. Sind die Strafzumessungserwägungen des Tatrichters rechtsfehlerhaft, hebt das Revisionsgericht den Strafausspruch auf und verweist die Sache entweder gemäß § 354 Abs. 2 zu neuer Strafbemessung zurück oder setzt selbst gemäß § 354 Abs. 1, 1a oder 1b eine schuldangemessene Strafe fest.
 

Rdn 2247

 

Literaturhinweise:

Berenbrink, Tatrichter oder Revisionsgericht – Wer bestimmt die Strafe?, GA 2008, 625

Detter, Zum Strafzumessungs- und Maßregelrecht – Teil 1, NStZ 2014, 388

ders., Zum Strafzumessungs- und Maßregelrecht – Teil 2, NStZ 2014, 444

ders., Strafzumessung und Rechtsfolgenverteidigung, in: FA Strafrecht, Teil 8 Kapitel 6

Hillenbrand, Die kurze Freiheitsstrafe – eine zu häufige Ausnahme, StRR 2015, 168

Sander, Die Strafzumessung in der Revision, StraFo 2010, 365

s. auch die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006, und bei → Revision, Sachrüge, Allgemeines, Teil A Rdn 2222.

 

Rdn 2248

1. Die Strafzumessung ist grds. Aufgabe des Tatrichters. Er hat die be- und entlastenden Tatsachen festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Die vom Tatrichter als wesentlich erachteten strafschärfenden bzw. strafmildernden Faktoren und deren Gewichtung sind im Urteil nachvollziehbar darzulegen (vgl. § 267 Abs. 3 S. 1). Die revisionsrechtliche Überprüfung der tatrichterlichen Strafzumessung ist unter zwei Gesichtspunkten möglich:

Zum einen können bereits die Strafzumessungstatsachen fehlerhaft festgestellt worden sein. Dies ist eine Frage der fehlerhaften Feststellung der dem Strafausspruch zugrunde liegenden Tatsachen (s. hierzu im Einzelnen → Revision, Sachrüge, Tatsachenfeststellungen, Teil A Rdn 2252).
Zum anderen können Fehler in den Strafzumessungserwägungen vorliegen. In diesem Zusammenhang überprüft das Revisionsgericht sämtliche Faktoren, die für die Bildung der verhängten Strafe ausschlaggebend sind.
 

Rdn 2249

2. Rechtsfehlerhafte Strafzumessungserwägungen sind beispielhaft (vgl. hierzu ausführlich auch Sander StraFo 2010, 365, 366; Burhoff, HV, Rn 2313 m. Checkliste bei Rn 2314; Dahs, RV, Rn 471; FA Strafrecht-Detter, Teil 8 H Kap. 6; die Komm. von Fischer, § 46; s.a. die jährliche Zusammenstellung der Rspr. in den Verfahrenstipps von Burhoff, zuletzt ZAP F. 22 R., S. 939 m.w.N. und von Detter, zuletzt NStZ zuletzt NStZ 2015, 442 m.w.N.) zusammengestellt in folgender

 

Rdn 2250

 

Rechtsprechungsübersicht:

Der Tatrichter ist vom falschen Strafrahmen ausgegangen (BGH NStZ-RR 2003, 52; BGH, Beschl. v. 7.4.2010 – 3 StR 80/10).
Strafrahmenverschiebungen nach § 49 StGB wurden nicht berücksichtigt oder falsch berechnet.
Die Gesamtstrafenbildung nach § 54 StGB oder die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB sind fehlerhaft oder gänzlich unterblieben (vgl. BGH, Beschl. v. 17.12.2013 – 4 StR 261/13; BGH, Beschl. v. 17.9.2013 – 1 StR 370/13).
Bei der Strafmaßbildung wurden Umstände herangezogen, die bereits dem Straftatbestand zugrunde liegen. Dies stellt eine unzulässige Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB dar (vgl. dazu Fischer, § 46 Rn 76 ff. m.w.N.; BGH StV 2015, 635; 2003, 662; NStZ 2014, 476; 2013, 666; 1998, 404; NStZ-RR 2015, 77; 2014, 137; BGH Beschl. v. 6.11.2013 – 1 StR 525/13; BGH, Beschl. v. 8.1.2014 – 2 StR 514/13).
Vertypte Milderungsgründe, die sich nach Lage des Falles aufdrängen, wurden nicht geprüft oder fehlerhaft angewendet (z.B. §§ 21, 23 Abs. 2, 27 Abs. 2 S. 2 StGB; vgl. u.a. BGH StraFo 2007, 501; NStZ-RR 2014, 9; 2013, 145; 2009, 70; 2008, 274; BGH, Beschl. v. 11.9.2013 – 2 StR 287/13; BGH, Urt. v. 28.10.2008 – 5 StR 312/08; BGH, Beschl. v. 10.10.2007 – 5 StR 248/07; BGH, Beschl. 20.11.2007 – 4 StR 408/07).
Das Vorliegen eines Täters-Opfer-Ausgleichs gem. § 46 StGB wurde nicht berücksichtigt (BGH StV 2000, 128; BGH NStZ-RR 2014, 304; s. aber auch BGH, Urt. v. 28.2.2013 – 4 StR 430/12; zum Täter-Opfer-Ausgleich, Burhoff, EV, Rn 3476; Burhoff, HV, Rn 2586).
Die Kronzeugenregelung gemäß § 46b StGB wurde trotz Vorliegens ihrer Voraussetzungen nicht beachtet (BGH, Beschl. v. 12.2.2013 – 5 StR 27/13; vgl. a. Burhoff, HV, Rn 1809 ff.).
Nach den Urteilsfeststellungen naheliegende Strafmilderungs- oder Strafschärfungsgründe wurden nicht berücksichtigt (BGH NStZ 1991, 581).
Die Erörterung eines besonders schweren oder minder schweren Falles ist unterblieben oder deren Voraussetzungen wurden verkannt (u.a. BGHSt 20, 121, 125; BGH NJW 2009, 528, 531 f.; NStZ 2014, 510; 2012, 271, 272; 2009, 150; NStZ-RR 2009, 279; StV 2015, 549; Beschl. v. 16.10.2008 – 5 StR 482/08).
Die Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 StGB wurde mit unzureichender oder unvertretbarer Begründung abgelehnt (vgl. BGH NJW 2009, 528, 533 f.; NStZ 2001, 36...

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