Das Wichtigste in Kürze:

1. Ordnungsmittel sind Ordnungsgeld und Ordnungshaft.
2. Verfahrensrechtliche Pflichtenverstöße liegen insbesondere vor, wenn zur HV geladene Personen nicht erscheinen oder der Sachverständige seiner Gutachterpflicht nicht nachkommt.
3. In der HV können Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der HV erlassen werden.
4. Für Anfechtungsmöglichkeiten gilt: Nach § 181 Abs. 1 GVG ist lediglich die Auferlegung von Ordnungsgeld bzw. die Verhängung von Ordnungshaft (§§ 178, 180 GVG) mit der (sofortigen) Beschwerde anfechtbar.
5. Dem OLG obliegt als Beschwerdegericht nach § 181 Abs. 3 GVG eine eigene Prüfung auch im Hinblick auf Art und Maß des Ordnungsmittels.
 

Rdn 519

 

Literaturhinweise:

(1) Allgemein: Bader, Die Kopftuch tragende Schöffin, NJW 2007, 2964

Baufeld, Der Richter und die freie Meinung im demokratischen Verfassungsstaat. Über die normativ-verfassungsrechtliche Verortung des richterlichen Rollenverständnisses, GA 2004, 163

Buggert, Kopftuch im Gerichtssaal, StRR 2008, 44

Greiser/Artkämper, Die "gestörte" Hauptverhandlung – Eine praxisorientierte Fallübersicht, 3. Aufl. 2001

Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, Diss., Berlin 2000

Kirch-Heim, Die Störung der Hauptverhandlung durch in §§ 177, 178 GVG nicht genannte, an der Hauptverhandlung beteiligte Personen, NStZ 2014, 431

Kissel, Ungebühr vor Gericht (§ 178 GVG) – vorbei?, NJW 2007, 1109

Lehr, Bildberichterstattung der Medien über Strafverfahren, NStZ 2001, 63

Leinius, Zum Verhältnis von Sitzungspolizei, Hausrecht, Polizeigewalt, Amts- und Vollzugshilfe, NJW 1973, 448

Leute, Ordnungsmaßnahmen gegen Strafverteidiger, StV 2004, 101

Michel, Der betrunkene Zeuge, MDR 1992, 544

Milger, Sitzungsgewalt und Ordnungsmittel in der strafrechtlichen Hauptverhandlung, NStZ 2006, 121

Rüping, Der Schutz der Gerichtsverhandlung – "Ungebühr" oder "betriebliche Ordnungsgewalt"?, ZZP 88 (1975), 212

Schneider, Ungebühr vor Gericht, MDR 1975, 622

Schwind, "Ungebührliches" Verhalten vor Gericht und Ordnungsstrafe, JR 1973, 133

Steinbrenner, Sitzungspolizeiliche Fragen, insbesondere im Zusammenhang mit Straftaten gegen Demonstranten, Justiz 1968, 235

Vierhaus, Zulässigkeit der Ordnungs- und Zwangsmittel des § 51 StPO gegen Kinder als Zeugen, NStZ 1994, 271;

(2) Verteidiger: Foth, Anmerkung zu BVerfG NJW 1996, 3268, NStZ 1997, 36

Grüner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, 1998

Hübel, Anmerkung zu BVerfG NJW 1998, 296, StV 1998, 243

Jahn, Anmerkung zu OLG Hamm StV 2004, 69, ders., Sitzungspolizei contra "Konfliktverteidigung"? Zur Anwendung der §§ 176 ff. GVG auf den Strafverteidiger, NStZ 1998, 389

Krekeler, Der Rechtsanwalt als Beistand des Zeugen und die Sitzungspolizei, NJW 1980, 980

Kühne, Anmerkung zu OLG Stuttgart NJW 2011, 2899, StV 2011, 720

Leitner, Was darf die Strafverteidigung? Über Amtstracht, verschleppte Prozesse, überlange Verfahren, Rügeverkümmerung und Berufsethos, StraFo 2008, 51

Leuze, Anmerkung zu OLG Hamm StV 2004, 69, StV 2004, 101

Müller, Zwangsweise Entfernung eines Rechtsanwalts aus dem Sitzungszimmer, NJW 1979, 22

Nobis, Anmerkung zu OLG Hamm StV 2004, 69, StraFo 2003, 257

Pielke, Die Robenpflicht der Rechtsanwälte, NJW 2007, 3251

Staffke, Anmerkung zu BVerfG NJW 1998, 296, JZ 1998, 406

s.a. die Hinw. bei → Beschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 400.

 

Rdn 520

1. Ordnungsmittel sind Ordnungsgeld und Ordnungshaft. Sie können vom Gericht verhängt werden, wenn eine Person ihre verfahrensrechtlichen Verpflichtungen verletzt oder sich vor Gericht ungebührlich verhält.

 

Rdn 521

2.a) Verfahrensrechtliche Pflichtenverstöße liegen insbesondere vor, wenn zur HV geladene Personen nicht erscheinen oder der Sachverständige seiner Gutachterpflicht nicht nachkommt.

 

Rdn 522

 

Schaubild: Ordnungsmittel wegen Verletzung verfahrensrechtlicher Pflichten

 

Rdn 523

b) Ordnungsmittel wegen Nichterscheinen in der HV setzen voraus, dass der Zeuge/Sachverständige ordnungsgemäß geladen wurde und sein Fernbleiben nicht gleichzeitig genügend entschuldigt hat. Der Sachverständige ist vor Ergehen der Ordnungsmittelentscheidung anzuhören (Meyer-Goßner/Schmitt, § 77 Rn 11). Zusätzlich zur Verhängung des Ordnungsgeldes kann auch die Vorführung des Zeugen angeordnet werden.

 

☆ So entbindet auch das Recht zur Aussageverweigerung nach § 55 den Zeugen trotz seiner Ankündigung, hiervon umfassend Gebrauch zu machen, nicht von seiner grundsätzlichen Pflicht, auf Ladung vor Gericht zu erscheinen, wenn das Gericht erwägt, aus dem Verhalten des Zeugen in der HV eine bestimmte Schlussfolgerung im Hinblick auf den Angeklagten oder den Tatvorwurf zu ziehen. Auch die Angst des Zeugen vor schwerwiegenden Gefahren für Leib und Leben rechtfertigt sein Ausbleiben vor Gericht nicht, wenn gerichtsseitig umfassende Vorkehrungen zum Schutz des Zeugen vor diesen Gefahren getroffen wurden (OLG Rostock StraFo 2015, 15).Aussageverweigerung nach § 55 den Zeugen trotz seiner Ankündigung, hiervon umfassend Gebrauch zu machen, nicht von seiner grundsätzlichen Pflicht, auf Ladung vor Gericht zu erschein...

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