Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Beschwerde im Hauptverfahren ist durch § 305 eingeschränkt.
2. Der Anwendungsbereich des § 305 S. 1 ist auf das Hauptverfahren beschränkt.
3. Erkennendes Gericht ist das Gericht, bei dem die Strafsache rechtshängig ist.
4. Der Bereich, in dem der Regelungszweck von § 305 S. 1, also der sachliche Urteilsbezug der Zwischenentscheidung, am deutlichsten zutage tritt, ist die Beweisaufnahme.
5. Eine Zwischenentscheidung ist deshalb nicht nur dann anfechtbar, wenn sie keinen thematischen Bezug zur Urteilsfällung hat, sondern sie muss auch und gerade dann isoliert anfechtbar sein, wenn sie einen bleibenden rechtlichen Nachteil für den Betroffenen auslöst, der sich später gar nicht oder nicht vollständig beheben lässt.
 

Rdn 485

 

Literaturhinweise:

Ahlbrecht/Börgers, Rechtsschutz gegen die Gewährung eines Auskunftsverweigerungsrechtes (§ 55 StPO) für den gemäß § 59 IRG vernommenen Entlastungszeugen, ZIS 2008, 218

Engländer, Die Rechtsbehelfe gegen strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, Jura 2010, 414

Gössel, Anmerkung zu OLG Dresden, StraFo 2008, 209, JR 2008, 305

Habetha, Zur Anfechtbarkeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verurteilung durch die Strafkammer, NZV 2008, 605

Kropp, Zur Überprüfung von Terminsbestimmungen des Vorsitzenden in Strafsachen, NStZ 2004, 668

Neuhaus, Terminsbestimmung, Terminsverlegung und das Recht auf Beistand durch den Verteidiger des Vertrauens, StraFo 1998, 84

Wagner, Anmerkung zu OLG Schleswig, SchlHA 2000, 127, StV 2000, 544

Weidemann, Anmerkung zu OLG Hamm, StraFo 1999, 236, wistra 1999, 399. s.a. die Hinw. bei → Beschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 400.

 

Rdn 486

1. § 305 S. 1 schränkt das Beschwerderecht insoweit ein, als es Zwischenentscheidungen in Form von Beschlüssen und Verfügungen des erkennenden Gerichts im Hauptverfahren von der Anfechtbarkeit ausnimmt, um Verfahrensverzögerungen zu verhindern und eine Doppelüberprüfung zu vermeiden (Stichwort: Effektivität der Strafrechtspflege). Dem Wortlaut der Vorschrift nach sind davon alle Entscheidungen betroffen, die der "Urteilsfällung vorausgehen". Dadurch statuiert die Vorschrift zugleich den Grundsatz der Nichteinmischung in die Durchführung des Hauptverfahrens durch den Tatrichter.

 

Rdn 487

a)aa) § 305 S. 2 enthält eine Rückausnahme. Diese gilt, wenn die anzufechtende Zwischenentscheidung die Verhaftung, die einstweilige Unterbringung, die Beschlagnahme, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- und Zwangsmitteln (→ Beschwerde, Ordnungsmittel, Teil B Rdn 575 ff.), betrifft. Dann kann das Beschwerderecht schon deshalb nicht eingeschränkt sein, weil derartige Maßnahmen bei der Urteilsfällung nach Auffassung des Gesetzgebers keiner neuerlichen Prüfung unterzogen werden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 305 Rn 6). Deshalb steht ihrer Anfechtung bereits der in § 305 S. 1 zum Ausdruck kommende Grundsatz der Vermeidung einer Doppelprüfung nicht entgegen.

 

Rdn 488

bb) Zum Katalog des § 305 S. 2 ist hinzuweisen auf

Verhaftung: sie meint im Unterschied zu § 304 Abs. 1 Nr. 1 nicht nur die Anordnung der Untersuchungshaft bzw. deren Fortdauer, sondern auch den Vollzug der U-Haft (OLG Karlsruhe StV 1997, 312; LR-Matt, Rn 31; Meyer-Goßner/Schmitt, § 305 Rn 7; SK-StPO/Frisch, § 305 Rn 28).
Unterbringung: Sie betrifft ausschließlich Unterbringungen nach § 126a sowie nach § 73 Abs. 1 JGG (OLG Hamburg NJW 1963, 1167), nicht hingegen Unterbringungen nach § 81, da das Beschwerderecht in § 81 Abs. 4 S. 1 spezialgesetzlich geregelt ist. Die Anordnung der körperlichen Untersuchung (§ 81a) kann nicht mit der einfachen Beschwerde (§ 304 Abs. 1) angefochten werden, weshalb sie dem Regime des § 305 S. 1 unterliegt. Lediglich in Fällen in denen die Rechtswirkung mit einer in § 305 S. 2 genannten Maßnahme vergleichbar ist, kann auch sie isoliert angefochten werden (OLG Jena StV 2007, 24).
Beschlagnahme betrifft nicht nur deren Anordnung und Durchführung, sondern auch die Ablehnung der Anordnung (Meyer-Goßner/Schmitt, § 305 Rn 6; SK-StPO/Frisch, § 305 Rn 22).
 

☆ Der einfachen Beschwerde (§ 304 Abs. 1) gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis steht § 305 S. 1 nicht entgegen.Entziehung der Fahrerlaubnis steht § 305 S. 1 nicht entgegen.

 

Rdn 489

Die Vorschrift enthält keinen abschließenden Katalog von anfechtbaren Zwischenentscheidungen (OLG Koblenz NStZ 1994, 355). § 305 S. 2 dient über die gesetzlich aufgeführten Verfahrenskonstellationen hinaus zugleich aber auch als Auslegungshilfe für S. 1, weil der Gesetzgeber in der Vorschrift grds. anerkannt hat, dass von Zwischenentscheidungen im Hauptverfahren Rechtsbeeinträchtigung ausgehen können, die dann einer sofortigen Rechtsschutzmöglichkeit durch den Entscheidungsbetroffenen bedürfen, wenn sie auch durch eine nachfolgende Urteilsaufhebung nicht mehr korrigiert werden können.

 

☆ Vor dem Hintergrund des Regelungsgehalts des § 305 S. 2 ist § 305 S. 1 einschränkend auszulegen (teleologische Reduktion; vgl. LR- Matt , § 306 Rn ...

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