Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn der Verurteilte gegen Bewährungsauflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
2. Der Verstoß führt unmittelbar zum Widerruf der Strafaussetzung, einer negativen Kriminalprognose bedarf es nicht.
3. Das Vorliegen des gröblichen oder/und beharrlichen Verstoßes muss vom Widerrufsgericht positiv festgestellt werden.
4. Die nachträgliche Erfüllung einer Auflage lässt den gröblichen oder beharrlichen Verstoß nicht entfallen und steht deshalb dem Widerruf der Strafaussetzung grundsätzlich nicht entgegen.
 

Rdn 327

 

Literaturhinweise:

Boetticher, Zum Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung, NStZ 1991, 1

Doleisch von Dolsperg, Strafaussetzung zur Bewährung – Probleme aus der Praxis, StraFo 2005, 45

Hillenbrand, Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung: Voraussetzungen und Verfahren, ZAP F.22, 799

Kropp, Heilung von Auflagen- und Weisungsverstößen im Bewährungsrecht, NJ 2005, 397

Peglau, Der Opferschutz im Vollstreckungsverfahren, ZRP 2004, 39

s. auch die Hinw. in → Bewährung, Auflagen, Teil A Rdn 9; → Bewährung, Widerruf, Allgemeines, Teil A Rdn 289.

 

Rdn 328

1.a) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn der Verurteilte gegen Bewährungsauflagen gröblich oder beharrlich verstößt (§ 56f Abs. 1 Nr. 3 StGB).

 

☆ Bevor die Qualität des vermeintlichen Verstoßes geprüft wird muss zunächst die Auflage selbst in den Blick genommen werden. Erste Voraussetzung für einen Widerruf ist nämlich die Rechtmäßigkeit der Auflage selbst. Fehlt es hieran, scheidet ein Widerruf unabhängig von der Frage, ob tatsächlich ein gröblicher oder beharrlicher Verstoß vorliegt, aus, und zwar auch dann, wenn sich der Verurteilte im Widerrufsverfahren auf die Rechtswidrigkeit der Anordnung nicht beruft (OLG Frankfurt NStZ-RR 2003, 199).Erste Voraussetzung für einen Widerruf ist nämlich die Rechtmäßigkeit der Auflage selbst. Fehlt es hieran, scheidet ein Widerruf unabhängig von der Frage, ob tatsächlich ein gröblicher oder beharrlicher Verstoß vorliegt, aus, und zwar auch dann, wenn sich der Verurteilte im Widerrufsverfahren auf die Rechtswidrigkeit der Anordnung nicht beruft (OLG Frankfurt NStZ-RR 2003, 199).

 

Rdn 329

b) Gröblich ist ein Verstoß, wenn er schuldhaft begangen wird und zudem objektiv und subjektiv schwer wiegt. In subjektiver Hinsicht kann Fahrlässigkeit ausreichend sein (OLG Hamburg NStZ-RR 2004, 364).

 

Rdn 330

c) Beharrlich verstößt der Verurteilte gegen die Auflage, wenn er wiederholt oder andauernd deren Erfüllung verweigert und so zeigt, dass ihm die Auflage gleichgültig ist. Auch insoweit ist schuldhaftes Handeln erforderlich.

 

☆ Bei Zahlungsauflagen wird oftmals eine erfolglose Mahnung verlangt. Eine Mahnung sei in der Regel Voraussetzung für die Bewertung eines Verstoßes als gröblich oder beharrlich (MüKo-StGB/ Groß , § 56f Rn 18; SSW-StGB/ Mosbacher , § 56f Rn 23). Dem ist jedenfalls bei Ratenzahlungsverpflichtungen zuzustimmen. Gehen über einen längeren Zeitraum die Zahlungen ebenso pünktlich wie vollständig ein, kann nicht schon bei der ersten Unregelmäßigkeit von einer gleichgültigen oder auch nur nachlässigen Einstellung des Verurteilten gegenüber seinen Pflichten ausgegangen werden. Anders kann dagegen zu entscheiden sein, wenn dem Verurteilten keine Ratenzahlungsbefugnis eingeräumt ist und er während der gesamten Zahlungsfrist untätig bleibt. Eine Mahnung erscheint dann weder erforderlich noch sachgerecht.Mahnung verlangt. Eine Mahnung sei in der Regel Voraussetzung für die Bewertung eines Verstoßes als gröblich oder beharrlich (MüKo-StGB/Groß, § 56f Rn 18; SSW-StGB/Mosbacher, § 56f Rn 23). Dem ist jedenfalls bei Ratenzahlungsverpflichtungen zuzustimmen. Gehen über einen längeren Zeitraum die Zahlungen ebenso pünktlich wie vollständig ein, kann nicht schon bei der ersten Unregelmäßigkeit von einer gleichgültigen oder auch nur nachlässigen Einstellung des Verurteilten gegenüber seinen Pflichten ausgegangen werden. Anders kann dagegen zu entscheiden sein, wenn dem Verurteilten keine Ratenzahlungsbefugnis eingeräumt ist und er während der gesamten Zahlungsfrist untätig bleibt. Eine Mahnung erscheint dann weder erforderlich noch sachgerecht.

 

Rdn 331

2. Der Verstoß führt unmittelbar zum Widerruf der Strafaussetzung, einer negativen Kriminalprognose bedarf es nicht. Der Widerruf dient der Sanktionierung fehlender Genugtuung für das begangene Unrecht und hat damit strafenden Charakter. Durch die Nichterfüllung der Auflage entzieht der Verurteilte der früheren Bewährungsentscheidung die Grundlage (SSW-StGB/Mosbacher, § 56f Rn 23).

 

Rdn 332

3.a) Das Vorliegen des gröblichen oder/und beharrlichen Verstoßes muss vom Widerrufsgericht positiv festgestellt werden (Fischer, § 56f Rn 13). Insbesondere ist zu prüfen, ob der Verurteilte überhaupt leistungsfähig war.

 

☆ Die Leistungsfähigkeit muss in den Gründen des Widerrufsbeschlusses ausführlich dargelegt werden (OLG Düsseldorf, NStZ-RR 97, 323; OLG Hamm StV 93, 259; Beschl. v. 20.11.2003 – 2 Ws 293/03; LG Koblenz StraF...

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