Rz. 493
Die Kostenpflicht des unterliegenden Teils (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gilt grundsätzlich auch im Mietprozess. Bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen sind die Kosten des Mietprozesses gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Verteilungsmaßstab ist der Gebührenstreitwert, der wiederum vom Streitgegenstand abhängt. Das gilt auch für eine Kostenentscheidung bei Klagen auf Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558; auch insoweit ist das (nur) teilweise Obsiegen einer Partei aus dem Gebührenstreitwert zu errechnen (LG Marburg, Urteil v. 5.2.2014, 5 S 117/13, Juris:). Teilunterliegen ist gegeben, wenn der Kläger mit einem Teil des (teilbaren) prozessualen Anspruchs oder bei Klagehäufung (z. B. Räumungs- und Zahlungsklage) mit einem der prozessualen Ansprüche abgewiesen wird (z. B. mit der Räumungsklage, aber nicht mit der Zahlungsklage). Auch wenn der Beklagte nur bedingt, befristet oder Zug-um-Zug verurteilt wird, obwohl der Kläger uneingeschränkte Verurteilung des Beklagten beantragt hatte, liegt ein Teilunterliegen des Kläger vor. Umgekehrt liegt ein Teilunterliegen des Beklagten vor, wenn der Kläger mit seiner streitigen Klageforderung wegen einer Hilfsaufrechnung des Beklagten ganz oder teilweise abgewiesen wird (z. B. mit der Klage auf – streitige – Mieten wegen der Hilfsaufrechnung des Beklagten mit der Kaution).
Rz. 494
Teilunterliegen liegt auch dann vor, wenn die von mehreren Streitgenossen (z. B. Eheleute) erhobene Klage (z. B. auf Mietzahlung) nur bezüglich einzelner Streitgenossen Erfolg hat (z. B. weil nur die Klage des Ehemannes durchdringt, da nur er den Mietvertrag als Vermieter unterschrieben hat). Der zusammen mit einem weiteren Streitgenossen denselben Betrag einklagende Streitgenosse, der allein voll unterliegt, muss seine außergerichtlichen Kosten voll sowie die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen, weil insoweit der Beklagte obsiegt hat; die übrigen Kosten muss der Beklagte tragen, da insoweit der andere Streitgenosse obsiegt hat. Bei Streitgenossen mit nur einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten kann als notwendige Kosten für den obsiegenden Streitgenossen dagegen nur der seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechende Bruchteil der Anwaltskosten festgesetzt werden (BGH, Beschluss v. 5.7.2006, VIII ZB 53/05, WuM 2006, 529 = ZMR 2006, 915).
Rz. 495
Zu erstatten sind jeweils die notwendigen Kosten des Mietprozesses.
Notwendigkeit der Kosten
Maßstab für die Notwendigkeit von Kosten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte; abzustellen ist mithin auf die Sicht der Partei in der konkreten prozessualen Situation und danach zu beurteilen, ob ein objektiver Betrachter aus diesem Blickwinkel die Sachdienlichkeit bejahen würde (BGH, Beschluss v. 7.2.2018, XII ZB 112/17, NJW 2018, 1403).
Rz. 495a
Einer Partei, die zur notwendigen Wahrnehmung von Terminen (z. B. Gerichts- und Ortstermine) bezahlten Urlaub genommen hat, steht jedoch kein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i. V. m. § 22 JVEG, sondern nur ein Anspruch auf Zeitversäumnisentschädigung gem. § 20 JVEG zu (BGH, Beschluss v. 26.1.2012, VII ZB 60/09, NJW-RR 2012, 761).
Rz. 495b
Zu den notwendigen Kosten des Mietprozesses gehören auch die Kosten des die Partei vertretenden Rechtsanwalts.
Der gewerbliche Großvermieter kann aber keinen Ersatz für die Kosten einer anwaltlichen Hilfe bei der Abfassung einer Zahlungsaufforderung verlangen, da diese ohne weiteres durch sein kaufmännische Personal gefertigt werden kann (AG Stuttgart, Urteil v. 21.5.2021, 35 C 998/21, NZM 2021, 603; AG Gießen, Urteil v. 10.3.2016, 48 C 2/16, WuM 2016, 304; AG Köln, Urteil v. 14.8.2015, 206 C 23/15, WuM 2017, 304; AG Hannover, Urteil v. 24.9.2009, 514 C 7041/09, WuM 2009, 731).
Rz. 495c
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts am Sitz des mit der Immobilienverwaltung beauftragten Unternehmens ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO; die daraus erwachsenden Kosten sind deshalb erstattungsfähig LG Düsseldorf, Beschluss v. 23.3.2007, 19 T 148/07, NZM 2007, 664).
Rz. 495d
Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts sind aber nur erstattungsfähig, wenn dessen Hinzuziehung notwendig war (OLG Frankfurt, Beschluss v. 19.6.2017, 6 W 33/17; OLG Frankfurt, Beschluss v. 16.11.2015, 6 W 100/15; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 25.4.2017, 20 WF 58/17, alle zitiert nach Juris).
Eine Partei, die einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, ohne dass die in § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO vorausgesetzte Notwendigkeit bestanden hat, kann vom unterlegenen Prozessgegner - bis zur Grenze der tatsächlich angefallenen Kosten - diejenigen fiktiven Reisekosten erstattet verlangen, die angefallen wären, wenn sie einen am entferntesten O...