1 Einführung

Das zwischen der EU und dem VK abgeschlossene Handels- und Kooperationsabkommen ist zum 01.01.2021 in Kraft getreten. Neben Regeln zum Warenverkehr beinhaltet der Vertrag Wettbewerbsregelungen und Regelungen über die soziale Sicherheit. Leider enthält das Abkommen jedoch insbesondere keine Regeln für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer. Bis zum 31.12.2020 galt ein Übergangszeitraum, innerhalb dessen wesentliche steuerliche Vergünstigungen für Steuerpflichtige mit Bezug zum VK weiter galten. Gesetzlich umgesetzt wurde dies durch das "Gesetz für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit-Übergangsgesetz)" vom 27.03.2019, wonach das VK im deutschen Besteuerungsrecht während des Übergangszeitraums vorbehaltlich einiger Ausnahmen als Mitgliedstaat der EU galt. Nach Ablauf des Übergangszeitraums ist mangels einer weiteren Regelung das VK steuerlich als Drittstaat anzusehen. Ziel dieses Abschnitts ist es, die sich hieraus ergebenden steuerlichen Auswirkungen ab dem 01.01.2021 aufzuzeigen.

In der Beratungspraxis konnten in den Monaten vor dem Ende des Übergangszeitraums verschiedenste Konstellationen und Set-ups der zukünftigen Tätigkeiten beobachtet werden. Einige Beispiele werden wir in diesem Teil ausführlich darstellen und die steuerlichen Konsequenzen für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufzeigen. Gleichzeitig haben viele Unternehmen neue Geschäftseinheiten in Deutschland aufgebaut, wodurch insbesondere Inbounds, d. h. Mitarbeiter, die vom VK nach Deutschland versetzt wurden, die Personalabteilungen (und externe Payrollprovider) vor Herausforderungen stellen. Aus diesem Grund werden sich die folgenden Abschnitte insbesondere mit den Inbounds beschäftigen. Sofern es sich anbietet, soll aber auch auf Besonderheiten für Outbounds eingegangen werden.

Gleichzeitig stellt sich für jeden einzelnen Arbeitnehmer mit Bezug zum VK die Frage, welche einkommensteuerlichen Konsequenzen sich für ihn und seine Familie ganz individuell ergeben. Was bedeutet eine Tätigkeit in Deutschland für die persönliche Steuerpflicht des Arbeitnehmers? Welche Abzugsbeträge können nach dem 31.12.2020 weiterhin geltend gemacht werden? Welche steuerlichen Vorteile entfallen? Ausführungen dazu finden sich im zweiten Abschnitt dieses Teils.

2 Internationales Steuerrecht

2.1 Die Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens – wichtige Grundsätze für international tätige Arbeitnehmer

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem VK (DBA-UK) gilt auch nach dem Ende des Übergangszeitraums zum 31.12.2020 uneingeschränkt weiter, da die Anwendbarkeit des DBA als völkerrechtlicher Vertrag nicht davon abhängt, ob das VK Mitglied der EU ist oder nicht. Somit bleiben insbesondere die Regelungen zur Bestimmung der Ansässigkeit, zum Besteuerungsrecht für einzelne Einkunftsarten und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung uneingeschränkt anwendbar.

2.1.1 Die Ansässigkeit nach dem Doppelbesteuerungsabkommen

Das DBA-UK ist grundsätzlich auf alle Personen anzuwenden, die in Deutschland oder im VK oder in beiden Staaten nach eben diesem DBA-UK ansässig sind. Hierunter fallen also nicht nur Personen, die aufgrund des Brexits ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlagerten, sondern auch die Arbeitnehmer, die z. B. trotz einer Stellenverlagerung von Großbritannien nach Deutschland ihren Lebensmittelpunkt in Großbritannien beibehielten und in Deutschland lediglich an einzelnen Tagen tätig sind. Auch in diesem Fall sind die Vorschriften des DBA-UK zusätzlich zum nationalen Einkommensteuerrecht mit seinen Vorschriften für beschränkt Steuerpflichtige anzuwenden.

Sofern eine Person in beiden Staaten nach nationalem Recht der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, kann über die Zuweisung des Besteuerungsrechts und eine Vermeidung der Doppelbesteuerung erst entschieden werden, wenn die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen einem der beiden Staaten zugeordnet wurde. Das DBA-UK enthält dazu in Art. 4 Abs. 2 die einzelnen Prüfungsschritte. Zu beachten ist jedoch dabei, dass der abkommensrechtliche Begriff nicht dem im deutschen Recht verwendeten Begriff der unbeschränkten Steuerpflicht[1] entspricht. Auch wenn eine Person aufgrund nationaler Regelungen sowohl in Deutschland als auch im VK der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, kann sie nur in einem der beiden Vertragsstaaten nach DBA ansässig sein. Somit qualifiziert einer der beiden Staaten in der Folge als Ansässigkeitsstaat, während der andere Staat als Quellenstaat zu betrachten ist.

Im Sinne des Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Ortes der Gründung ihres Unternehmens oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Ist eine Person in diesem Sinne in beiden Staaten aufgrund nationalen Rechts ansässig, gilt für die Prüfung der Ansässigkeit nach DBA folgende Reihenfolge:

  1. ständige Wohnstätte,
  2. Mittelpunkt der Lebensinteressen,
  3. gewöhnlicher Aufenthalt,
  4. Staatsangehörigkeit,
  5. gegenseitiges Einvernehmen der Behörde...

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