Für den Arbeitgeber ergibt sich die Verpflichtung zum Einbehalt von Lohnsteuer aus § 38 EStG. Dieser regelt, dass Lohnsteuer erhoben werden muss, soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber gezahlt wird, der im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter i. S. d. §§ 8 bis 13 AO hat (inländischer Arbeitgeber) oder einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlässt, ohne inländischer Arbeitgeber zu sein (ausländischer Verleiher).

Inländischer Arbeitgeber ist in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt; Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt. § 38 EStG erweitert insofern den Arbeitgeberbegriff, denn zunächst ist die Lohnsteuerabführungsverpflichtung grundsätzlich an den zivilrechtlichen Arbeitgeber geknüpft.

Neben der Regelung zum Lohnsteuerabzug nach § 38 EStG sind in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch die Hinweise aus dem BMF-Schreiben vom 03.05.2018[2] zu beachten. Hierin wird klargestellt, dass nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber (z. B. in Fällen einer lokalen Anstellung) als Arbeitgeber i. S. d. DBA anzusehen ist, sondern auch eine andere natürliche oder juristische Person, die die Vergütung für die ihr geleistete unselbstständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt oder nach verrechnungspreisrechtlichen Fremdvergleichsgrundsätzen hätte tragen müssen. In diesen Fällen ist der wirtschaftliche Arbeitgeber i. S. d. Abkommensrechts auch der zum Lohnsteuerabzug verpflichtete inländische Arbeitgeber i. S. d. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG. Gemäß den Ausführungen im BMF-Schreiben wird das aufnehmende Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, wenn

  1. der Arbeitnehmer in das aufnehmende Unternehmen eingebunden ist und
  2. das aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn (als Folge seines eigenen betrieblichen Interesses an der Entsendung des Arbeitnehmers) wirtschaftlich trägt oder nach den Fremdvergleichsgrundsätzen hätte tragen müssen.

Eine unterbliebene Weiterbelastung kann gem. BMF-Schreiben die Arbeitgebereigenschaft beim aufnehmenden Unternehmen nicht verhindern.

 
Hinweis

Praxishinweis

Zusätzlich zu den Ausführungen des BMF-Schreibens vom 03.05.2018 hat sich jedoch das FG München mit Urteil vom 22.04.2016 (8 K 3290/14) erstmals ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob auch dann eine Lohnsteuerabführungspflicht gegeben ist, wenn tatsächlich keine Gehaltskosten wirtschaftlich getragen werden. Das FG München verneinte in dem verhandelten Fall die lohnsteuerliche Arbeitgebereigenschaft u. a. mit dem Hinweis, dass schon der Gesetzeswortlaut keinen Interpretationsspielraum zulasse und nur dann ein wirtschaftlicher Arbeitgeber vorliegen kann, wenn auch tatsächlich Kosten an das aufnehmende Unternehmen weiterbelastet werden. Als Reaktion auf dieses Urteil enthielt das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" ("JStG 2019") (BGBl I 2019, 16) eine klarstellende Neuregelung, die den Fremdvergleichsgrundsatz enthält. Seit dem 01.01.2020 gilt daher gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG, dass auch dann eine Lohnsteuereinbehaltungspflicht für das inländische Unternehmen besteht, wenn das ausländische Unternehmen auf den Ausgleichsanspruch gegenüber dem inländischen Unternehmen verzichtet, die Kosten für den Mitarbeiter im Inland aber hätten getragen werden müssen.

[2] BMF v. 03.05.2018, Schreiben betr. steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen, BStBl I 2018, 643, BMF IV B 2 – S 1300/08/10027, geändert durch BMF v. 22.04.2020, BStBl I 2020, 483, nachfolgend BMF v. 03.05.2018.

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