1 Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes und Behandlung in der nächsten ordentlichen Versammlung, wenn sachliche Gründe vorliegen, den Gegenstand zu erörtern und zum Gegenstand der Abstimmung zu machen.

2 Normenkette

§§ 23 Abs. 2, 24 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

Mit Schreiben vom 14.3.2022 teilt K der Verwaltung 5 Tagesordnungspunkte für die nächste Versammlung mit. Mit Schreiben vom 5.9.2022 lädt die Verwaltung zur ordentlichen Versammlung am 13.10.2022 ein. Die in dieser Einladung aufgeführte Tagesordnung enthält indes nicht die von K angemeldeten Tagesordnungspunkte. Mit Schreiben vom 12.9.2022 erinnert K daher die Verwaltung an die Aufnahme der Punkte bis zum 16.9.2022. Erfolglos. K beantragt daher nach §§ 935, 940 ZPO, Verwalter B aufzugeben, auf der Tagesordnung der Versammlung vom 13.10.2022 seine Anträge aufzunehmen.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Grundsätzlich habe ein Wohnungseigentümer zwar einen Anspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunkts und Behandlung in der nächsten ordentlichen Versammlung, wenn sachliche Gründe vorlägen, den Gegenstand zu erörtern und zum Gegenstand der Abstimmung zu machen. Dieser Anspruch könne auch eingeklagt werden. Dieser Anspruch sei aber gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten, § 18 Abs. 1 WEG. Dies gelte auch dann, wenn sich die betreffende Vorschrift ihrem Wortlaut nach, wie im Fall, an ein konkretes Organ richte. Insoweit sei im Gesetz nämlich lediglich die interne Organzuständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgabe geregelt worden. Im Übrigen stehe K der Anspruch aber auch nicht zu. Der Anspruch könne im Fall nicht geltend gemacht werden, weil die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht mehr gewahrt werden und auf diese Frist auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden könne. § 18 WEG habe den Zweck, eine ordnungsmäßige Verwaltung sicherzustellen. Damit wäre es unvereinbar, wenn ein Miteigentümer über diesen Weg einen Beschluss herbeiführen könnte, der gegen § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG verstoße. Ein derartiger Beschluss wäre gesetzeswidrig und widerspräche folglich einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Daran ändere der Umstand, dass § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG nur eine Soll-Vorschrift sei, nichts. Auch die Nichteinhaltung dieser Soll-Vorschrift könne nämlich eine Anfechtbarkeit des Beschlusses hervorrufen, wenn der Verstoß für die Beschlussfassung ursächlich sei (Hinweis auf LG München I, Urteil v. 16.5.2011, 1 S 5166/11). Bei Einreichung des Antrags am 26.9.2022 sei die Frist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG bereits abgelaufen gewesen. Eine Verkürzung der Frist sei nicht gerechtfertigt. Eine solche Verkürzung würde einerseits eine besondere Dringlichkeit der Maßnahme erfordern, andererseits müsste ausgeschlossen werden, dass die Fristverkürzung die übrigen Wohnungseigentümer unzumutbar in der Ausübung ihrer Stimmrechte behindere. An beidem fehle es hier.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um 2 Fragen: Gegen wen muss man klagen, wenn man eine ordnungsmäßige Verwaltung verlangt? Wie erreicht man es, dass die Verwaltung einen Gegenstand in die Tagesordnung aufnimmt?

Klagegegner

Ein Wohnungseigentümer muss grundsätzlich immer dann, wenn es ihm um die ordnungsmäßige Verwaltung geht, gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht gegen den Verwalter klagen. Dies gilt beispielsweise für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Versammlung.

Punkt auf die Tagesordnung

Jeder Wohnungseigentümer kann das Recht haben, einen Punkt auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Versammlung setzen zu lassen. Der Anspruch ist gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG gegeben, wenn sachliche Gründe dafür vorliegen, den Punkt zu erörtern und zum Gegenstand einer Abstimmung zu machen. Da Wohnungseigentümer ihre Angelegenheiten im Wesentlichen in der Versammlung regeln, muss im Zweifel jeder Punkt, den ein Wohnungseigentümer selbst für wichtig erachtet (gegebenenfalls kurz) auch erörtert werden können.

Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?

Die Verwaltung ist in der Regel nicht gezwungen, die vom Antragsteller bevorzugte Benennung und Formulierung des Gegenstands zu übernehmen. Etwas Anderes gilt, wenn vom Verlangenden bereits konkrete Beschlussanträge mitgeteilt werden. In diesem Fall muss der Ladende den Antrag so übernehmen, wie vom Antragsteller gewünscht. Sind für einen von einem Wohnungseigentümer verlangten Tagesordnungspunkt der Versammlung Angebote vorzulegen, muss – sofern möglich – die Verwaltung diese einholen – es sei denn, der Verlangende wird selbst tätig oder damit sind für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Kosten verbunden, die der Verwalter nicht auslösen darf. Die Verwaltung hat grundsätzlich kein Recht, den gewünschten Tagesordnungspunkt auf Notwendigkeit/Richtigkeit/Sachlichkeit usw. zu prüfen. Wenn das Ziel eines Wohnungseigentümers allerdings darin besteht, durch seinen Antrag oder durch eine Vielzahl von Anträgen einen ordnungsmäßigen Ablauf der Versammlung der Eigentümer zu gefährden oder die Versammlung ihres Zweckes zu berauben, ist sein Vorgehen nach § 24...

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