Leitsatz

  1. Strittige (teils gültige, teils ungültige) Hausordnungsregelungen; u.a.: keine tätige Mithilfe!
  2. Duldungspflichtige bauliche Veränderung (hier: Terrassengeländer und Abtrennung einer sondergenutzten Teilfläche eines Spitzbodens)
 

Normenkette

§§ 13 Abs. 2, 14, 15, 22 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

Zu den baulichen Veränderungen:

  1. Die bauliche Veränderung der Anbringung eines Geländers an einer als Terrasse ausgestalteten Sondernutzungsfläche ist mangels nachteiliger Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Anlage von den restlichen Eigentümern nach § 14 WEGduldungspflichtig und widerspricht auch nicht der Zweckbestimmung des Sondernutzungsrechts.
  2. Ein Mehrheitsbeschluss, der einem Eigentümer eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums in Gestalt der Abtrennung einer von ihm sondergenutzten Teilfläche eines Spitzbodens von der übrigen seitens der Gemeinschaft genutzten restlichen Fläche gestattet, kann von einem anderen Eigentümer mangels eines in der Maßnahme zu sehenden erheblichen Nachteils nicht erfolgreich angefochten werden. Durch die gezogene Wandabtrennung werden die übrigen Eigentümer auch nicht mehr als unerheblich beeinträchtigt, zumal sie den sondergenutzten Raum ohnehin nicht nutzen können.

Zu Hausordnungsregelungen:

  • Gründe des Lärmschutzes oder der Sicherheit sind nicht als so gewichtig anzusehen, als dass sie die Gemeinschaft zwingen könnten, einen automatischen Türschließer an der Haustür anbringen lassen zu müssen.
  • Die Festschreibung einer bestimmten, von einem Eigentümer favorisierten Lärmschutzmaßnahme in der Hausordnung (Geschlossenhalten des Kellerfensters), um Waschküchenlärm zu vermindern, kann nicht gefordert werden.
  • Regelungen zur Belüftung des Wasch- und Trockenkellers (in angemessener Weise, wie in der Hausordnung geregelt) sind nicht zu beanstanden.
  • Die Hausordnungsregelung, "wonach das sichtbare Aufhängen und Auslegen von Wäsche, Betten usw. auf Balkonen, Terrasse, im Gartenbereich und den Fenstern usw. für unzulässig erklärt wird", ist gleichbedeutend mit einem generellen Verbot des Wäschetrocknens im Freien. Fassen Eigentümer in dieser Weise eine Gebrauchsregelung, so wird das Recht aus § 13 Abs. 1 WEG zwar nicht abgeändert, jedoch eingeschränkt (vgl. auch Wenzel, ZWE 2001, 226, 230). Die grundsätzlich mögliche Einschränkung ist rechtswidrig und verletzt § 13 Abs. 1 WEG, wenn sie nicht mehr ordnungsgemäßem Gebrauch entspricht. Das Wäschetrocknen im Freien, also durch eine mit Mehrheit beschlossene Hausordnung ausnahmslos zu untersagen, stellt deshalb - anders als eine zeitweise Einschränkung aus sachlichen Gründen - keine Regelung des ordnungsgemäßen Gebrauchs mehr dar.
  • Korrekt ist eine Bestimmung, wonach die Lüftung des Treppenhauses"nach Bedarf" erfolgen soll. Einzelne Eigentümer besitzen keinen Anspruch auf vollständige Durchnormierung des gesamten Gemeinschaftslebens. Wird missbräuchlich gelüftet, kann sich hier jeder Eigentümer nach § 14 Nr. 1 WEG zur Wehr setzen.
  • Was Abfall- und Winterdienste sowie Gartenarbeiten betrifft (Turnusdienste in wöchentlichem Wechsel), entspricht ein solcher Regelungsbeschluss nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Solche Aufgaben gehören in den Pflichtenkreis eines Verwalters, der hierfür u.a. auch honoriert wird. Leistungen und Haftungsrisiken können hier nicht auf die Eigentümer verlagert werden. Auch liegt es auf der Hand, dass es sich für den einzelnen Eigentümer als ungleich schwieriger und teurer, wenn nicht sogar vielleicht als unmöglich erweist, (allein) für den ihm zugewiesenen Teil der Arbeiten einen Dienstleister zu finden. Vorliegend kommt hinzu, dass es sich um eine äußerst zerstrittene Wohnungseigentümergemeinschaft handelt, in der tätige Mitarbeit des Einzelnen von vornherein nicht organisierbar erscheint.
  • Im vorliegenden Fall wurden auch Wasch- und Trockenzeiten als zu weitgehend beanstandet. Hier verbleibt es bei neuerlicher, autonomer Gestaltungsbefugnis der Eigentümer.
  • Die Regelung in einer mehrheitlich beschlossenen Hausordnung, wonach die Gestaltung (insbesondere das Aufstellen von Möbeln) des Treppenabsatzes eine Etage tiefer unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer - den Bewohnern der jeweiligen Etage obliegt, unterfällt nicht der Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft für Gebrauchsregelungen und ist daher unwirksam. Eine solche Bestimmung begründet der Sache nach hinsichtlich bestimmter Teile des im Gemeinschaftseigentum stehenden Treppenhauses Sondernutzungsrechte "der Anlieger". Die Begründung eines solchen Sondernutzungsrechts unterfällt indessen nicht der Beschlusskompetenz.
 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2003, 3 Wx 393/02

Anmerkung

Aus meiner Sicht erfreulicherweise setzt sich offensichtlich nunmehr zur Problematik der sog. tätigen Mithilfe die Rechtsauffassung durch, dass solche Eigentümerentscheidungen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen (vgl. auch die zeitlich nachfolgende Senatsentscheidung des OLG Düsseldorf v. 15.10.2003, I-3 Wx 225/03, ebenfalls angesproc...

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