Das Thema "Majorisierung" kann von vornherein nur dann überhaupt relevant werden, wenn sich das Stimmprinzip nicht nach § 25 Abs. 2 WEG richtet. Gilt hingegen das gesetzliche Kopfprinzip, hat auch der Mehrheitseigentümer lediglich eine Stimme. Im Übrigen ist auch beim Thema "Majorisierung" stets zu beachten, dass das Stimmrecht zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte des Wohnungseigentümers gehört. Es kann daher – bis auf eng umgrenzte Ausnahmefälle – nur unter den Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 WEG beschränkt werden. Nur im Ausnahmefall sind Stimmen dann unbeachtlich und unwirksam, wenn sie, ohne dem Anwendungsbereich des § 25 Abs. 4 WEG unterfallend, in rechtsmissbräuchlicher Weise abgegeben werden. Grundsätzlich steht es jedenfalls auch dem Mehrheitseigentümer frei, ob und in welcher Weise er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht. Ein Missbrauch des Stimmrechts liegt demnach nicht schon dann vor, wenn der Mehrheitseigentümer mit seinen Stimmen einen Beschluss gegen die Stimmen aller anderen Eigentümer durchsetzt. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, um die Ausübung des Stimmrechts als missbräuchlich ansehen zu können.[1] Insoweit reicht es nicht einmal aus, dass der mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers gefasste Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht.[2] Von einer rechtsmissbräuchlichen Majorisierung ist selbst dann nicht auszugehen, wenn der Mehrheitseigentümer durch sein Veto eine Beschlussfassung verhindert, obwohl ein positiver Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen würde.[3]

Vielmehr muss die Art und Weise der Stimmrechtsausübung die übrigen Wohnungseigentümer so offenkundig und ohne jeden Zweifel in treuwidriger Weise benachteiligen, dass der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden kann. Dies wird in aller Regel nur bei positiven Stimmabgaben in Betracht kommen. Verhindert der Mehrheitseigentümer jedenfalls mit seinen Stimmen eine positive Beschlussfassung, kann Beschlussersetzungsklage erhoben werden. Der Mehrheitseigentümer riskiert dann auch, sich schadensersatzpflichtig zu machen.[4]

Entsprechendes gilt für den Fall, dass trotz drohender Verwalterlosigkeit die Bestellung eines neuen Verwalters blockiert wird. Auch hier müssen die (Nein-)Stimmen des Mehrheitseigentümers berücksichtigt werden, schließlich kann gerichtlich auch durch einstweilige Verfügung ein Verwalter bestellt werden.[5]

Nach maßgeblicher BGH-Rechtsprechung[6] kann von einem Stimmrechtsmissbrauch lediglich noch dann ausgegangen werden, wenn

  • der Mehrheitseigentümer gegen die Stimmen der übrigen Wohnungseigentümer eine wegen gravierender Vermögensdelikte vorbestrafte Person aufgrund einer persönlichen Nähe zum Verwalter bestellt, oder wenn
  • mit den Stimmen eines Mehrheitseigentümers ein Beschluss gefasst wird, der diesem offensichtlich unangemessene Vorteile verschafft. Allerdings präzisiert der BGH nicht, wann dies der Fall ist.
 
Praxis-Beispiel

Unangemessener Vorteil

Rechtsmissbräuchliche Majorisierung dürfte zweifellos dann zu bejahen sein, wenn sich der Mehrheitseigentümer rechtsgrundlos beschlussweise größere Geldbeträge aus dem Gemeinschaftsvermögen auszahlen lassen will.

Jedenfalls ist die umfangreiche Judikatur zum Problem der Majorisierung auf Grundlage der zwischenzeitlich ergangenen BGH-Rechtsprechung größtenteils Makulatur.

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