Leitsatz

Die Ehe der Parteien war im Juni 2003 rechtskräftig geschieden worden. Die Klägerin begehrte von dem Beklagten die Erstattung von Steuervorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2004 und 2005. In einem Scheidungsfolgenvergleich hatte sich der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin für die Jahre 2003 bis einschließlich 2006 jährlichen Unterhalt i.H.v. 12.500,00 EUR zu zahlen. Die Klägerin stimmte der Durchführung des begrenzten Realsplittings zu. Der Beklagte verpflichtete sich im Gegenzug, ihr sämtliche aus der Unterzeichnung der Anlage U resultierenden Steuernachteile zu ersetzen sowie etwaige Steuerberatungskosten zu übernehmen.

Der Beklagte verweigerte die Erstattung der Vorauszahlungen, weil ein etwaiger Steuernachteil erst mit dem Steuerfestsetzungsbescheid beurteilt werden könne. Es stellte sich daher die Frage, ob der Nachteilsausgleich bei begrenztem Realsplitting auch die Erstattung von Steuervorauszahlungen umfasst.

Erstinstanzlich wurde die Klage auf Erstattung der Vorauszahlungen abgewiesen.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die in der Sache keinen Erfolg hatte.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hat den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch verneint und die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des erstinstanzlichen Gerichts zurückgewiesen.

Der aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB abzuleitende Erstattungsanspruch, der sich auf sämtliche finanziellen Nachteile erstrecke, könne Steuervorauszahlungen nur dann umfassen, wenn diese bereits einen finanziellen Nachteil für den unterhaltsberechtigten Ehegatten darstellten. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben, wenn die Vorauszahlungen aus Mitteln aufgebracht werden könnten, die nicht zur Sicherung des Unterhalts benötigt werden. In solchen Fällen verwirkliche sich der finanzielle Nachteil erst mit der Festsetzung der endgültigen Steuerschuld. Bei der Steuervorauszahlung handele es sich um eine auflösend bedingte Schuld, die zunächst einen nur zeitweiligen Nachteil für die Unterhaltsberechtigte mit sich bringe, der erst im Umfang der späteren Steuerfestsetzung zu einem endgültigen Nachteil erwachse.

Bis zur endgültigen Steuerfestsetzung sei offen, welche Steuerschuld die Unterhaltsberechtigte treffen werde. Im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Erstattungsanspruch um einen Billigkeitsanspruch aus Treu und Glauben handele, seien nicht nur die Interessen des Berechtigten, sondern auch des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen. Würde man dem Unterhaltspflichtigen generell den Ausgleich von Steuervorauszahlungen auferlegen, trüge er das Risiko, das bei einer späteren Steuerfestsetzung ein geringerer oder gar kein Steuernachteil entstehe, die Vorauszahlung deshalb ganz oder teilweise an die Unterhaltsberechtigte zurückerstattet werde und er seinerseits eine Rückzahlung der bereits übernommenen höheren Steuervorauszahlung nicht mehr realisieren könne.

Der Nachteilsausgleich komme dann nicht in Betracht, wenn die Vorauszahlungen aus dem Vermögen des Berechtigten geleistet werden könnten. Diese Möglichkeit hätte nach Auffassung des OLG für die Klägerin bestanden, die unstreitig ein Vermögen von ca. 60.000,00 EUR besaß.

 

Hinweis

Wird im Rahmen einer Vereinbarung zwischen Eheleuten eine Regelung getroffen, wonach der jeweils Unterhaltsberechtigte seine Zustimmung zum begrenzten Realsplitting erteilt und der Pflichtige die Erklärung abgibt, sämtliche der Unterhaltsberechtigten durch die Inanspruchnahme des Realsplittings entstehenden steuerlichen bzw. finanziellen Nachteile zu übernehmen, empfiehlt es sich angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung je nach Interessenlage klarstellend aufzunehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen Einkommensteuervorauszahlungen von dem Nachteilsausgleich umfasst sein sollen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.07.2006, 1 UF 180/05

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