Zusammenfassung

 
Überblick

Der Beitrag richtet sich vor allem an Rechtsanwälte/innen, die eine Allgemeinkanzlei haben oder in einer solchen angestellt sind. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als spiele das Steuerrecht bei der üblichen Mandatsbearbeitung keine (große) Rolle. Aber auch wenn der Kollege verständlicherweise mit dem "Steuerdschungel" nichts zu tun haben möchte, wird er schnell erfahren, dass ohne das erforderliche Problembewusstsein für steuerliche Fragen Haftungsfallen entstehen. Insbesondere im Zusammenhang mit Scheidungen und danach sind steuerliche Fragen für beide Eheleute mit und ohne Kinder bedeutsam. Für Steuertipps ist jeder Mandant dankbar.

Hat der Kollege steuerliche Probleme erkannt, wird er seinen Mandanten an einen Steuerberater verweisen oder eine dauerhafte Kooperation mit einem Steuerberater in Erwägung ziehen, auch wenn er selbst gem. § 3 Satz 1 Nr. 1 StBerG zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist.

1 Steuerliche Folgen der Scheidung/Aufhebung der Lebenspartnerschaft

Viele Ehen werden geschieden. Für die Betroffenen ergibt sich daraus eine Reihe von steuerlichen Konsequenzen. Bei der Einkommensteuer spielt u. a. eine wichtige Rolle:

  • die Veranlagungsart,
  • der anzuwendende Steuertarif,
  • die Steuerklasse,
  • die Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten und Unterhaltszahlungen sowie
  • die steuerrechtliche Zuordnung von Kindern.
 
Hinweis

Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartner

Die Ungleichbehandlung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern in den Vorschriften der §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zum Ehegattensplitting ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.[1] § 2 Abs. 8 EStG regelt, dass die Vorschriften des EStG auch für eingetragene Lebenspartner anwendbar sind. Die Ausführungen im Beitrag gelten daher auch immer für eingetragene Lebenspartner. Am 1.10.2017 trat das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts in Kraft.[2] Ehegatten, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe für gleichgeschlechtliche Ehegatten umgewandelt haben, können die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer auch für bereits bestandskräftig einzelveranlagte Jahre verlangen. Die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft nach § 20a LPartG in eine Ehe ist ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.[3]

Die Besteuerung Alleinerziehender nach dem Grundtarif anstelle einer Besteuerung nach dem Splittingtarif ist verfassungsgemäß.[4]

Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, dass zusammenlebende verschiedengeschlechtliche Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit einem gemeinsamen minderjährigen Kind von der Wahl der Zusammenveranlagung ausgeschlossen sind.[5]

§ 2 Abs. 8 EStG findet auf verschiedengeschlechtliche Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine Anwendung.[6]

Auch wenn zwei in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Ehegatten jeweils isoliert für einen Ehegatten gesehen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG nicht erfüllen, sind bei der Überprüfung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG die Einkünfte der Ehegatten gem. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG zusammenzurechnen und kann sich durch eine Zusammenrechnung der Einkünfte ein Anspruch der Ehegatten auf Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und somit auf Zusammenveranlagung ergeben.[7]

[1] BMF, Schreiben v. 17.1.2014, IV C 4 – S 2282-a/0:004, BStBl 2014 I S. 109: Schreiben betr. Familienleistungsausgleich; Lebenspartner und Freibeträge für Kinder; siehe auch Gesetz zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des BVerfG zwecks Umsetzung des noch verbliebenen Anpassungsbedarfs zur steuerlichen Gleichbehandlung von Lebenspartnern v. 18.7.2014, BGBl 2014 I S. 1042.
[2] G. v. 20.7.2017, BGBl 2017 I S. 2787; § 1353 Abs. 1 BGB.
[4] BFH, Beschluss v. 29.9.2016, III R 62/13, BFH/NV 2017 S. 348, BVerfG, Beschluss v. 18.9.2018, 2 BvR 221/17, nicht zur Entscheidung angenommen.

1.1 Einkommensteuer im Trennungsjahr

Eine Zusammenveranlagung[1] der Eheleute – Besteuerung nach der günstigeren Splittingtabelle[2] –, ist nicht mehr möglich, wenn sie dauernd getrennt leben. Im steuerrechtlichen Sinne "dauernd getrennt" leben Eheleute, wenn sie während des ganzen Kalenderjahrs getrennt leben. Leben Ehegatten zwar für eine nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt, halten sie aber die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen und gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden, kann dies dazu führen, dass ein nicht dauerndes Getrenntleben anzunehmen ist.[3] Trennen sie sich erst im Laufe des Jahrs, so können sie weiterhin für dieses Jahr gemeinsam veranlagt werden ("Sondersplitting" im Trennungsjahr) und als Berufstätige (zunäch...

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