Sachverhalt

Bei dem bulgarischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Nachweispflichten für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (Art. 138 MwStSystRL). Im Vorlagefall war streitig, ob der Kläger die Voraussetzungen der Steuerbefreiung hinreichend nachgewiesen hatte.

Der Kläger war 2007 im Handelsregister beim Kreisgericht Varna und am 26. März 2008 im Register nach dem ZDDS (BG-MwStG) registriert worden und war im Zeitraum vom 1. September 2009 bis 31. Oktober 2009 im Bereich allgemeiner Bauleistungen für Gebäude und bauliche Anlagen tätig. Der Kläger hatte den Vorsteuerabzug aus von einem bulgarischen Unternehmer N mit dem Geschäftsgegenstand Messerhalter und Rohlinge sowie einem bulgarischen Unternehmer O mit dem Geschäftsgegenstand Transportdienstleistung ausgestellten Rechnungen ausgeübt. Die Umsätze wurden als tatsächlich bewirkt angesehen und der Vorsteuerabzug anerkannt.

Der Kläger erklärte innergemeinschaftliche Lieferungen an die griechischen Erwerber E auf zwei Rechnungen und K auf einer Rechnung. Als verkaufte Gegenstände waren Messerhalter und Rohlinge angegeben.

Bei der im Rahmen einer Außenprüfung beim Kläger durchgeführten Kontrolle der Gültigkeit der angegebenen UID-Nrn der Erwerber auf der offiziellen Website der EU wurde festgestellt, dass E am 15. November 2005 nach dem ZDDS registriert wurde und seit 15. Januar 2006 abgemeldet war. E hatte keinen innergemeinschaftlichen Erwerb in Griechenland deklariert. Der Kläger legte Rechnungen und Schlussrechnungen, internationale Frachtbriefe zu jeder Rechnung, Verträge sowie eine in englischer und bulgarischer Sprache ausgestellte Bescheinigung über den Erwerb von Waren vor.

Die bulgarische Finanzbehörde ging davon aus, dass die Voraussetzung von Art. 7 Abs. 1 ZDDS, wonach für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung deren Erwerber eine nach dem ZDDS registrierte Person sein müsse, nicht erfüllt sei, so dass die Umsätze des Klägers in Bulgarien steuerpflichtig seien. Der Kläger legte daraufhin den früheren Bescheid der Finanzbehörde vor, wonach eine Überprüfung im VIES-System ergeben habe, dass der Erwerber E eine gültige UID-Nr. mit dem Registrierungsdatum 15. November 2005 hatte.

Die bulgarische Finanzbehörde ging davon aus, dass die vom Kläger vorgelegten schriftlichen Bestätigungen des Erwerbers und die Annahme- und Übergabeprotokolle nicht glaubhaft seien, da sie keine Angaben über das genaue Objekt/die genaue Adresse, an dem/der die Ware angenommen worden sei, die Personen, die die Ware angenommen hätten, ihre Position und ihre Vertretungsmacht in der annehmenden Gesellschaft enthielten.

Der Kläger machte geltend, nach dem BG-Recht lägen alle erforderlichen Dokumente zum Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung - eines Verkaufs von aus Bulgarien beförderten Gegenständen an eine für die Zwecke des ZDDS in Griechenland registrierte Gesellschaft - vor. Es wurde außerdem Gutgläubigkeit geltend gemacht: der Kläger habe sich bei einer von ihm durchgeführten Überprüfung im VIES-System vorher vergewissert, dass der Erwerber eine für Mehrwertsteuerzwecke in Griechenland registrierte Person sei, so dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt seien.

Die Vorlagefragen bezogen sich im Wesentlichen auf die Beweiswürdigung, die in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte fällt. So wurde z.B. gefragt, ob die Grundsätze der Steuerneutralität, der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes durch eine Verwaltungspraxis und eine Rechtsprechung verletzt werden, wonach es dem Verkäufer obliegt, die Echtheit der Unterschrift des Erwerbers festzustellen und die Frage zu klären, ob sie von einer den Erwerber vertretenden Person stammt. Außerdem fragte das Vorlagegericht nach der unmittelbaren Wirkung von Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL.

 

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass es unter Umständen wie denen im Ausgangsverfahren den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit widersprechen würde, die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung an den griechischen Erwerber E zu versagen. Der EuGH bezieht sich dabei im Wesentlichen auf seine mit Urteil vom 6.9.2012 in der Rs. C-273/11 (Mecsek-Gabona) aufgestellten Grundsätze. Die bulgarische Finanzbehörde hatte der Steuerbefreiung zunächst zugestimmt und akzeptiert, dass der Erwerber, wie es Art. 7 Abs. 1 ZDDS zur Bedingung macht, in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Griechenland) mehrwertsteuerpflichtig war. Nach Feststellung, dass die USt-IdNr. von E rückwirkend nicht mehr gültig war, konnte die bulgarische Finanzbehörde von dem Kläger nicht nachträglich verlangen, mit anderen Mitteln die Erwerbereigenschaft von E nachzuweisen. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass eine solche Anforderung von den bulgarischen Regelungen auch nicht vorgesehen ist und darüber hinaus von der bulgarischen Steuerbehörde auch nicht vor dem Erlass des Verrechnungs- und Erstattungsbescheids, mit dem die Steuerbefreiung zunächst anerkannt worden war, geltend g...

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