Leitsatz (nicht amtlich):

Die Annahme, das Sponsoring sei Rechtsanwälten regelmäßig verboten, beruht auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Berufsfreiheit.

 

Zum Sachverhalt

  1. Die Beschwerdeführer - Rechtsanwälte (GM) - sponserten verschiedene kulturelle Veranstaltungen. In der Unterzeile des Werbeplakats für ein Konzert und in den Anzeigen für einen Landespresseball waren unter anderen "GM" als Sponsor aufgeführt. In der Einladung zu einer Kunstbörse fanden sich unter den Sponsoren "GM - Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte". Dies nahm ein Rechtsanwalt zum Anlass, gegen sie wettbewerbsrechtlich vorzugehen. Er beantragte, den Beschwerdeführern im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen, derart zu werben.

    Das LG hielt den Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Dringlichkeit für unzulässig. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG das Urteil des LG abgeändert und die einstweilige Verfügung auf Unterlassen des Sponsorings erlassen. Das angegriffene, den Beschwerdeführern zuzurechnende Auftreten stelle einen Verstoß gegen § 1 UWG i.V.m. § 43b BORA und § 6 Abs. 1 BORA dar und sei daher zu unterlassen. Die Anwaltswerbung durch Sponsoring verstoße gegen § 43b BRAO, da mit ihr nicht inhaltlich über anwaltliche Tätigkeit informiert werde. Neben dem im vorliegenden Falle verwendeten Logo enthalte nur der Hinweis auf "Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte" im Kern die Information, dass entsprechende Dienstleistungen angeboten würden, nicht aber, welcher Art diese im Einzelnen seien. Bei Sponsoring werde mit Hilfe der Imagewerbung auf die Sozietät aufmerksam gemacht, also ein sachfremdes Kriterium für die Auswahl unter Mitbewerbern bemüht.

  2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des OLG und rügen die Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das Urteil des OLG stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, da es ohne gesetzliche Grundlage und in unverhältnismäßiger Weise ihre Berufsausübungsfreiheit beschränke. Bei der "Diskreditierung" des Sponsorings werde nicht auf die Form oder den Inhalt der Werbung, sondern den Anlass, das Motiv bzw. einen Nebenzweck - wie hier soziales Engagement durch finanzielle Unterstützung -abgestellt. Diese Gesichtspunkte seien jedoch werberechtlich irrelevant. Das Gericht übersehe, dass letztlich jede Werbung - auch das Sponsoring - irgendwelche berufsbezogenen "Informationen" - zumindest über die Existenz der Kanzlei bzw. Sozietät - vermittele.
 

Aus den Entscheidungsgründen

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist[1]. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 BVerfGG sind gegeben. Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführer in ihrer Berufsausübungsfreiheit[2].

  1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 BVerfGG erschöpft. Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde führt dann zu keiner anderen Beurteilung, wenn es einer weiteren Klärung des Sachverhalts nicht bedarf, wenn die im vorläufigen und im Hauptsacheverfahren zu entscheidenden Rechtsfragen identisch sind und wenn deshalb nicht damit gerechnet werden kann, dass ein Hauptsacheverfahren die Anrufung des BVerfG entbehrlich machen könnte[3].

    Vorliegend bedarf es keiner weiteren Klärung des Sachverhalts. Auch geht es im Hauptsacheverfahren um die bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren entscheidende Frage, ob Sponsoring eine unzulässige Werbung des Rechtsanwalts darstellt. Die Beschwerdeführer haben auch bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf ihre verfassungsrechtlichen Bedenken hingewiesen.

  2. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf. Das BVerfG hat bereits entschieden, dass in den Bereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten berufsbezogenen Tätigkeiten auch die berufliche Außendarstellung der Grundrechtsberechtigten einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste fällt[4]. Bei der Außendarstellung ist zwischen werbewirksamem Verhalten und gezielter Werbung im engeren Sinne zu unterscheiden[5]. Das für Rechtsanwälte geltende Werbeverbot soll das Vertrauen der Rechtsuchenden stärken, der Anwalt werde nicht aus Gewinnstreben zu Prozessen raten oder die Sachbehandlung an Gebühreninteressen ausrichten[6]. Verboten sind neben irreführender Werbung insbesondere aufdringliche Werbemethoden, die Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich an Gewinn orientierten Verhaltens sind.

    Welche Werbeformen als üblich, angemessen oder als übertrieben bewertet werden, unterliegt zeitbedingten Veränderungen; dem Wandel - auch außerhalb der freien Berufe - ist Rechnung zu tragen, weil sich hierdurch Wahrnehmungsfähigkeit und Wahrnehmungsbereitschaft der Öffentlichkeit ändern[7]. Allein aus dem U...

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