Rz. 41

Wie in anderen romanischen Rechten gilt auch in Spanien, dass im Todesfall die güterrechtliche Abwicklung der erbrechtlichen vorgeht. Die Frage nach dem Güterstatut stellt sich zwingend als Vorfrage. So entschied der spanische Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo – TS), dass eine Erbteilung, die ohne vorherige güterrechtliche Auseinandersetzung mit der ersten Ehefrau des Erblassers durchgeführt wurde, nichtig ist.[66] Das Güterstatut bestimmt so den Umfang des Nachlasses.[67] Im Güterrecht herrscht grundsätzlich Parteiautonomie, so dass primär auf eine – allein vor der Eheschließung zulässige – Rechtswahl der Eheleute abzustellen ist. Das maßgebliche Recht für Eheverträge, die das Güterstatut vereinbaren, ändern oder ersetzen, ist nach Art. 9.3 CC vorrangig dasjenige, welches auch die Ehewirkungen regelt (d.h. mit der Rechtswahlmöglichkeit des Art. 9.2 CC, siehe Rdn 42, 44), oder das Heimatrecht oder das des gewöhnlichen Aufenthalts einer der Parteien zum Zeitpunkt der Vereinbarung der güterrechtlichen Abmachung.[68]

 

Rz. 42

Das Ehegüterrecht bestimmt sich bei Eröffnung des Anwendungsbereichs vorrangig nach der Verordnung (EU) 2016/1103 (= EuGüVO). Außerhalb des Anwendungsbereichs kommen – aus spanischer Sicht – die folgenden nationalen Vorschriften zum Zuge:

 

Rz. 43

Für Ehegatten einer spanisch-deutschen Ehe, bei der zwischen den Ehegatten keine güterrechtlichen Vereinbarungen getroffen waren, ergibt sich Folgendes: Mangels Rechtswahl für das Güterrecht kommt es auf die konkreten Umstände an. Fand die Eheschließung am gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland statt, gilt deutsches Güterrechtsstatut (Art. 9.3 i.V.m. Art. 9.2 Abs. 1 CC). Wurde der Ehebund dagegen in Spanien geschlossen und fehlt ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt unmittelbar nach der Eheschließung, ist das spanische Güterrecht maßgeblich (Art. 9.3 i.V.m. Art. 9.2 Abs. 1 a.E. CC).[69]

[66] TS, Urt. v. 17.10.2002, in: El Derecho v. 26.12.2002, Nr. 2002/44021. Siehe dazu den besonderen Abschnitt in der spanischen ZPO (Ley de Enjuiciamiento, LEC 2000), Art. 806–810 – "Procedimiento para la liquidación del régimen matrimonial".
[67] Die Berücksichtigung des Güterrechts für die (erbrechtlichen) Rechte des überlebenden Ehegatten hat nach Art. 9.8 CC jedoch stets "unbeschadet der Noterbrechte der Abkömmlinge" zu erfolgen; dazu siehe González Beilfuss, IPRax 1990, 399; Planells del Pozo/Checa Martínez, Länderteil Espagne, S. 1102.
[68] Diese Anknüpfungsleiter – der Kegel’schen Leiter im deutschen IPR (Art. 14 Abs. 1 EGBGB) nachempfunden – wurde ins spanische IPR neu eingeführt mit Änderung des Código Civil durch Gesetz 11/1990 vom 15.10.1990 in Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Mann und Frau; siehe auch Kirchmayer, StAZ 1991, 158.
[69] Dazu Löber/Huzel, S. 117 ff. sowie S. 119 f. zur Sonderproblematik, ob die "Zugewinnausgleichsautomatik" des § 1371 BGB in Spanien gilt.

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