Rz. 7

In erste Linie ist auf Art. 21 EuErbVO (Anknüpfung an das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers) und Art. 22 EuErbVO (Anknüpfung an das durch den Erblasser gewählte Recht) abzustellen. Hinzuweisen ist zudem auf die Besonderheit, dass es nach baskischem Recht u.U. nach dem Prinzip der Troncalidad eine Sondererbfolge in Liegenschaften gibt, die auf Art. 30 EuErbVO gestützt wird und zu einer (nicht zu interregionalen, sondern auch internationalen) Nachlassspaltung führen kann.[8]

Die Regelungen des spanischen internationalen Erbrechts (Rdn 711) sind grundsätzlich durch die EuErbVO unanwendbar geworden. Außerhalb des Anwendungsbereichs der EuErbVO wird unmittelbar – zur Lösung des interregionalen Normenkonflikts nach Art. 16.1 CC entsprechend – auf die Vorschriften des spanischen internationalen Erbkollisionsrechts abgestellt. Die Regelungen des spanischen IPR finden sich im Titulo Prelimar des Código Civil (CC), insbesondere in den Art. 8–12 CC. Gemäß Art. 149 Abs. 1 Ziff. 8 Constitución Española (CE – Spanische Verfassung)[9] fällt das spanische Internationale Privatrecht in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Staates, so dass insoweit kein Raum für abweichende Regelungen innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Foralrechte verbleibt.[10]

 

Rz. 8

Über das spanische Internationale Erbrecht bestimmt Art. 9.8 CC, dass die Rechtsnachfolge von Todes wegen sich nach dem Heimatrecht des Erblassers richtet, und zwar "unabhängig von der Art der Güter und dem Land, in dem sie sich befinden". Das Erbstatut wird nach spanischem IPR ausschließlich objektiv angeknüpft; die Möglichkeit einer Rechtswahl durch den Erblasser ist nicht vorgesehen.[11] Allerdings bestehen – wenn auch in begrenztem Maße – Einflussmöglichkeiten des Erblassers auf das anwendbare Erbrecht. So bestimmt beispielsweise die Wahl eines bestimmten Ehewirkungsrechts nach Art. 9.3 CC letztlich auch das gesetzliche Ehegattenerb- und Pflichtteilsrecht (Art. 9.8. S. 3 CC). Darüber hinaus kann nach den Regeln des interregionalen Normenkonflikts zwar nicht unmittelbar das Recht einer Teilrechtsordnung gewählt werden. Mittelbar kann aber durch Erwerb einer anderen bürgerlich-rechtlichen Gebietszugehörigkeit die Anwendbarkeit des Rechts der entsprechenden Teilrechtsordnung erreicht werden. Den von der Annahme einer neuen Gebietszugehörigkeit ausgehenden Wirkungen für das anwendbare Erbrecht sind aber unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs, insbesondere dem Schutz der Pflichtteils- bzw. Noterbrechte, Grenzen gesetzt.[12]

 

Rz. 9

Das spanische internationale Erbrecht geht vom Staatsangehörigkeitsprinzip (bzw. auf der Ebene des interregionalen Erbrechts: Anknüpfung an die sog. Vecindad Civil, siehe Rdn 68 ff.) aus: Anwendbarkeit des Heimatrechts des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. Zum anderen gilt nach spanischem Recht auch der Grundsatz der Nachlasseinheit; eine Unterscheidung der Erbfolge in Bezug auf bewegliches oder unbewegliches Vermögen oder hinsichtlich der Belegenheit des Nachlassgegenstandes, ob im Inland oder im Ausland, findet nicht statt. Die gesamte Erbfolge unterliegt aus spanischer Sicht einheitlich dem Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes.[13]

 

Rz. 10

Im Weiteren versteht sich die Verweisung auf ein ausländisches Recht nach Art. 12 (2) CC als Sachnormverweisung. Eine Weiterverweisung lässt das spanische IPR nicht zu. Sofern allerdings das berufene ausländische Recht eine Rückverweisung auf das spanische Recht treffen sollte, wird diese angenommen. Die Rechtsprechung hat indes eine Ausnahme für den Fall gemacht, dass das ausländische Recht nicht dem Grundsatz der Nachlasseinheit folgt und eine Rückverweisung nur für das in Spanien belegene Vermögen ausspricht. So hat der Tribunal Supremo (TS), der oberste spanische Gerichtshof in Madrid, es in einer 1999 gefällten Entscheidung abgelehnt, den Kindern des englischen Erblassers – aufgrund der nur teilweisen Rückverweisung – nach spanischem Recht Pflichtteilsrechte lediglich auf dessen in Spanien belegenes Anwesen zuzuerkennen. Insoweit steht der Grundsatz der Nachlasseinheit der Anerkennung der sich durch das englische Internationale Erbrecht ergebenden gespaltenen Rückverweisung entgegen.[14]

[8] STSJ País Vasco, v. 10.12.2018, rec. 22/2018.
[9] Spanische Verfassung bei Adomeit/Frühbeck, Anhang, S. 165 ff. (deutsche Übersetzung bei López Pina, Spanisches Verfassungsrecht, 1993, S. 555 ff.).
[10] Siehe auch Hierneis, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Spanien, Rn 29.
[11] STS v. 15.1.2019, rec. 1762/16 stellt dies klar. Allerdings bleibt sogar eine ggf. nach dem Heimatrecht zulässige Rechtswahl wirksam, wenn dessen objektiv an Wohnsitz oder die Belegenheit von Gütern anknüpfende Kollisionsnormen auf das spanische Recht zurückverweisen.
[12] Calatayud Sierra, RDCA 2013, S. 125, 130.
[13] Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.12.2013 – 20 W 281/12.
[14] STS v. 21.5.1999, INF 2000, 28; hierzu auch Süß, IPRax 2001, 488.

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