Wesen einer allgemeinen Öffnungsklausel ist, dass sie im Bereich der durch Vereinbarung abdingbaren Regelungen des Gesetzes uneingeschränkt eine von Gesetz und Gemeinschaftsordnung abweichende Beschlussfassung zulässt.

 

Musterklausel: Allgemeine Öffnungsklausel

"Die Wohnungseigentümer können, soweit zulässig, vom Gesetz und dieser Gemeinschaftsordnung abweichende Regelungen durch Beschlussfassung mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer herbeiführen."

Heftig umstritten ist, ob die Begründung eines Sondernutzungsrechts auf Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel überhaupt möglich ist. Soweit dies verneint wird, wird damit argumentiert, dass den Wohnungseigentümern unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte nicht durch Mehrheitsbeschluss genommen werden können. Bei dem Recht auf Gebrauch des Gemeinschaftseigentums handelt es sich um ein derartiges unentziehbares, aber verzichtbares Mitgliedschaftsrecht der Wohnungseigentümer. Insoweit gewinnt die Rechtsprechung des BGH[1] zur Reichweite der Beschlussfassung auf Grundlage vereinbarter Öffnungsklauseln an Bedeutung. Er hat hier nämlich klargestellt, dass ein derartiger Beschluss der Zustimmung sämtlicher beeinträchtigter Wohnungseigentümer bedarf. Solange nicht alle diese Wohnungseigentümer dem Beschluss zugestimmt haben, ist der Beschluss schwebend unwirksam. Materiell-rechtlich sind vereinbarte Öffnungsklauseln nämlich u. a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte begrenzt.[2]

Unentziehbar ist insoweit auch das Gebrauchsrecht am Gemeinschaftseigentum nach § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG. Wie dargestellt, führt die Begründung eines Sondernutzungsrechts zwangsläufig zum Gebrauchsentzug der betreffenden Bereiche des Gemeinschaftseigentums der übrigen Wohnungseigentümer. Der Gebrauch des Gemeinschaftseigentums – und zwar der uneingeschränkte – kann dem einzelnen Wohnungseigentümer aber nicht gegen seinen Willen entzogen werden. Freilich aber kann er auf einen entsprechenden Gebrauch verzichten. Die Begründung von Sondernutzungsrechten auf Grundlage einer allgemeinen bzw. uneingeschränkten Öffnungsklausel führt demnach zu einem schwebend unwirksamen oder gar nichtigen Beschluss[3], wenn nicht sämtliche vom Gebrauchsentzug betroffenen Wohnungseigentümer der Begründung des Sondernutzungsrechts zugestimmt haben. Soll also auf Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel ein Sondernutzungsrecht zugunsten eines Wohnungseigentümers begründet werden, bedarf es zur Wirksamkeit des Beschlusses der Zustimmung sämtlicher vom Gebrauchsentzug betroffenen Wohnungseigentümer.

 

Wie sollte der Verwalter bei Vorliegen einer allgemeinen Öffnungsklausel zur Begründung eines Sondernutzungsrechts vorgehen?

Step-by-Step

Aufklärung der Wohnungseigentümer

Beabsichtigen die Wohnungseigentümer auf Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel die Begründung von Sondernutzungsrechten, sollte der Verwalter die Wohnungseigentümer darauf aufmerksam machen, dass ein entsprechender Beschluss so lange schwebend unwirksam ist, bis der letzte vom Gebrauchsentzug betroffene Wohnungseigentümer dem Beschluss zugestimmt hat. Diese Zustimmung ist an keine Frist gebunden. Die entsprechende Zustimmung kann zwar auch konkludent, also stillschweigend, erteilt werden. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Lediglich ein Nicht-Protestieren gegen den Gebrauchsentzug stellt keine Zustimmung zu diesem dar!

Bei Beschlussfassung sind alle Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten

Sind sämtliche im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer entweder anwesend oder vertreten und stimmen alle für die Begründung des Sondernutzungsrechts, verkündet der Verwalter einen positiven Beschluss. Wie andere Beschlüsse auch, kann freilich auch der Beschluss über die Begründung des Sondernutzungsrechts binnen Monatsfrist des § 45 Satz 1 WEG angefochten werden. Dass der anfechtende Wohnungseigentümer dem Beschluss zunächst zugestimmt hat, nimmt ihm nicht das Recht der Beschlussanfechtung.

Zustimmung Drittberechtigter nicht vergessen!

Ist die Zustimmung Drittberechtigter erforderlich[4], muss diese eingeholt werden. Hier sollte der Verwalter die Wohnungseigentümer entsprechend zum Nachweis auffordern. Der Beschluss auf Grundlage der Öffnungsklausel über die Begründung von Sondernutzungsrechten zugunsten einzelner Wohnungseigentümer ist jedenfalls so lange schwebend unwirksam, so lange die Zustimmungen der Drittberechtigten nicht vorliegen.

Wie sind Enthaltungen bei der Stimmabgabe zu bewerten?

Sind zwar sämtliche im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten, es enthält sich aber einer der Wohnungseigentümer seiner Stimme, so ist der Beschluss nicht zustande gekommen. Entsprechendes hat der Verwalter dann auch zu verkünden.

Bei Beschlussfassung sind nicht alle Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten

Sind bei Beschlussfassung nicht sämtliche Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten, sind sich aber die anwesenden darüber einig, dass ein Sondernutzungsrecht begründet werden soll, kann der V...

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