Normenkette

§ 10 WEG, § 15 WEG, § 23 WEG

 

Kommentar

Nach dem Sachverhalt einer derzeit heftig diskutierten Entscheidung des OLG Köln berief sich offensichtlich ein Miteigentümer auf einen unangefochten gebliebenen Mehrheitsbeschluss von 1983, der ihm ein bestimmtes Alleinnutzungsrecht an einer Fläche des gemeinschaftlichen Gartens gestattet hatte und forderte auf der Grundlage dieses bestandskräftigen Beschlusses die Einräumung eines ausschließlichen dinglichen (in das Grundbuch einzutragenden) Sondernutzungsrechts auf gerichtlichem Wege gegen die restlichen Eigentümer.

Das OLG Köln wies diesen Antrag zurück und verneinte entsprechende Anspruchsgrundlagen. Nach der Teilungserklärung von 1970 sei dem Antragsteller bzw. seinem Sondereigentum kein Sondernutzungsrecht ausdrücklich zugewiesen worden. Selbst wenn sich aus dem Lageplan gegenüber dem Text der Teilungserklärung etwas anderes ergeben sollte (wobei fraglich sei, ob der Lageplan überhaupt der Teilungserklärung beigefügt war), könne dies dahinstehen, da Eintragungen in einem Lageplan ohnehin nicht geeignet gewesen wären, den eindeutigen Wortlaut der Teilungserklärung zu korrigieren. Auch ein bestandskräftig gewordener Mehrheitsbeschluss führe nicht zu einem Anspruch auf Begründung eines Sondernutzungsrechts, da der Beschluss einen Gegenstand geregelt habe, der grundsätzlich einer Beschlussfassung entzogen sei. Die Einräumung eines ausschließlichen Sondernutzungsrechts am Gemeinschaftseigentum bedürfe grundsätzlich einer Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG (auch ein einstimmiger Beschluss sei insoweit unzureichend). Durch solche Sondernutzungsberechtigungen werde das Grundverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander berührt und es sei nicht nur die Ausübung der sich aus dem bereits festgelegten Grundverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten geregelt. Auch einstimmige Beschlüsse könnten insoweit nicht in eine Vereinbarung umgedeutet werden, da Beschlüsse auf gleichgerichteten Willenserklärungen beruhten, während Vereinbarungen gegenseitige, also korrespondierende Verpflichtungen zum Gegenstand hätten. Beschlüsse, die sich mit Materien befassten, die nur durch Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG geregelt werden könnten, erzeugten gegenüber betroffenen Wohnungseigentümern auch dann keine Bindungswirkung, wenn sie bestandskräftig geworden seien. Die Entscheidung BGH Z 54, 67 stehe dem nicht entgegen; zwischen einem einstimmigen Beschluss und einer Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG bestehe eben der vorerwähnte substanzielle Unterschied. Aus diesem Grund bestehe auch kein materiell-rechtlicher Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegner aus § 242 BGB auf Zustimmung zu einer Vereinbarung zur Änderung der Teilungserklärung dergestalt, dass ihm ein ausschließliches Sondernutzungsrecht am gemeinschaftlichen Garten eingeräumt werde. Der Widerspruch von Antragsgegnern sei kein treuwidriges Verhalten.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Köln, Beschluss vom 27.09.1991, 16 Wx 60/91= DWE 4/1991, 155)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Diese Entscheidung hat bereits heftige Diskussionen ausgelöst, greift sie doch tief in das Wesen des Wohnungseigentumsrechts ein, insbesondere in die systematische Erfassung von Vereinbarungen und Beschlüssen (vgl. auch Belz "Bedeutung und Grenzen eines unanfechtbar gebliebenen Mehrheitsbeschlusses - unter besonderer Berücksichtigung der Begründung eines Sondernutzungsrechts", DWE 4/91, 130 und Bielefeld "Abänderbarkeit von Vereinbarungen; Ersatzvereinbarungen künftig unzulässig?", DWE 4/91, 138; vgl. auch zur bisherigen Rechtslage ETW, Gr. 3, und insbesondere die Entscheidungen des OLG Karlsruhe vom 30.01.1990 = DWE 4/90, 144; OLG Braunschweig vom 29.08.1989, NJW-RR 90, 979 - und BayObLG, Entscheidung v. 08.01.1992, BReg 2 Z 160/91(mit Anmerkung).

Wenn meinerseits der dieser Entscheidung des OLG Köln zugrunde liegende Sachverhalt richtig verstanden wurde, forderte dort unter Hinweis auf einen bestandskräftig gewordenen gebrauchsregelnden Beschluss nach § 15 Abs. 2 WEG ein Eigentümer die Verdinglichung seines ausgeübten Alleinnutzungsrechts, also die Begründung eines im Grundbuch auf Dauer eingetragenen Sondernutzungsrechts als Bestandteil seines Sondereigentums, wie wenn bereits ein solches Sondernutzungsrecht von Anfang an durch Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG eingeräumt worden wäre. Dass hier Verpflichtungen der restlichen Eigentümer, in grundbuchmäßiger Form die Begründung eines solchen dinglichen Sondernutzungsrechts zu bewilligen, abgelehnt wurde, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, da auch von der bisherigen h. M. angenommen wurde, dass für die anfängliche oder auch nachträgliche Begründung von dinglichen bzw. verdinglichten Sondernutzungsrechten die Vereinbarungsform des § 10 Abs. 1 WEG geboten ist. Allerdings können m. E. auch bestandskräftige Beschlüsse Nutzungsfragen an gemeinschaftlichen Grundstücksflächen regeln (vgl. § 15, insbesondere Abs. 2 WEG). Solchen Beschlüssen kommt ...

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