Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des behinderten Versicherten auf Übernahme von Reparatur- und Wartungskosten für einen Zweit-Elektrorollstuhl

 

Orientierungssatz

1. Die Versorgung mit Hilfsmitteln umfasst nach § 33 Abs. 1 S. 4 SGB 5 auch den Anspruch auf Instandsetzung. Eine Mehrfachausstattung kommt nach Nr. 21 der Hilfsmittelrichtlinien nur in Betracht, wenn diese aus hygienischen Gründen notwendig oder wegen der besonderen Beanspruchung zweckmäßig und wirtschaftlich ist.

2. Ist der behinderte Versicherte neben seinem reparaturanfälligen Elektrorollstuhl mit einem neuen Elektrorollstuhl versorgt und ist er täglich auf den Einsatz des Elektrorollstuhls angewiesen, so hat er dann Anspruch auf Übernahme entstehender Reparatur- und Wartungskosten für den zweiten Elektrorollstuhl, wenn die Krankenkasse nicht in der Lage ist, kurzfristig eine Ersatzbeschaffung herbeizuführen.

 

Tenor

Der Bescheid vom 27.09.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2007 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die bereits entstandenen und zukünftig entstehenden Reparatur- und Wartungskosten für den Zweit-Elektrorollstuhl Allround zu übernehmen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Instandsetzung eines Zweit-Elektrorollstuhls im Streit.

Der im Jahre 1973 geborene Kläger leidet unter einer spastischen Tetraplegie und lebt in einem Pflegeheim (G-haus). Er sitzt im Rollstuhl und kann den Kopf nur schwer halten. Im Rahmen eines Antrages für einen Leichtgewicht- Rollstuhl stellte der MDK am 09.02.2006 fest, dass der Kläger bereits über einen Elektrorollstuhl und einen Faltrollstuhl verfüge. Der Beklagten wurde mitgeteilt, dass der alte Faltrollstuhl defekt sei. Es gebe keine Ersatzteile mehr. Dieser werde aber für den Transport des Klägers benötigt.

Mit Bescheid vom 20.04.2006 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung eines zusätzlichen Leichtgewichtrollstuhles ab. Dem widersprach der Kläger mit der Begründung, er könne nur mit einem Leichtmetallrollstuhl am öffentlichen Leben teilnehmen. Ein Verladen des sonstigen Elektrorollstuhles im normalen Pkw sei nicht möglich. Die Beklagte holte daraufhin ein erneutes Gutachten beim MDK ein. Unter dem 01.09.2006 wurde von dort festgestellt, dass der Kläger derzeit über drei Rollstühle verfüge. Zum einen handele es sich um den bewilligten Elektrorollstuhl Chairman Permobil, bewilligt am 21.12.2001. Dieser sei als Ersatz gekommen für den Elektrorollstuhl Allround, bewilligt am 03.08. 1999. Darüber hinaus verfüge der Kläger über einen Greifenrollstuhl, bewilligt im Jahre 1995. Dieser sei defekt, so dass aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zu einer Instandsetzung geraten werden könne. Zu empfehlen sei daher eine Versorgung mit einem neuen manuellen Standard-Greifenrollstuhl mit anatomischer Sitzanpassung. Dabei könne der bisherige individuell angepasste Sitz noch verwendet werden. Hinsichtlich des Elektrorollstuhls Allround aus dem Jahre 1999 bleibe festzustellen, dass ein Wiedereinsatz nicht empfohlen werden könne. Es obliege der leistungsrechtlichen Entscheidung, ob dieser Rollstuhl dem Kläger belassen bleibe. Reparaturkosten könnten für die Zukunft indessen nicht mehr übernommen werden.

Mit Bescheid vom 15.09.2006 bewilligte die Beklagte daraufhin einen neuen Leichtgewichtrollstuhl, lehnte indes eine zweite Versorgung mit einem weiteren Elektrorollstuhl ab. Der alte Rollstuhl Allround könne zwar beim Kläger belassen bleiben. Weitere Reparaturkosten würden dagegen nicht mehr übernommen. Mit weiterem Bescheid vom 27.09.2006 lehnte die Beklagte ausdrücklich die Übernahme zukünftiger Reparaturkosten für den zweiten Elektrorollstuhl ab.

Dem widersprach der Kläger am 25.10.2006 mit der Begründung, dass ihm eine eigenständige Mobilität zu gewährleisten sei. Er könne den Leichtgewichtrollstuhl nur mit fremder Hilfe fortbewegen. Der neue Elektrorollstuhl sei hingegen des Öfteren defekt, so dass er einen zweiten Elektrorollstuhl benötige. Der Kläger legte eine Reparaturkostenrechnung für die gebrochene Achse des Elektrorollstuhls Allround vom 23.11.2006 in Höhe von 72,70 € vor. Mit Bescheid vom 19.01.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Mehrfachausstattung mit Hilfsmitteln sei nach Ziffer 21 der Hilfsmittelrichtlinien nur vorgesehen, wenn dies aufgrund besonderer Beanspruchung zweckmäßig und wirtschaftlich sei. Der Kläger sei hingegen mit einem Elektrorollstuhl und einem Leichtgewichtrollstuhl bereits ausreichend versorgt.

Hiergegen richtet sich die am 14.02.2007 bei dem Sozialgericht Wiesbaden erhobene Klage. Der Kläger trägt zur Begründung vor, dass der Elektrorollstuhl Chairman verstärkt reparaturbedingte Ausfallzeiten aufweise. Daher benötige er einen Ersatzrollstuhl für die Zeiten der Reparatur. Die Sanitätshäuser könnten während derartiger Ausfallzeiten keinen adäquaten Ersatz bieten. So sei im Jahre 2006 der “neue" Elektrorollstuhl zwei Monate ausge...

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